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Wer Bist Du, Gott

Titel: Wer Bist Du, Gott
Autoren: Anselm Gruen
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bin die dunkle Seite des Mondes; ihr wisset um mein Dasein, aber was ihr für die Helle festsetzt, gilt für mich nicht. Ich bin der Rest der Gleichung, der nicht aufgeht; ihr mögt mich mit einem Zeichen belegen, aber auflösen könnt ihr mich nicht.«
    Solange jemand Gott erklären, definieren will, wird er immer wieder an Grenzen kommen. Denn Gott ist nicht so wie eine Sache. Gott bleibt immer nur erahnbar.Als ich eine Woche lang in Afrika war, hatte ich manchmal, wenn ich in aller Frühe hinaus ins Freie ging, das Gefühl, dass mir Gott näher war als sonst. Ich spürte die Anwesenheit eines »Numen«, wie C.G. Jung sagen würde. Mit meinem religiösen Hintergrund würde ich es als Gott bezeichnen. Hätte ich nie von Gott gehört, hätte ich vermutlich die gleiche Erfahrung gemacht, diese aber vielleicht anders bezeichnet.
     
     
    ANSELM GRÜN: Mir ist es einmal so gegangen, als ich in einem Wald spazieren ging.Auf einmal war da ein Rauschen des Windes, das mich gleichsam einhüllte in das Geheimnis. Ich fühlte dieses Rauschen des Windes wie das Wehen des Heiligen Geistes. Es war eine ganz dichte Atmosphäre. Ich konnte sie für mich nur so beschreiben, dass ich mich ganz und gar von Gott umhüllt und umweht fühlte.
    Da ist mir aufgegangen, warum Lukas das Kommen des Heiligen Geistes an Pfingsten als einen Sturm beschrieben hat. Wenn ich nicht nur den Wind spüre und nicht nur die Gewalt des Sturmes, sondern auch das, was in ihnen liegt,
dann erahne ich Gottes Wirken, dann fühle ich mich von Gott berührt.

»Es gibt wahrscheinlich keinen Gott. Also hören Sie auf, sich Sorgen zu machen...«
    WUNIBALD MÜLLER: Für uns stellt der Glaube an Gott, die Erfahrung, dass es Gott gibt und Gott in unser Leben hineinwirkt, eine große Bereicherung für unser Leben dar. Andere sehen das offensichtlich anders. »Es gibt wahrscheinlich keinen Gott.Also hören Sie auf, sich Sorgen zu machen, und erfreuen Sie sich Ihres Lebens.« Mit diesem atheistischen Slogan fuhren Anfang 2009 rund 800 Busse in Großbritannien und in anderen Ländern. In Deutschland ist Ähnliches geplant.
    Eine tröstliche Botschaft? So klingt es zunächst. Dabei wird suggeriert, dass das Leben unkomplizierter, unbeschwerter sei, gäbe es Gott nicht. Gott wird hier wohl als eine Macht gesehen, die unser Leben beeinträchtigen will, die uns die Freuden des Lebens miesmachen will. Eine Vorstellung, die ich zum Teil kenne, wenn ich an meine religiöse Erziehung denke, die mir aber inzwischen ganz fremd ist.
    Heute steht Gott für mich als eine Kraft, die mir Gutes will, die daran interessiert ist, dass ich aufblühe, dass ich wirklich lebe. Irenäus von Lyon sagt: Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch. Das ist es, was Gott will. Dass ich lebendig
bin. Dass ich mein Leben zulasse, das Leben, das er mir geschenkt hat. Dass ich am meisten zu seiner Ehre beitrage, wenn ich mein Leben in seiner möglichen Fülle lebe.
     
     
    ANSELM GRÜN: Nachdem die Psychologie ihre Skepsis Gott gegenüber aufgegeben hat und - im Gefolge von C. G. Jung und der transpersonalen Psychologie - von der heilenden Wirkung Gottes auf die menschliche Psyche gesprochen hat, entsteht heute ein neuer Atheismus, der sich oft sehr kämpferisch gibt.
    Der Atheismus eines Stephen Hawking will beweisen, dass die Religionen schuld an allen Kriegen seien. Ohne Religionen wäre es friedlicher auf der Welt. Das geht etwa in dieselbe Richtung wie die Aufkleber auf den Bussen. Ohne Gott wäre es friedlicher auf der Erde und die Menschen wären glücklicher. Doch das ist eine Schutzbehauptung, die absolut nicht erwiesen ist. Im Gegenteil: Ohne Gott gäbe es keine Atheisten. Denn die Atheisten müssen Gott ja leugnen. Wenn es keinen Gott gäbe, bräuchte es auch keine Atheisten, die ständig um den Gottesgedanken kreisen.
     
     
    WUNIBALD MÜLLER: Wenn ich das richtig sehe, geht es hier nicht nur um die Frage, ob es Gott gibt oder nicht. Selbst wenn es ihn gibt, entscheiden sich manche bewusst gegen ihn, weil durch ihn oder die Religionen, die sich auf Gott berufen, viel Leid, Ungerechtigkeit, ja Kriege in unsere Welt gekommen seien. Dass Religionen dafür verantwortlich gemacht werden können und müssen, ist offensichtlich.
Doch ob das etwas mit Gott zu tun hat, steht für mich noch einmal auf einem anderen Blatt. Hier wird Gott, auch von Religionen beziehungsweise manchen ihrer Vertreter und Repräsentanten, für etwas vereinnahmt, was mit Gott nichts zu tun hat.
    An dieser Stelle wird für
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