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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle
Autoren: John B. Keane
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unten am Strand altersschwache Badekarren standen. Nach kurzer Verhandlung mit dem Besitzer begaben sich die fünf in jeweils einen der auf verrosteten Rädern stehenden Holzverschläge.
    Willie Ramley merkte sich genau den Karren, in dem seine angebetete Schöne verschwunden war. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis sie wieder herauskam. Ein seltsames Gefühl bemächtigte sich seiner, eine Mischung von Erregung und Erwartung. Er vermutete in den fünfen Mädchen vom Lande, schloss das aus ihrer Art, wie sie sich unterwegs und dann am Strand umgeschaut hatten. Auch ihre einfache Kleidung und ihr ganzes Gehabe ließ die Schlussfolgerung zu, dass sie Töchter der heimatlichen Scholle waren. Mit einer keuschen Gewandung hatte er zwar gerechnet, aber auf den Anblick, der sich ihm bei ihrem Heraustreten aus den Badekarren bot, war er nicht gefasst gewesen. Jede der fünf war in ein langes Hemdkleid gehüllt, das bis auf die Zehen reichte und jede Spur von Figur verhüllte. Die Hemden waren aus leichtem Material, die Farbe eine Art schmutzig-weiß. Was Willie Ramley nicht wissen konnte, war, dass es sich bei diesen langen Gewändern um die übliche Badebekleidung der Leute vom Lande handelte. Sparsame Geschöpfe, die sie waren, gingen diese genügsamen Mädchen nicht in Warenhäuser, um Stoff für Unterwäsche oder Badebekleidung zu erwerben. Das Mehl für das tägliche Brot wurde im allgemeinen in Kattunsäcken mit einem Fassungsvermögen von einem Zentner geliefert. Die leeren Säcke wurden sorgfältig gewaschen und getrocknet und dann zu Hemden, Schlüpfern oder Hemdhosen verarbeitet, auch zu Fußballklamotten und Bettwäsche. Zwar mochte das städtische Volk am Strand die so bekleideten Frauen vom Lande amüsiert zur Kenntnis nehmen, würde es sich aber nie anmerken lassen. Unter Umständen lag das daran, weil so mancher selbst aus einer ländlichen Familie stammte.
    Obwohl den Hemden jeglicher Schick fehlte, machten sie etwas her; stolz erhobenen Hauptes bewegte sich die Gruppe in wohl geordneter Formation hinunter zum Strand und ließ sich nicht im Geringsten davon beeindrucken, was andere über sie denken mochten. Ihre Anführerin war eine Achtung gebietende Person mittleren Alters mit Adlernase, vollbusig, groß und breitschultrig. Haltung und Gebaren deuteten darauf hin, dass sie in dem unwahrscheinlichen Fall eines Angriffs sich und ihre Schützlinge zu verteidigen wusste. Die anderen vier waren entschieden jünger, noch keine zwanzig oder gerade darüber, und Willie schlussfolgerte nicht zu Unrecht, dass die Matriarchin allem Anschein nach die Mutter war. Sittsam schritten sie hinter ihr her, ohne nach links oder rechts zu gucken. Das Mädchen, das Willies Kollision mit dem Bus verhindert hatte, ging als Letzte. Keine Frage, unter dem sackartigen Hemd verbarg sich ein Körper, wie er ihn sich in seiner Phantasie nicht schöner ausmalen konnte. Am Wasser angelangt, marschierten sie im Gänsemarsch bis zu einer menschenleeren Stelle. Dort gab die Matrone ein Zeichen, die jungen Mädchen wagten sich in das Wasser, hüpften und sprangen und kreischten, bis sie sich schließlich an die kalten, sie sacht umspülenden Wellen gewöhnt hatten. Unter dem wachsamen Auge ihrer Hüterin drehten sich dann alle vier zum Horizont, hoben vorn ihre Hemden und bespritzten den entblößten Teil ihres Körpers mit dem wohltuenden Meereswasser. Die Matrone selbst ging nicht einmal mit den Füßen ins Wasser, begnügte sich mit ihrer Rolle als Glucke, strafte den Neugierigen mit einschüchternden Blicken oder reckte auch mal drohend die Faust. Sowie die Mädchen genug hatten, ließen sie wieder keusch die Hemden herunter und kehrten dem Horizont den Rücken zu. Das Spiel wiederholte sich, bis die Hüterin der Ansicht war, dass alle gebührend gebadet hatten. Dann ging es im Gänsemarsch stolz und doch anmutig zurück. Willie versuchte, sich näher heranzupirschen. Betont lässig ging er ihnen entgegen, den Mund wie zum Pfeifen gespitzt, und gab sich als harmloser Feriengast, der nur mit sich beschäftigt war. Vorsichtig umkreiste er die Matriarchin, die ihre Brut zu den Badekarren führte. Dabei war er bemüht, mit der Gruppe Schritt zu halten und hinter ihnen zu bleiben, sodass er die Dame seiner Wahl im Auge behalten konnte. Für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich ihre Blicke, und schon war es um ihn geschehen. Dennoch rief er sich den Rat des Sehers ins Gedächtnis: »Lass dich nicht von einem hübschen
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