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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bedruckt.
    Prusius riß die Tür seiner Kanzel auf, sprang, ohne die Treppe herunterzuklappen, aus dem Flugzeug und baute sich breitbeinig vor seiner Maschine auf. Langsam kam Olutoni näher und hob grüßend die Hand.
    »Was ist hier passiert?« bellte Prusius sofort. »Wie ist eine solche Idiotie möglich?! Spätestens morgen wird man euch wie Wildschweine jagen! Du weißt doch, daß sie in Rundu angekommen sind?«
    Er duzte Olutoni jetzt. Die mühsam beibehaltenen geschäftlichen Konventionen fielen weg. Für Prusius war Olutoni ein erledigter Mann. Es würde nicht lange dauern, dann würden die radikalen SWAPOs über ihn zu Gericht sitzen, über den Versager, über den Freiheitshelden, der sein Vatergefühl höher eingeschätzt hatte, als die Zukunft seines Volkes. Und Prusius würde dann als Zeuge aussagen: »Ja, so war es! Olutoni hat sie laufen lassen! Namibia hat damit einen großen, schmerzhaften Rückschlag erlitten, von dem es sich lange nicht erholen wird. Olutoni war bereit, sein ganzes Bataillon zu opfern. Für seine Tochter, die zu allem Überfluß auch noch ein Bastard ist, eine Coloured, die mehr weiß als schwarz empfindet. Und er wußte das! Er hat sich dem gebeugt – gegen die Interessen seines Volkes!«
    Was würde von Olutoni dann noch übrigbleiben?
    Prusius schnaufte laut und blickte Olutoni böse an. Er kam sich jetzt sehr stark vor, ein vorweg geschickter Vollstrecker. Zieh deine Theateruniform aus, dachte er wütend, verschwinde im Busch, ehe sie dich mit einem Strick erdrosseln! Aber wo du auch hinflüchtest in diesem Land – sie erwischen dich! Du bist viel zu bekannt, als daß du untertauchen könntest!
    »Ich habe nicht erwartet, daß Sie kommen, Herr Prusius«, sagte Olutoni höflich in deutscher Sprache. »Nicht zu mir.«
    »Wohin denn sonst?«
    »Sie hätten nach Sambia fliegen können.«
    »Das kommt noch. Ich tanke nur auf und fliege dann weiter. Ich wollte von Ihnen lediglich erfahren, wie das alles passieren konnte. Ich möchte in Lusaka etwas erzählen können. Allein Sie wissen, wie die drei das Lager verlassen konnten – und warum man sie nicht schon längst erschossen hatte. Sie hatten mir das fest versprochen!«
    »Wollen wir das hier im Freien diskutieren, Herr Prusius?«
    Die vier Guerilleros, die mit Olutoni gekommen waren, schoben das Flugzeug zu der Baumgruppe und begannen, es mit Büschen zu belegen, so wie sie es immer getan hatten. Prusius winkte ab.
    »Das ist nicht nötig! Ich fliege gleich weiter!«
    »›Gleich‹ kann eine Zeit sein, die uns wehtun kann. ›Gleich‹ kann auch ein Militärflugzeug über uns auftauchen. Das Bataillon ist kampfbereit, aber wir wollen ja nicht unbedingt, daß Ihr Flugzeug den Weg zu uns weist …«
    Prusius knurrte und folgte Olutoni durch die bekannten Dornschleusen ins Innere des Lagers. Dort war alles zum Aufbruch bereit. Die Kochhöhlen wurden zugeschüttet, die Lastwagen waren beladen, die Hütten in den Bäumen zum Teil schon eingerissen. Die Guerilleros hatten das Gelände bereits zur Verteidigung besetzt: eine sogenannte Igelstellung mit einer geballten Feuerkraft rundum. Nur noch die Offiziere befanden sich im Inneren des Lagers, dazu ein paar Frauen und der Elitetrupp, den Olutoni selbst befehligte.
    Mit einem schnellen Blick sah sich Prusius um.
    »Sie haben abgebaut? Sie müssen Ihr so vorzügliches Lager verlassen, das man nie entdeckt hätte! Das ist Ihre Schuld.«
    »Wer spricht hier von Schuld?« sagte Olutoni ruhig.
    »Ich …«
    »Bitte!« Er zeigte in das Innere der Kommandohütte, eine der wenigen, die noch standen. Allerdings war sie, bis auf einen Klapptisch und zwei Hocker, bereits leer. Prusius ließ sich auf einen der Hocker fallen und knöpfte sein Hemd bis zum Gürtel auf. Es war unerträglich heiß. Nachdenklich betrachtete Olutoni die breite, behaarte Brust von Prusius und schwieg.
    »Ich höre!« sagte Prusius grob.
    »Was?«
    »Zum Teufel, was Sie mir zu sagen haben! Warum sind Dr. Oppermann und Mooslachner nicht erschossen worden?«
    »Die Exekution sollte am nächsten Morgen stattfinden.«
    »Und in der Nacht vorher sind sie losgezogen. Wie sinnig! Und Sie haben nichts gewußt?«
    »Nein.«
    »Wer soll dir das glauben!« schrie Prusius. Er fiel wieder ins Duzen.
    »Niemand. Warum soll man glauben, was wahr ist?!« Olutoni blickte an Prusius vorbei zum Eingang der Hütte. Dort war ein Guerilla-Offizier erschienen, nickte ihm zu und verschwand sofort wieder. Da Prusius mit dem Rücken zur Tür
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