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Wer schoen sein will, muss leiden

Wer schoen sein will, muss leiden

Titel: Wer schoen sein will, muss leiden
Autoren: Silja Vocks , Tanja Legenbauer
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als Risikofaktor für Essstörungen. Wir wissen dies aus Studien, die speziell Veränderungen von Hunger und Sättigung durch Diät untersucht haben. Das Hunger- und Sättigungsgefühl wird gestört, da die Nahrungsaufnahme nur durch die willentliche Steuerung unabhängig vom natürlichen Hunger- und ättigungsgefühl geschieht. Zum Beispiel isst man im Rahmen einer Diät abends nur einen Salat, obwohl der Körper mehr Kalorien bräuchte und Hunger signalisiert. Wird dies über längere Zeit gemacht, verlernt der Körper, die Hunger- und Sattheitssignale richtig zu interpretieren und es kann zu Kontrollverlust und Essanfällen kommen. Außer dem ernährungsbedingten Mangel kommt es auch zu einer Art „seelischen Hungers“, da Dinge, die man sich entsagt, umso attraktiver werden (wie Schokolade etc.).

    Wie anfangs beschrieben, ist die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper auf einem Kontinuum zu sehen, an dessen Ende die Entwicklung einer Essstörung stehen kann. Im vorangegangenen Abschnitt haben wir erklärt, welche Symptome mit einer Essstörung einhergehen und welche Rolle das negative Körperbild bei Essstörungen spielt.
    Verschiedene Forscher haben versucht, herauszufinden, wann die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper zur Entwicklung einer Essstörung führt. Dazu befragten einige Autoren College-Studentinnen und konnten zeigen, dass diejenigen, die stärker unzufrieden mit ihrem Körper waren, auch später häufiger eine Essstörung entwickelt hatten (Stice et al., 2000). Das erklärten sich die Forscher so, dass gerade diejenigen, die unzufrieden mit ihrem Körper sind, auch häufiger versuchen, ihren Körper zu verändern. Es war auch tatsächlich so, dass diese Frauen deutlich häufiger Diäten machten, sich bestimmte Nahrungsmittel verboten oder viel Sport machten, um an Gewicht zu verlieren oder es zu halten. Diäten sind also ein Risikofaktor für Essstörungen und könnten dazu führen, dass ein Teufelskreis entsteht.
    Ein Teufelskreis (vgl. Abbildung 1 ) wird einerseits durch bestimmte Bedingungen ausgelöst und andererseits durch bestimmte Bedingungen aufrechterhalten. Bei einer Person kann sich vor dem Hintergrund eines Konfliktes wie dem Vorhandensein eines niedrigen Selbstwertgefühls gepaart mit perfektionistischen, familiär geprägten Leistungsansprüchen und des in den Medien vorherrschenden Schlankheitsideals Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und restriktives Essverhalten entwickeln. Daraus entsteht folglich ein körperlicher Mangelzustand. Dieser kann zu Heißhungerattacken führen, die durch psychosoziale Belastungen wie Probleme in der Schule oder in der Familie ausgelöst werden können. Die Aufrechterhaltung kann durch die resultierende Ablenkung von den Problemen oder den Abbau von Stress erklärt werden.

    Abbildung 1: Teufelskreis der Bulimie (Tuschen-Caffier & Florin, 2002)
    Die Heißhungerattacken erfüllen also eine Aufgabe, d. h. sie haben eine Funktion und dienen damit beispielsweise der emotionalen oder körperlichen Spannungsregulation. Das Überessen hat zur Folge, dass sich die Angst vor einer Gewichtszunahme einstellt. Diese wiederum führt dazu, dass restriktives Essverhalten und/oder Erbrechen angewandt wird. Dadurch stellt sich Erleichterung ein, die auf den Teufelskreis aufrechterhaltend wirkt. Auch Restriktion und Erbrechen können eine Funktion haben, nämlich die Reduktion von Angst. Der Teufelskreis der Essstörung hat, an diesem Punkt angelangt, seinen eigenen Motor entwickelt, welcher ihn fast automatisch in Gang hält. Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper kann also zur Ausbildung einer Essstörung führen. Egal, an welcher Stelle in diesem Prozess Sie sich befinden, die Verbesserung Ihres Körperbildes kann ein erster oder zusätzlicher Schritt sein, um aus dem Teufelskreis der Essstörung oder der körperlichen Unzufriedenheit herauszukommen.
     
    1   Eine tabellarische Übersicht für das medizinische Normalgewicht in Abhängigkeit von der Körpergröße (= Body Mass Index (BMI) zwischen 20 und 25) befindet sich im Anhang auf Seite 134/135.

2  Die vier Komponenten eines negativen Körperbildes
2.1  Warum wird das Körperbild in vier Komponenten unterteilt?
    Der Mensch ist ein komplexes Wesen, das Situationen oder Gegenstände nicht nur mit einem Sinn oder auf eine Art und Weise wahrnimmt. Wahrnehmung geschieht auf vielfältigem Wege. Zum Beispiel, wenn wir ein Brötchen in der Hand halten und überlegen, ob es frisch ist, dann kann uns
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