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Wie es dem Glück beliebt

Wie es dem Glück beliebt

Titel: Wie es dem Glück beliebt
Autoren: Alissa Johnson
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ob ich sie übernehmen sollte.«
    Mr Smith tätschelte ihr freundlich ihre Hand. »Halb so schlimm, meine Liebe, alles halb so schlimm. Ich nehme an, Sie werden nach Ihrer Ankunft im Stadthaus Ihres Cousins wohnen?«
    »Eigentlich ist es mein Stadthaus, und ich werde dort zusammen mit Lord Loudor wohnen.«
    »Ausgezeichnet. Stehen Sie auf sehr vertrautem Fuß mit Seiner Lordschaft?«
    Sophie kniff argwöhnisch die Augen zusammen. »Wir haben uns regelmäßig geschrieben. Er ist verantwortlich für die Verwaltung des Gutes meines Vaters, seit wir England verlassen haben.«
    »Allerdings. Sie werden nach Ihrer Ankunft zweifellos seine Rechnungsbücher überprüfen. Nun, versuchen Sie, ihn nicht gleich zu vertreiben, wenn Sie es vermeiden können. Lord Loudor hat einen großen Freundes- und Bekanntenkreis. Er ist ziemlich beliebt in der guten Gesellschaft. Insbesondere bei einer speziellen Gruppe von Herren, die weder meinen Respekt noch den meines Auftraggebers genießen« – er deutete auf den Umschlag – »und mit denen Sie, wenn es nach unserem Wunsch ginge, Bekanntschaft schließen sollten.«
    »Sie wollen, dass ich meine Familie ausspioniere?«
    Falls der Herr zuvor auf überraschte Entrüstung gehofft hatte, wurde er jetzt nicht länger enttäuscht.
    »Miss Everton«, meinte er gedehnt und übertrieben höflich. »Der König ist, wie Sie sehr wohl wissen, wahnsinnig. Napoleon steht beständig vor unseren Toren und zwei Drittel unserer Armee vor den seinen. England befindet sich gegenwärtig in einem überaus unsicheren Zustand, bedroht von innen …«
    »Von meinem Cousin?«, fragte sie scharf.
    »Eigentlich ist Loudor gegenwärtig kein Verdächtiger. Er hat nur das Unglück, mehrere widerwärtige Herren zu seinen Freunden zu zählen.«
    Sophie atmete tief aus und bemühte sich, die Hand, die sie in ihren Rock gekrallt hatte, zu lockern. »Das ist kein Unglück, sondern schlechtes Urteilsvermögen«, brummte sie.
    »Wie dem auch sei, wir möchten, dass Sie Bekanntschaft mit diesen Herren schließen und diese dann vertiefen. Finden Sie Zugang in ihre Studierzimmer, in ihre Bibliotheken …«
    »Einen Weg in ihre Studierzimmer finden?« War er wahnsinnig? »Sind Sie wahnsinnig? Gütiger Gott, ich werde nur geschnappt oder verletzt werden. Ich habe keine Erfahrung mit solchen Dingen.«
Gut, vielleicht ein ganz klein wenig.
»Es muss doch jemanden geben, irgendjemanden, der besser geeignet wäre.«
    Mr Smith schüttelte den Kopf. »Niemand ist dazu so gut geeignet wie Sie. Sie sind hier in London ein unbeschriebenes Blatt, ohne bekannte Sympathien oder Loyalitäten. Zusammen mit Ihrer Stellung als Tochter eines Viscounts öffnet Ihnen das jeden Salon oder Ballsaal. Dann ist da noch die Tatsache, dass Sie einige ungewöhnliche Fähigkeiten besitzen, dank Ihres Mr Wang, glaube ich. Das Öffnen von Schlössern, das Messerwerfen, eine östliche Kampfkunst …«
    »Ich bin darin nur Anfängerin«, unterbrach sie ihn.
Mehr oder weniger.
    Er sprach weiter, als hätte sie gar nichts gesagt. »Da ist außerdem die Tatsache, dass wir, Miss Everton, etwas haben, das Sie brauchen – Geld.«
    Sie starrte ihn verdutzt an, unsicher, wie sie auf diese empörende Feststellung reagieren sollte. Glaubte er wirklich, dass sie habgierig genug war, um für ein paar Münzen sozusagen durch Reifen zu springen? Vielleicht war er nicht so sehr wahnsinnig, sondern vielmehr begriffsstutzig. Wenn sie ganz langsam und bedächtig mit ihm sprach, würde er vielleicht … »Ich weiß, dass das Vermögen meiner Familie nicht mehr so sicher ist wie in der Vergangenheit, aber ich habe volles Vertrauen, dass sich das ändern wird. Und wir sind ja wohl nicht verarmt …«
    »Die Mittel Ihres Vaters sind beinahe erschöpft. Er wird Whitefield innerhalb von sechs Monaten verlieren. Spätestens in einem Jahr.«
    Sophie war sprachlos vor Erstaunen. Das kam nur selten vor und war ihr nicht besonders angenehm. Nach langem Grübeln brachte sie schließlich hervor: »Ich … wir … Sie müssen sich irren.«
    »Es wäre doch sinnlos, die Sache aufzubauschen, nicht wahr? Sie würden die Wahrheit herausfinden, sobald Sie London erreichen. Es tut mir leid, dass ich Ihnen die schlechte Nachricht überbringen musste. Aber wir sind in einer Position, Ihnen zu helfen. Wir bieten Ihnen eine beträchtliche Summe an.«
    Für einen begriffsstutzigen Wahnsinnigen war Mr Smith aufreizend vernünftig.
    Lieber Gott, warum hörte sie erst jetzt davon? Und von einem Fremden?
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