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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
Autoren: Lilian Thoma
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sein wahres Ich‹?«, fuhr ich eindringlich fort.
    Bernd nickte vage und versuchte, das Thema zu beenden.
    »Und dann hast du deinen Mann verlassen?«
    »Das wollte ich eigentlich – aber dann hab ich gemerkt, dass ich wieder schwanger war …«
    Und deshalb, drängte ich Bernd die Fortsetzung meiner Ge schichte auf, einigte ich mich mit Mark notgedrungen auf einen Kompromiss und bat meinen Chef um eine auf zwanzig Stunden reduzierte Arbeitswoche. Unser privater Alltag verlief daraufhin wieder entspannter. Beruflich aber endete es für mich in einem Desaster: Mein monatliches Einkommen schrumpfte auf die Höhe eines mies bezahlten Schülerjobs. Außerdem bekam ich keine architektonischen, sondern nur noch bauzeichnerische Aufgaben zugeteilt, die mich bodenlos langweilten.
    Einige Monate später brachte ich meine Zwillingstöchter Maya und Fanny zur Welt. Kurz darauf lief mein Arbeitsvertrag aus und wurde nicht weiter verlängert. In Architekturbüros wird man meistens nur projektbezogen eingestellt. Und Roger Kanitz sagte mir auf den Kopf zu, dass er in seiner Firma – die sich nur trug, wenn alle Mitarbeiter hundertzwanzigprozentig für ihren Job da waren – die Karriere einer dreifachen Mutter für nicht realisierbar hielt.
    »So war ich unfreiwillig in einem Leben als Hausfrau und Mutter gelandet, das ich nie hatte führen wollen«, erzählte ich weiter, »während Mark seine beruflichen Pläne erfolgreich umsetzte und zum Partner seiner Kanzlei aufstieg.«
    »Und wann hast du dich dann endlich von deinem Mann getrennt?«, bohrte Bernd nach. Dieses Mal bemerkte ich die Ungeduld in seiner Stimme. Weil meine Geschichte aber sowieso ihrem Ende nahte, ging ich darüber hinweg und antwortete:
    »Noch nicht sofort. Eine Weile hab ich noch versucht, unsere Ehe zu retten. Doch leider war Mark resistent gegenüber meinen Verbesserungs- beziehungsweise Rettungsvorschlägen für unsere Beziehung.«
    Ich beschrieb Bernd, wie sich Mark immer selbstverliebter in der Rolle des patriarchalischen Kapitäns sonnte, der den Familiendampfer sicher durch die stürmischen Wogen globaler Wirtschaftskrisen manövrierte. Und dem es als Dank dafür zustand, zu Hause von mir, alias seinem rund um die Uhr zum Einsatz bereiten Kindermädchen, sowie seiner leibeigenen Dienstmagd und persönlichen Krankenschwester umsorgt zu werden.
    »Die Situation frustrierte mich so sehr, dass ich begann, an allem und jedem herumzunörgeln, bis ich mich selbst nicht mehr ertragen konnte«, beendete ich mein Epos. »Das war natürlich reines Übersprungsmeckern. Aber Mark hat darauf mit Kälte und Ignoranz reagiert und beides immer mehr auf die Spitze getrieben: Wäre ich nicht seine Ehefrau, sondern sein Au-pair-Mädchen gewesen, hätte ich mich bei meiner Vermitt lungsagentur über mangelnde persönliche Ansprache beschwert. Irgendwann hab ich mir dann die Kinder, die Tiere und meine sieben Sachen geschnappt, bin aus unserem gemeinsamen Haus ausgezogen – und tja, jetzt sitz ich hier mit dir.«
    »Tja, jetzt sitzt du hier mit mir«, wiederholte Bernd meine Worte.
    »Und bei dir?«, fragte ich. »Wie läuft es mit deiner Ex und den Kindern?«
    »Ich war nie verheiratet und hab keine Kinder. Das passt beides nicht in mein Leben.«
    »Wie bitte?«, entgegnete ich verwirrt, »aber wir haben uns doch über das Zweite-Runde-für-die-Liebe - Portal kennenge lernt …«
    »Stimmt«, sagte Bernd. »Ich steh ja auch auf Mütter mit vielen Kindern, weil ihr mir aller Wahrscheinlichkeit nach keins anhängt und normalerweise entspannter seid als die leftovers und Torschlusspanikerinnen. Deine Trennung ist mir aber noch zu frisch, und die ganze Kiste mit deinem Ex klingt echt anstrengend. Was hältst du davon, wenn wir uns in ’nem halben Jahr wieder treffen, falls sich bei dir dann alles runtergepegelt und normalisiert hat?«
    Ich starrte Bernd an. Ebenso fassungs- wie sprachlos. Wie Schuppen fiel es mir von den Augen, dass er sich von Anfang an kein Stück für meine Geschichte interessiert hatte, sondern lediglich abchecken wollte, ob ich für unverbindlichen und emotional hygienischen Gelegenheitssex taugte.
    Auf Bernds Wink hin brachte die Kellnerin die Rechnung. Er warf einen kurzen Blick darauf und legte fünf Euro auf den Tisch.
    »Du übernimmst den Rest, weil du mehr getrunken hast als ich, okay?«, sagte er und war aufgestanden, als ich aus meinem Schockzustand erwachte, den vergeigten Auftakt meines neuen Singlelebens verfluchte und ihm: »Hey, warte
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