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Wer ist der andere, Alissa

Wer ist der andere, Alissa

Titel: Wer ist der andere, Alissa
Autoren: Ginna Gray
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siebzehn Jahren, seit sie mit neunzehn Tom Kirkpatrick geheiratet hatte, war sie nur mit einem Mann, mit ihm, zusammen gewesen.
    Ein kleines Lächeln zuckte um Alissas Lippen. Sie bezweifelte, dass irgendeine von Dirks Beziehungen als platonisch eingestuft werden könnte. Bei der Arbeit war er immer sehr sachlich und gründlich - sogar hart, wie manche behaupteten. Ganz sicher war er kein Mann, der sich etwas vormachen ließ. Er war bekannt dafür, dass er mit Faulpelzen und inkompetenten Angestellten erbarmungslos verfuhr. Die unvoreingenommene, nüchterne Art und Weise, mit der er ein Projekt oder ein Problem anpackte, war legendär unter den Arbeitnehmern und den Kunden von Tex-Con. Doch ihr weiblicher Instinkt sagte Alissa, dass sich hinter dem strengen Gesicht und den rätselhaften Augen ein leidenschaftlicher und sinnlicher Mann verbarg.
    Als Alissa damals bei Tex-Con angefangen hatte, war Dirk ein aufstrebender leitender Angestellter, der den Mitarbeiterinnen viel Stoff zu frivolen Überlegungen und zum Fantasieren bot. Fünfzehn Jahre und eine Vizepräsidentschaft später hatte sich in der Beziehung nur wenig geändert. Dirk war immer noch Single, und die weiblichen Angestellten von Tex-Con waren noch immer hingerissen von ihm ... jetzt sogar noch mehr als früher.
    Allein der Gedanke, der Horde in Dirk verknallte Frauen anzugehören, machte Alissa fassungslos. Es war so erniedrigend! Lieber interpretierte sie die plötzliche Faszination als ein Zeichen dafür, dass sie sich endlich erholt hatte. Immerhin war sie eine junge Frau. Toms unerwarteter Tod hatte sie schwer getroffen, aber nach mehr als einem Jahr der Trauer war es nur natürlich, dass sie sich irgendwann auch wieder für einen anderen Mann interessieren würde.
    Wie dem auch sei, jedenfalls ist es einfach dumm und sinnlos und eine reine Zeitvergeudung, sich zu intensiv mit Dirk Matheson zu beschäftigen, hielt Alissa sich vor und konzentrierte sich darauf, für Mr. Battle die Briefe zu Ende zu tippen.
    Sie war eine vernünftige sechsunddreißigjährige Frau und kein unreifes Schulmädchen.
    Von jetzt ab würde sie Dirk Matheson aus ihrem Kopf verbannen.
    Den restlichen Vormittag hindurch blieb sie ihrem Vorsatz treu. Sogar dann, als Dirk eine halbe Stunde später aus Mr. Battles Büro herauskam. Sie hielt den Blick auf den Bildschirm geheftet und fuhr mit dem Tippen fort, ohne auch nur eine Sekunde lang aus dem Takt zu kommen. Später, als sie mit ein paar Kolleginnen, mit denen sie auch gut befreundet war, in einem nahe gelegenen Restaurant zu Mittag aß, beglückwünschte sie sich zu ihrer Selbstbeherrschung. Unglücklicherweise hatte sie ganz vergessen, wie gern sich ihre Kolleginnen am Mittagstisch über Männer im Allgemeinen und über Tex-Cons sexy Vizepräsidenten im Besonderen ausließen. Sie waren noch mitten beim Essen, als Dorothy Ames, eine Elektroingenieurin, beim saftigsten Teil ihrer Lästerei über einen männlichen Chauvinisten aus der Produktionsabteilung auf einmal innehielt. "Schaut mal!" flüsterte sie eindringlich. "Ist das nicht Dirk Mathesons Neueste?"
    Sie wies mit der Salatgabel in ihre Blickrichtung, und alle fünf um den Tisch sitzenden Frauen folgten mit den Augen der sagenhaften Brünetten, die sich hastig den Weg durch das voll besetzte Restaurant bahnte.
    "Stimmt. Das ist Diedre Hollingsworth", bestätigte Jolene Greer. Neben ihr neigte Margo Dutton den Kopf zur Seite und kniff die Augen mit den schwarz getuschten Wimpern zusammen. "Bilde ich es mir nur ein, oder sieht sie tatsächlich so aus, als ob sie über irgendetwas schwer verärgert wäre?"
    "Hm ... Ich glaube, du hast Recht", murmelte Annie Mimms, die Sekretärin aus der Verkaufsabteilung. "Die hat eine Mordswut im Bauch. Die fängt gleich an, Feuer zu speien.
    Ich frage mich nur, was der Anlass dafür sein kann."
    "Wer weiß?" sagte Jolene gedehnt. Und mit deutlicher Verachtung in der Stimme fügte sie hinzu: "Vielleicht wollte ihr Mercedes heute Morgen nicht anspringen. Oder vielleicht hat der Oberkellner ihr den Salat nicht gut genug durchgemischt. Meine Güte, vielleicht hat sie sich auch 'nen Fingernagel abgebrochen. Ihr wisst schon, wie das ist, wenn man zu den oberen Zehntausend gehört. Das Leben ist eine einzige verheerende Katastrophe nach der anderen."
    Jolenes Kindheit und Jugendzeit waren von Armut gezeichnet gewesen. Sie hatte gleich nach der High School geheiratet, und ein Jahr später war sie mit ihrem Baby vor ihrem grausamen Mann geflohen.
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