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Wie Sommerregen in der Wueste

Wie Sommerregen in der Wueste

Titel: Wie Sommerregen in der Wueste
Autoren: Nora Roberts
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diese Stimme anziehend fanden. Aber sie, Amy, hatte nicht die Zeit, sich von einem Südstaaten-Tonfall oder einem selbstbewussten Grinsen überwältigen zu lassen. Außerdem, wenn sie es genau nahm, hatte sie nicht einmal die Zeit, sich selbst als Frau zu fühlen.
    Er hatte es geschafft, dass sie sich plötzlich sehr weiblich fühlte.
    Doch das beeindruckte sie nicht besonders. »Weiblich« bedeutete häufig »schutzlos« und »abhängig«. Amy hatte nicht die Absicht, solchen Begriffen zu entsprechen. Dafür hatte sie zu hart und zu lange an ihrer Unabhängigkeit gearbeitet. Ein leichtes Herzflattern, mehr nicht, doch das würde sie nicht aus der Bahn werfen.
    Sie wünschte, die Bierdose wäre voll gewesen.
    Grimmig lächelnd beobachtete sie, wie der nächste Pfeiler aufgerichtet wurde. Ein Gebäude wachsen zu sehen, war schon etwas Wunderbares. Stück für Stück, Stufe für Stufe. Es hatte Amy schon immer fasziniert, zu beobachten, wie etwas Gewaltiges und Nützliches Gestalt annahm – wie es sie andererseits gestört hatte, dass die Natur dabei automatisch beschädigt wurde. Diese widersprüchlichen Gefühle hatte sie nie auseinanderhalten können. Und in ihrem Zuständigkeitsbereich hatte sie sich immer darum bemüht, dass der Fortschritt nicht zu sehr auf Kosten der natürlichen Gegebenheiten ging.
    Aber dieses Projekt … Amy schüttelte den Kopf, als das Geräusch der Sprengungen wieder herüberhallte. Dieses Projekt war das Hirngespinst eines Fantasten: das Kuppelgewölbe, die Kurven und Spiralen. Sie hatte unzählige Nächte an der Rechenmaschine gesessen, sich über Tabellen gebeugt und sich mit statischen Problemen herumgeschlagen. Aber um solche Banalitäten kümmern sich Architekten eben nicht, dachte sie. Für die war alles nur eine Frage der Ästhetik. Nur Ego und Selbstverliebtheit. Ich baue das verdammte Ding, dachte sie und kickte einen Stein zur Seite. Sie würde es bauen, und sie würde es gut bauen. Aber mögen würde sie es nicht.
    Die Sonne knallte Amy auf den Rücken, als sie das Fundament betrachtete. Sie hatten sich mit dem Berg, mit dem unebenen steinigen und sandigen Boden herumschlagen müssen, aber sie hatte die Entwürfe bisher umsetzen können. Sie empfand leichten Stolz. Unpassend oder nicht, der Plan würde baulich perfekt realisiert werden.
    Das war wichtig – perfekt zu sein. Bisher hatte sich Amy in ihrem Leben immer mit dem Zweitbesten zufriedengeben müssen. Aber das reichte ihr nicht mehr. Damit wollte sie sich nicht abfinden, nicht für sich und nicht für ihre Arbeit.
    Unvermittelt meinte sie, Craigs Duft wahrzunehmen. Seife und Schweiß. Aber jeder auf der Baustelle roch nach Seife und Schweiß, warum war sie dann so sicher, dass Craig jetzt hinter ihr stand? Amy wusste es einfach und drehte sich bewusst nicht um.
    »Probleme?« Es gefiel ihr, wie es ihr gelungen war, ein einziges Wort so geringschätzig klingen zu lassen.
    »Ich weiß es nicht, bis ich mich nicht mit eigenen Augen überzeugen kann.«
    Sie ließ sich Zeit zurückzutreten, um ihm Platz zu machen. Er würde keine Abweichungen von seinem Entwurf finden – selbst wenn er genügend Fachwissen dazu hätte.
    Als sie eine laute Stimme hörte, entdeckte Amy zwei Arbeiter, die miteinander stritten. Die Hitze, das wusste sie, ließ manchmal auf eine ganz hässliche Art das Temperament überschäumen. Sie verließ Craig und ging hinüber.
    »Noch etwas früh für eine Pause«, meinte sie ruhig, als der eine Arbeiter den anderen vorn am Hemd packte.
    »Dieser Wahnsinnige hat mit dem Pfeiler fast meine Finger abgerissen.«
    »Wenn der Idiot nicht weiß, wann er aus dem Weg gehen muss, hat er es auch verdient, ein paar Finger zu verlieren.«
    Von der Größe her überragten die beiden Männer Amy zwar nicht sehr, aber sie waren stämmig, verschwitzt und äußerst gereizt. Doch sofort trat Amy zwischen sie, als die Männer erneut die Fäuste hoben.
    »Beruhigt euch«, befahl sie.
    »Ich muss mir nicht seine Anweisungen …«
    »Nein«, unterbrach ihn Amy scharf, »nicht seine, aber auf mich haben Sie zu hören.« Sie sah von einem zum anderen. »Wenn ihr euch unbedingt prügeln wollt, bitte – aber erst nach Feierabend. Wenn ihr aber meinen Zeitplan über den Haufen werft, dann seid ihr arbeitslos. Sie.« Sie zeigte auf den Mann, der ihr von den beiden am unbeherrschtesten erschien. »Wie heißen Sie?«
    Der dunkelhaarige Mann zögerte kurz. »Rodriguez.«
    »Also, Rodriguez, Sie machen jetzt eine kurze Pause und
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