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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann?
Autoren: Anna Malou
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erfahre so, dass sie sich auskennen, weil sie diese Strecke bereits mehrmals zurückgelegt haben. Es ist ganz einfach: Vor dem Flughafen steht der Bus, der mich nach circa fünfzehn Minuten Fahrzeit zum Busbahnhof im Zentrum von Bilbao befördert. Von da aus geht es mit circa eineinhalb Stunden Fahrzeit gegen 18.00 Uhr mit einem anderen Bus nach Pamplona weiter. Super! Ursprünglich hatte ich geplant, die erste Nacht in Bilbao zu bleiben, um dann am 2. Tag bis Pamplona zu fahren. Da das nun sofort und am ersten Tag möglich ist, ändere ich meine ursprüngliche Planung.
    Mit weiteren Pilgern warte ich zusammen an der Haltestelle, und auch hier kommen wir ins Gespräch. Eine junge Frau mit schwarzen, kurzen Haaren, so um die dreißig, erzählt, dass sie ihren zweijährigen Sohn bei ihrem Mann zu Hause gelassen hat. Ihr Mann unterstützt ihre Unternehmung, fördert sie, und sie selbst liebt Erfahrungen im grenzwertigen Bereich. Sie sei absolut gespannt auf diese kommenden Erfahrungen und auch sie fühle sich gut vorbereitet.
    Schließlich kommt der Bus, und ich steige zusammen mit den anderen Pilgern ein. Vor mir, links und rechts, sitzen je zwei Pilgerpärchen, die sich während der ganzen eineinhalb Stunden Fahrt lautstark unterhalten. Besonders die Frau vor mir — hellblonde Haare, grell geschminkt und auffällig zurechtgemacht — fällt mir auf, weil sie eine hohe, schrille, laute Stimme hat und auch ständig von ihr Gebrauch macht. Es gibt keine Aussage ihres Begleiters oder des offensichtlich befreundeten Paares, die sie nicht kommentiert. Eigentlich redet nur sie, ständig, monoton, gleichförmig und unangenehm schrill.
    Ich sitze dahinter, fast schweigend und höre und sehe mir das Schauspiel an. Mich befällt das blanke Entsetzen bei der Vorstellung, dass alle Pilger so sein könnten wie diese unangenehme Frau. Ich schweige, leide und versuche die Zeit der ungeliebten Kommentare zu allem und jedem zu ertragen. So allmählich — merke ich — ist auch ihr Begleiter von ihr genervt, denn seine Antworten werden bissig und sparsam. Die große Wortführerin jedoch merkt nichts, plappert unbeschwert weiter und kümmert sich nicht um ihre Begleiter, denn ihr geht es offensichtlich gut. Mein Adrenalinspiegel steigt nach diesem langen und anstrengenden Tag, doch ich schaffe es wirklich, nicht in das Gespräch von Plappermäulchen hineinzureden. Stattdessen versuche ich mich auf die schöne Landschaft, kleine Berge, grüne Wiesen zu konzentrieren. Und schließlich vergeht die Zeit, und wir erreichen gemeinsam Pamplona.
    Zügig versuche ich, von dieser mir unangenehmen Gruppe Abstand zu gewinnen und laufe vom Busbahnhof Richtung Altstadt. Alles ist gepflastert, sodass ich meinen Koffer problemlos rollen kann. In dieser Zeit muss ich zweimal Passanten fragen, um den Weg in die Altstadt zu finden. Nach circa fünfzehn Minuten erreiche ich die Straße, in der sich mein im Nordspanienführer genanntes hostal befindet. Und auf einmal stehe ich mitten in der Altstadt und kann zwischen mehreren dort befindlichen Pensionen wählen. Ich sehe mir zwei an, muss mit meinem Gepäck viele Treppenstufen steigen und entscheide mich schließlich für die dritte Pension, die zwar altertümlich und teuer, aber wenigstens sauber ist.
    Inzwischen ist es 19.30 Uhr und ich bin angekommen, verwirrt, müde und überfordert. Dennoch gehe ich nach einer kurzen Pause wieder nach draußen, um etwas zu essen. Die Luft ist lau, ich sehe die letzten Sonnenstrahlen und stehe nach zwei Minuten mitten auf dem Marktplatz. Buden sind hier aufgebaut und offensichtlich laufen dort alle Spanier Pamplonas mit ihren Familien entlang.
    Um den riesigen, quadratischen Marktplatz herum befinden sich hohe Häuserzeilen, schön gestrichen, mit schmiedeeisernen Gittern vor den Balkonen, mit Blumen geschmückt. Ein sommerlich freundlicher Anblick, der mir sofort gefällt. Meine Müdigkeit ist wie weggeblasen, ich habe Urlaub, und das Abenteuer kann beginnen. Was für ein wundervoller Moment! Also sitze ich im Straßencafé in der untergehenden Sonne, esse eine Kleinigkeit, betrachte das wuselige Treiben um mich herum und fühle mich nur wohl. Was für eine Stadt, was für ein Land! Ich genieße diese schöne Atmosphäre, freue mich an dem lauen Abend und komme so allmählich wirklich an. Das Leben ist schön! Und ich habe wundervolle vier Wochen — hart erkämpft — vor mir. Das ist für mich Grund genug, restlos zufrieden zu sein, voller Erwartung und
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