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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir
Autoren: Ellen Dunne
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außerdem hab ich mich entschuldigt“, machte er einen Versuch der Gegenwehr. Verbale Kriegsführung, ihre große Stärke. Meistens hatte er sich in destruktives Schweigen zurückgezogen, um ihre Attacken zu zermürben. Das hatte auch geklappt – bis zum Tag nach der Florida Drive Operation. Seine bis dahin gegenüber Marie sorgsam angekettete Aggressivität hatte sich losgerissen, noch bevor er sie zurückhalten konnte.
    „Ach entschuldige, es war bloß eine Ohrfeige. Nicht der Rede wert.“
    Zum ersten Mal hatte er Lust, Marie wirklich zu schlagen. Wegen ihres Sarkasmus, wegen ihres Mangels an Respekt vor ihm. Und vor allem, weil sie recht hatte, mit jedem einzelnen Punkt seines Sündenregisters. „Dieser Mann“ hatte sich in ein Arschloch verwandelt, während sie sich und ihren Sohn alleine über die Runden hatte bringen müssen. Nach nur vier wiedervereinten Jahren war sie mit Ben zu ihrer Schwester Caitlin nach Hillsborough gezogen und hatte ihn jetzt um eine Aussprache auf neutralem Boden gebeten. Offenbar nicht, um den Termin ihrer Rückkehr festzulegen.
    „Dally, ich kann nicht so leben“, hörte er Maries von unterdrückten Tränen zitternde Stimme. Er schaffte es nicht, sie anzusehen. Er schloss die Augen und rieb sich mit der linken Hand die Stirn. Bitte keine Tränen. Sie hatten ihn fünf Jahre lang verfolgt, und jetzt hatte er die Nase voll davon.
    „Ich hab Angst, dass du oder wir drei die Nächsten sind, die für dieses sinnlose Unterfangen sterben. Jetzt, wo’s vielleicht bald Friedensgespräche gibt.“
    Als guter Soldat hätte er widersprechen müssen.
    Solange die Briten noch mit ihren Truppen unseren Boden besetzen, ist das kein sinnloses Unterfangen, wäre die korrekte Antwort gewesen.
    Er war außerstande. Er fühlte sich nur leer und ausgehöhlt – der ehemalige Dallas Ferguson, mit nichts mehr drin.
    „Du verstehst das nicht.“ Die lahmste aller Antworten. Gratulation.
    „Ich hätte mir denken können, dass es zu nichts führt.“ Sie richtete sich wieder auf. Das Gespräch war beendet, die Frontlinien unverändert.
    Ihm fiel nichts ein, womit er sie aus dieser feindseligen Stimmung holen konnte, also stürzte er den restlichen Inhalt seiner Tasse mit angehaltenem Atem hinunter. Bezahlt war schließlich bezahlt. Das Messing-Windspiel über dem Eingang klimperte jetzt regelmäßig, als sich der Raum langsam mit hungrigen Studenten und Angestellten aus der Queens Universität füllte.
    Marie raffte ihre Jeansjacke und den dicken Wollschal an sich, der lang genug für zwei war.
    Dally fiel ein, was er sagen konnte.
    „Lucky ist weg.“
    Wie armselig, sie damit zum Bleiben bewegen zu wollen. Doch Lucky und Theresa waren ihre vielleicht letzte Verbindung zueinander, von Ben mal abgesehen. Außerdem musste er die dunkelgrauen Gefühle, die Theresas Anruf letzte Nacht bei ihm hinterlassen hatte, mit Marie teilen. Er hatte ihr immer alles erzählt. Früher, vor den Geheimnissen.
    „Weg? Was heißt weg? Männerurlaub?“ Noch war Maries Sarkasmus intakt.
    „Nein, verschwunden. Er war bei McCluskey’s, das Spiel ansehen, ist laut Danny noch vor der letzten Order nach Hause, aber nie dort angekommen.“
    „Meinst du, er ist verhaftet worden?“
    Maries alarmierter Tonfall brachte ihm wieder Theresas Panik ins Gedächtnis, die ihn gegen zwei Uhr morgens aus seinem komatösen Schlaf geholt hatte.
    Es ist was Furchtbares geschehen, ich weiß es, was ganz Furchtbares, hatte sie immerzu gestammelt und damit seine Desorientierung noch verstärkt. Er hatte sie und sich selbst damit zu beruhigen versucht, dass Lucky sicher noch mit ein paar Leuten vom McCluskey’s um die Häuser zog. Instinktiv wussten sie aber beide, was passiert war, und auch Marie ahnte es vom ersten Augenblick an. Wie sie Zeige- und Mittelfinger auf die Lippen legte. Das tat sie nur bei schlechten Nachrichten.
    „Vielleicht. Kann aber auch sein, dass er heute einfach wieder auftaucht.“ Zweckoptimismus der lausigsten Sorte.
    „Warum warst du nicht bei ihm?“
    „War zu Hause. Mir war schlecht.“
    Erst als Marie keine ihrer üblichen Mitleidsbekundungen von sich gab, bemerkte Dally, wie sehr er sich zumindest irgendeine Reaktion gewünscht hatte.
    „Warum hat sie mich nicht angerufen, sie muss doch verrückt vor Sorge um ihn sein?“ Abwesend schüttelte Marie den Kopf, dann wandte sie sich an Dally und sah ihn zum ersten Mal mit einem Ausdruck an, den man mit etwas gutem Willen als Sympathie bezeichnen konnte.
    Dally
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