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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir
Autoren: Ellen Dunne
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neben seinem Gesicht schien einen tiefen Krater in seiner Wange hinterlassen zu haben, in dem es brannte und brodelte. Er versuchte, das Ausmaß des Schadens zu ertasten, doch etwas hielt seine Hände hinter dem Rücken fest.
    Panik.
    Er war erledigt. Die Loyalisten hatten ihn erwischt. Egal, welcher ihrer Banden genau sie angehörten, sie würden ihn töten. UVF, UFF, kein Unterschied. Wäre heute nicht sein Unglückstag gewesen, hätten sie ihn noch an Ort und Stelle erschossen. Stattdessen brachten sie ihn irgendwohin, wo sie ungestört waren. Dass er noch lebte, war kein gutes Zeichen.
    Bloß nicht daran denken. Lieber an Theresa, das melancholische Grau ihrer Augen, wie weich die Haut auf ihrer Stirn war, die er öfter küsste als ihre Lippen.
    Der Schein der Taschenlampe machte direkt über Luckys Gesicht halt.
    „Na also, ich sag’s ja“, triumphierte eine Stimme, deren Volumen zum Panzer passte. „Diese Kakerlaken sind zäh.“
    Als wäre es ein Stichwort, legte der Transit eine Vollbremsung ein.
    Die Schiebetür des Transits trat wie ein Bühnenvorhang zur Seite. Dahinter lag ein von vereinzelten Straßenlaternen beleuchtetes Industriegelände. Das, was Lucky erkennen konnte, erkannte er nicht wieder. Sein Verstand sagte ihm, dass es noch Belfast sein musste, doch es hätte genauso Manchester sein können oder Liverpool oder ein anderer fremder Ort.
    Eine Reihe von Verladerampen rechts von ihm, gegenüber unbebaute Flächen, Kies, Lehm und Gras, ein paar Sperrmüllcontainer, und kein Mensch, außer ihm und seinen Entführern, die ihn aus dem Transit hievten und die Straße entlang stießen.
    Das Atmen fiel ihm schwer. Bei jedem Schritt pulsierte ein scharfer Schmerz in seiner Seite, als würde jemand Luft in seine Niere pumpen. Von wegen Superman.
    Sie zerrten ihn tiefer in die Straße, die auf den ersten Blick im Nichts zu enden schien, sich auf den zweiten aber als Böschung eines Bahndammes herausstellte. An der letzten Verladerampe davor standen zwei Männer. Einer war im Gegensatz zum Rest der Männer unmaskiert. Trotz der spärlichen Beleuchtung erkannte Lucky ihn. Wie alle Berühmtheiten, die man nur vom Foto kannte, war er kleiner als angenommen, mit gedrungener Figur und raubvogelartigen Zügen. Da war es also, das Etikett für seine Entführung. Joe ‚Cutter‘ Donaldson, ein hohes Tier bei der loyalistischen UFF.
    Intimfeind seines Chiefs, Pat Doherty.
    Ein verdammter Sadist. Wenn ihr dem ohne Waffe in der Hand begegnet, dann Gnade euch Gott, hatte der Chief einmal gesagt. JR, der nie Angst zu haben schien, hatte nur abfällig gelacht. Doch Lucky war innerlich erschauert.
    Donaldson beobachtete regungslos, wie Lucky vor ihm auf die Knie gezwungen wurde. Alles an ihm transportierte die Gelassenheit eines Mannes von Bedeutung, keine Spur von der hektischen Aggression seiner Untergebenen. Er trug ein schlichtes weißes T-Shirt zur Jeans. Auf seinem rechten Oberarm ruhte ein Stück matt schimmerndes Metall mit gelbem Plastikschaft, das er in der linken Hand hielt. Die Klinge eines Teppichmessers. Er hockte sich vor Lucky, das Messer locker in der Hand, als spiele er mit einem Schlüsselbund. Sein Lächeln ließ seine Augen unberührt.
    „Du weißt, wer ich bin, nicht wahr?“
    Lucky wusste es – und noch mehr. Zum Beispiel, woher der Spitzname ‚Cutter‘ kam.
    „Seht euch den an“, wandte sich Donaldson grinsend an die Umstehenden. „Und das nennt Doherty seine Elite. Ich glaub fast, die haben uns den falschen Namen gegeben. Der hier kann ja kaum sein Arschloch zusammenhalten vor Angst.“
    Mehrstimmiges Gelächter prasselte auf Lucky nieder.
    „Sieht aus, als hätte dich heute das Glück verlassen, Lucky.“
    Der Witz des Jahrhunderts. Wieder der Chor höhnischer Verachtung.
    Nur Donaldson war ernst geworden.
    „Doherty hat noch Besseres als dich auf Lager, hoffe ich zumindest für ihn. Wenn du mir ’n paar Namen nennst, kannste heim zu deiner kleinen Freundin.“
    Lucky fixierte nur den Boden vor sich. Jeder wusste, dass die UFF niemanden laufen ließ. Eine Weile schwiegen alle. Das unterschwellige Rauschen von entferntem Verkehr, die Geräusche einer Stadt im Halbschlaf, sein eigener Herzschlag.
    Donaldson seufzte übertrieben, studierte die Klinge seines Messers.
    „Es ist ein Jammer, dass du deine Chance nicht nutzt“, sagte er, so als rede er einem widerspenstigen Angestellten ins Gewissen. „Die gute Nachricht ist, dass ein paar deiner Kumpels anders denken.“
    Er nickte
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