Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann?
Autoren: Anna Malou
Vom Netzwerk:
Bewunderung mit dabei, einige fangen an, darüber nachzudenken, wie sie sich selber in einer solchen Situation fühlen würden. Aber allen ist eines gemein: Sie sind irritiert. Warum eigentlich? Ich will nicht mit eigener Schwerkraft zum Mars fliegen, sondern als verheiratete Frau, Mitte Fünfzig, allein für circa vier Wochen nach Spanien reisen, um dort zu wandern. Dazu hatte auch eine Freundin gefragt, ob ich mir das Gepäck jeweils zum nächsten Ort bringen lasse. Wäre ja schön, wenn man so einen Butler hätte.... Aber davon bin ich sicher weit entfernt. Laufen in unserer Zeit und dazu noch viele hundert Kilometer, das ist schon merkwürdig, wo heute doch jeder, wenn er nur einen Liter Milch holen will, das Auto benötigt. Merkwürdig, merkwürdig, das ist zum Teil die unterschwellige Meinung, die indirekt überall durchklingt, jedoch kaum einmal offen geäußert wird.
    Meine Kinder imponieren mir in diesem Zusammenhang unglaublich. Meine Söhne, beide vom Reisefieber gepackt, zeigen das meiste Verständnis. Der Jüngste, fast achtzehn Jahre alt, wünscht mir beim Verabschieden viele schöne Erlebnisse, sodass ich ganz gerührt zusehen muss, dass ich aus seinem Zimmer komme. Mein ältester Sohn, bereits wander- und reiseerprobt, versorgt mich seit Wochen mit guten Tipps, Literaturvorschlägen und Verhaltenshinweisen. Ich merke, dass er Angst um mich hat, und so ist unser letztes Telefonat lang und liebevoll, und ich versichere meinem Sohn, dass ich schon über zwölf Jahre alt bin. In diesem Zusammenhang wird mir seit langem wieder bewusst, wie sehr Eltern ihre Kinder nerven können, doch es geht auch umgekehrt.
    Meine Tochter hält sich bedeckt, zwar interessiert, aber zurückhaltend. Ich kann das Gefühl nicht loswerden, dass sie die Veränderungen, die in letzter Zeit bei ihrer Mutter vorgehen, zunehmend unheimlich oder zumindest Besorgnis erregend findet. Dennoch begleitet auch sie mich liebevoll mit Abschiedsbesuch und Wiedersehens-SMS, was mich sehr zufrieden stimmt.
    In den letzten beiden Nächten zu Hause schlafe ich unruhig, träume viel und bin dauernd wach, morgens demnach müde und unausgeschlafen. Es wird Zeit, dass das »Warten auf Godot« ein Ende nimmt.

Reiseverlauf

1. Tag:
    Anreise Hamburg — Bilbao, Bus bis Pamplona, 5. Juni

    Es geht los! Mit gemischten Gefühlen und vielleicht gar nicht so froh wie erwartet begebe ich mich auf die Reise. Der Blick zurück, der meiner Familie und vor allem meinem jüngsten Sohn gilt, ist voll von Trauer und Angst, denn in den nächsten Wochen müssen wir alle ohne einander auskommen. In der Hoffnung, dass alles gut gehen möge, versuche ich krampfhaft nach vorne zu schauen. Sicher, ich fühle mich gut vorbereitet, doch wissen die anderen das auch?
    Wehmut klingt durch, jetzt schon. Ist Abenteuerlust das alles wert? Ein Ausbrechen aus dem Alltagstrott ist auch immer mit schmerzlichen Konsequenzen verbunden, zumal keiner zurzeit so recht weiß, was die kommenden Wochen bringen werden.
    Die Anreise mit dem Zug verläuft problemlos bis Hamburg-Hauptbahnhof, Flughafenbus, Flug von Hamburg bis Bilbao. Umsteigen muss ich in Palma de Mallorca. Auffällig sind für mich die Sicherheitskontrollen, bei denen ich dieses Mal sogar meine klobigen Wanderschuhe mit dicker Sohle ausziehen muss, damit sie mit auf dem Laufband liegen, um durchleuchtet zu werden. Das ist auch für mich eine völlig neue Erfahrung, in Socken vor meinem Gepäck zu stehen. Zum Glück bin ich Flug erfahren und habe mein großes Gepäck — Rucksack im Koffer — schon in Hamburg aufgeben können, sodass ich mich in Palma beim Umsteigen nur mit meinem Handgepäck beschäftigen muss. Um zu verhindern, dass mein Rucksack auf dem Transportweg Schaden nimmt oder mir eventuell sogar Teile des Inhaltes, die ich für meine Reise dringend benötige, fehlen, habe ich mich zu Hause entschlossen, einen alten Koffer zu opfern, der dann nach dem Hinflug wohl oder übel in Spanien zurückbleiben muss.
    Die Umsteigeaktion dauert gut eine Stunde, die ich mir mit einem Cappuccino verkürze. Der Weiterflug, der glücklicherweise ohne erneute Sicherheitskontrollen möglich ist, gestaltet sich problemlos, und um 16.30 Uhr lande ich in Bilbao. Während der Wartezeit auf meinen Koffer komme ich mit anderen Deutschen, die weitere deutsche Pilger kennengelernt haben, ins Gespräch, und so erfahre ich, dass die anderen auch nach Pamplona wollen.
    Nach dieser Information stelle ich zu den anderen Pilgern Kontakt her und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher