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Wer schoen sein will, muss leiden

Wer schoen sein will, muss leiden

Titel: Wer schoen sein will, muss leiden
Autoren: Silja Vocks , Tanja Legenbauer
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eng an ihr Aussehen geknüpft ist und ihre Stimmung sehr stark von der wahrgenommenen Figur abhängt. Außerdem richtet sich ihr Essverhalten danach, wie sie sich fühlt. Ist der Bauch aufgebläht und dick, versucht sie, nichts zu essen oder treibt Sport, um ihren Körper „in Form“ zu bringen. Figur und Gewicht haben einen zentralen Stellenwert in ihrem Leben. Nicht bei jeder Frau muss das Ausmaß an Körperunzufriedenheit so stark wie bei Frau S. ausgeprägt sein. Die Einschränkungen und auch Auswirkungen auf das Essverhalten sind so schwerwiegend, dass man bei Frau S. eine Essstörung vermuten könnte, wenn die übrigen Kriterien (siehe Seite 13 ff.) erfüllt sind.
    Die Diskussion um Essstörungen hat in den letzten Jahren in den Medien zugenommen. Hauptsächlich geht es dabei um die Hauptmerkmale der beiden bekannten Erkrankungen Magersucht und Bulimie. Im Vordergrund steht dabei der gestörte Umgang mit Essen.
    Bei der Magersucht steht das Auslassen von Mahlzeiten bzw. die vollständige Nahrungsverweigerung mit einer Gewichtsabnahme bis zu starkem Untergewicht im Vordergrund, bei der Bulimie hingegen leiden die Frauen an immer wieder auftretenden Essanfällen und damit einhergehendem Erbrechen, um nicht an Gewicht zuzunehmen. Neben diesen Hauptmerkmalen gibt es weitere Symptome, die in den Medien eher im Hintergrund stehen. Das negative Körperbild gehört zu den seltener erwähnten Aspekten bei Essstörungen.
    Inwieweit hängt nun eine negative Einstellung zum eigenen Körper mit einer Essstörung zusammen? Zunächst einmal konnte in wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen werden, dass Frauen, die an einer Essstörung leiden, zumeist auch eine sehr negative Einstellung zum eigenen Körper haben. Oft beschrieben sich die Frauen als zu dick, obwohl ihr Gewicht unter dem medizinisch empfohlenen lag. Man fand, dass Frauen, die an einer Essstörung leiden und sich auf Video ansahen, sich weniger ausführlich und negativer beschrieben und kaum positive Eigenschaften des Körpers benennen konnten (Tuschen-Caffier, Vögele, Bracht & Hilbert, 2003) und auch ihre eigenen Körperdimensionen überschätzten (Vocks, Legenbauer, Troje, Hupe, Rüddel, Stadtfeld-Oertel, Rudolph & Schulte, 2004). Da bei vielen Frauen mit einer Essstörung das negative Körperbild zu finden war, wurde dieses Merkmal in die Richtlinien zur Erkennung und Diagnosestellung für Essstörungen aufgenommen. Nachfolgend werden die beiden Krankheitsbilder etwas ausführlicher beschrieben.
1.2  Was bedeutet es, an einer Magersucht zu leiden?

    Frauen, die an einer Magersucht leiden, sind auffallend dünn. Der Kontakt zum Körper geht verloren, wichtig ist vor allem der Kopf, der kontrolliert und steuert. Der Körper ist wie ein Widersacher, der gierig und bedürftig ist und bekämpft werden muss. Das Gefühl, autonom und unabhängig zu sein, wird über die Kontrolle des Körpers erreicht. Betroffene kochen gern und viel für andere, essen selbst davon jedoch nichts oder täuschen das Essen vor. Im Verlauf der Erkrankung kapseln sich Betroffene immer stärker ab. Nichts ist ihnen gut genug. Diese überhöhten Ansprüche und Allesoder-Nichts Denken schränken die Lebensqualität zusätzlich ein.
    Die körperlichen Folgeerscheinungen sind Absinken des Stoffwechsels, des Pulses, des Blutdrucks und der Körpertemperatur, was zu Müdigkeit, Frieren und Verstopfung führen kann. Daneben zeigen trockene Haut und brüchige Haare hormonelle Veränderungen an, die sich auch im Ausbleiben der Menstruation und im Extremfall auch in einer Veränderung der Körperbehaarung äußern. Bei einer Krankheitsdauer von mehreren Jahren kommt es als Folge der hormonellen Veränderungen auch zu einer verringerten Knochendichte (Osteoporose).
    Im Folgenden sind die Richtlinien zur Erkennung von Magersucht aufgezeigt. Falls Sie mehrere der Punkte mit ja beantworten oder sich in der obigen Beschreibung wiederfinden, würden wir Ihnen empfehlen, sich an eine Beratungsstelle oder einen Therapeuten zu wenden. Infos zur Beratung und Internetadressen finden Sie im Anhang des Buches (siehe Seite 132).

1.3  Was bedeutet es, an einer Bulimie zu leiden?

    Bulimie gilt als die „heimliche Sucht“, da Außenstehende oftmals nichts von der Essstörung bemerken, da die Betroffenen meist normalgewichtig sind. Das Essverhalten, welches zu Hause chaotisch und unkontrollierbar erscheint, ist in der Öffentlichkeit meist eher unauffällig. Nach außen hin funktioniert alles perfekt.
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