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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch weiterlebt, das gemahlene Horn des Nashorns verleihe, mit Maisbier vermischt, ungeheure Potenz. Wie auch der Genuß von Stierhoden.«
    »Haben Sie das schon ausprobiert?« fragte Dr. Oppermann. Der Chefarzt starrte ihn an, faßte die Frage als Witz auf und lachte schallend.
    »Sie haben Humor!« schrie er. »Den können Sie hier auch brauchen! Waren Sie schon einmal in Afrika?«
    »Nein.«
    »Du lieber Himmel!«
    »Ich habe zwei Jahre zur Erforschung eines Sumpffiebers in Neu-Guinea verbracht.«
    »Das ist keine Empfehlung. Jetzt sind Sie in Südwest! Namibia, wie es die Rebellen und die butterweichen Herren der UNO nennen wollen! In Südwest ist alles anders als das, was Sie bisher über Afrika gelesen oder gehört haben mögen. Das hier ist ein Land von Schweiß und Tränen. Ein Land, das Gott im Zorn schuf! Ein knallhartes Männerland! Aber wer einmal hierhergekommen ist, wer länger als drei Monate zwischen Namib und Kalahari gelebt hat, den läßt dieses Land nicht mehr los! Der ist ihm verfallen! Dieses Land saugt Menschen auf – blicken Sie mich nicht so ungläubig an! Ich will Ihnen etwas Privates sagen: Ich komme aus Wasserburg am Inn. Als junger Assistenzarzt machte ich eine Urlaubsreise nach Südwest. Damals war eine solche Reise noch ein richtiges Abenteuer, und so hieß die Fahrt auch: Auf den Spuren der deutschen Siedler. Sie sollte sechs Wochen dauern und dauerte drei Monate, weil unsere Reisegruppe zwischen Namutoni und Rundu am Okavango, mitten im Kavangoland, für die Öffentlichkeit verloren ging. Eine zu früh einsetzende Regenzeit hielt uns plötzlich in einem großen Sumpfgebiet gefangen. Wir saßen auf einer noch leidlich festen Landinsel, aber mit unseren Geländewagen konnten wir Schach spielen. Überall aufgeweichter Boden, in dem sie rettungslos versinken würden. Nach drei Monaten holte man uns mit Hubschraubern heraus, und jeder hätte nun doch sagen sollen: ›Danke! Prost! Von diesem Land habe ich die Schnauze voll!‹ – Denken Sie!« Der Chefarzt lehnte sich zurück und blickte auf die öde Straße, die vom Flugplatz in die Stadt Windhoek führte. »Ich kam zurück nach Wasserburg, löste meinen Vertrag als Assistenzarzt, packte meine Koffer, ließ mir von meinem Vater versichern, ich sei ein Riesenidiot, überstand das Weinen meiner Mutter, ließ eine hysterische Szene meiner damaligen Braut über mich ergehen und flog zurück nach Windhoek. Südwest hatte mich gepackt, nein, gefressen! Und ich kann Ihnen versichern: Ich habe es nie bereut. Dieses Land ist einmalig. Es fordert den ganzen Menschen und noch mehr: seine Reserven! Aber es schenkt ihm dafür ein rätselhaftes, unerklärbares Glücksgefühl: Ich bin ein Südwestler! Das sollte man höher einschätzen als Kennedys historisches: Ich bin ein Berliner!« Der Chefarzt zuckte mit den Schultern. »Na ja, vielleicht merken Sie es auch noch! Machen Sie sich nur auf eins gefaßt: Ihre Arbeit wird so hart sein wie der Stein des Verbrannten Berges. Was das heißt, erfahren Sie noch, denn in diese Gegend müssen Sie ja auch …«
    Am Abend erreichte es Urulele durch einen Trick, bis ins Zimmer von Dr. Oppermann zu gelangen. Der Portier des Hotels ›Großherzog‹, wo Dr. Oppermann wohnte, ließ sich überzeugen, daß Urulele als Bote des Krankenhauses unbedingt mit dem neuen Doktor sprechen müsse.
    Dr. Oppermann war jener Typ eines Arztes, der standesbewußten Altmedizinern einen Schauer über den Rücken jagt und sie am Fortbestand der Wissenschaft zweifeln läßt. Er trug mit Vorliebe Jeans und darüber weite Pullover, das schwach gelockte, mittelblonde Haar war länger, als es korrekte Façon-Schnittler ertragen können, wenngleich es nicht in den meist offenen Hemdkragen oder gar über die Schultern wuchs. Das Kinn rasierte er sich täglich, aber nicht, weil er etwas gegen Bärte hatte, sondern weil ihm ein Bart hinderlich war, wenn er sich bei seinen Bakterienforschungen wie eine Mumie vermummen mußte. Auch mit seiner Sprache eckte er an. Er haßte hochtrabende Worte und Tiraden voll wissenschaftlicher Begriffe. Einmal hatte er bei einem Vortrag über Darminfektionen großes Mißfallen erregt, als er nicht von der Anusrose, sondern schlicht vom Arschloch sprach. Im Tropeninstitut war man deshalb auch der Ansicht, Dr. Oppermann eigne sich vorzüglich für Urwaldregionen und ähnliche Ausnahmegebiete, zumal er sich mit seiner hervorragenden Begabung besonders gern an Themen heranwagte, die in der Medizin als heiße Eisen
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