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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir
Autoren: Ellen Dunne
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jemandem hinter Lucky zu. Von links und rechts hakten sich Arme unter seine, als wollten sie ihn stützen.
    „Jetzt guck nicht so schockiert. Ist doch nichts Neues, dass die Geheimdienste besser zahlen als eure knickrigen Kommandanten. Trotzdem traurig, aus den eigenen Reihen verraten zu werden.“ Er schnalzte zurechtweisend mit der Zunge. „Wo sind nur die Ideale der 70er?“
    Mit der Messerklinge dirigierte er Luckys Kinn zur Seite und betrachtete seinen Hals.
    „Hmmm“, er runzelte konzentriert die Stirn, „bei dem Puls dauert es keine zwei Minuten.“ Donaldsons Männer hakten sich fester bei ihm unter und pressten ihn vornüber in eine Position, wie Lucky sie im Fernsehen bei Mohammedanern gesehen hatte, wenn sie beteten. „Ein kurzes Vergnügen, wenn ich bedenke, dass du dich so wenig kooperationsbereit gezeigt hast.“ Donaldsons Stimme war hinter ihm. Er klang abwesend, als erledige er eine Präzisionsarbeit. „Ein bisschen mehr Zeit zum Nachdenken würde dir nicht schaden.“
    Luckys Stirn berührte den Asphalt. Er roch nach nassem Staub und entfernt nach all den Reifen der Lastwagen, die tagtäglich hier entlangfuhren. Nach geschäftigem Treiben, der Entstehung von etwas Neuem. Lucky konnte nur Zerstörung fühlen.
    Ein scharfer Schmerz fraß sich von seinem rechten Ellbogen bis hinunter in das Handgelenk. Langsam, auf und ab, als arbeite sich Donaldson durch einen zähen Sonntagsbraten. Er schrie und unternahm einen ruckartigen Versuch, sich den Männern zu entziehen, doch der Griff um seine Schultern verstärkte sich. Der Schmerz wanderte auch seinen linken Arm entlang, dann ließen sie ihn los und traten zurück wie von einem soeben gezündeten Knallkörper.
    Feuchte Wärme sog sich in sein T-Shirt, breitete sich über den Rücken aus. Er sackte nach links zu Boden.
    Donaldsons Gesicht tauchte über ihm auf. Er hockte sich neben ihn, vorsichtig, um nicht in die wachsende Blutlache zu geraten, und tätschelte Luckys Schulter.
    „Wie ist es denn, mal etwas von der eigenen Pisse zu saufen, Lucky?“
    „Fass mich nicht an, du Schwein“ stieß er mit aller verfügbaren Kraft hervor, während Donaldson ironisch die Augenbrauen hob.
    „Sieh mal an, waren das schon die berühmten letzten Worte? Schade, eigentlich. Mit etwas Zeit hättste uns noch was nützen können.˝
    Mit einem leisen Seufzer richtete er sich auf und verschwand, begleitet vom Gelächter der Männer, während Lucky zu schluchzen begann.
    Theresa würde allein sein und das Kleine eine Halbwaise, deren Vater in irgendeiner namenlosen Straße gestorben war, während er zusah, wie sein eigenes Blut sich einen Weg bis zum nächsten Abwasserkanal bahnte. Angetrieben von seinem Herz, das immer hastiger pumpte, als könnte es seine verdiente Pause gar nicht erwarten. Bald zitterte er vor Kälte, und für Tränen fehlte ihm zunehmend die Kraft. Er schämte sich für die weibische Heulerei. Diese Blöße hatte er sich niemals geben wollen, auch nicht im Angesicht des Todes, sondern sein Schicksal mit Würde ertragen.
    Scheiß auf die Würde. Er ließ seinen Kopf sinken. Der Asphalt fühlte sich nicht mehr hart und kalt an wie vorhin, sondern warm. Warm, feucht und rot.
    Lucky grinste. Auch schon egal.
    Ein paar Meter von ihm entfernt sah er einen von ihnen stehen. Der mit dem übergroßen Overall. Er hatte die Maske abgenommen und starrte zu Lucky herüber. In seinem unausgegorenen Teenagergesicht spiegelten sich Faszination, Mitleid und Horror angesichts der Situation, in die er sich als Mithelfer an diesem Mord manövriert hatte. Wahrscheinlich sein erster. Einen Moment lang sah es aus, als wollte er zu Lucky gehen, als der Panzer zu ihm stapfte und ihn aus Luckys Sichtweite schob.
    „Mach schon Billy-Boy, lass dich davon nicht unterkriegen. Am Ende flennen sie alle.“

Leer
     
    „Was ist denn mit deiner Hand los?“
    Dally glaubte, einen Anflug von Besorgnis in der Stimme seiner Frau zu erkennen. Als er aufblickte, fixierte ihn Marie nur mit kühlem Blick, ihren linken Mundwinkel missbilligend gekräuselt. Mochte sein, dass sie einmal etwas für ihn übrig gehabt hatte. Inzwischen reichten diese Gefühle kaum aus, um länger als 20 Minuten mit ihm an einem Tisch zu sitzen.
    „Nichts.“
    „Dann hör auf, daran rumzudrücken, und sag was Vernünftiges.“
    Er wich ihrem Blick wieder aus und nahm zwei Schlucke von seinem Tee. Lauwarm, viel zu viel Milch, aber immer noch besser als die Säure, mit der sein Magen vor einigen Sekunden
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