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Wenn Frauen kochen

Wenn Frauen kochen

Titel: Wenn Frauen kochen
Autoren: Kate Jacobs
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du es wirklich brauchst. Die Sache war nur: Gus meinte immer, es wirklich zu brauchen.

    Aber an dem Abend, als Alan Holt zum Essen kam, hätte es sogar ihre Großmutter gebilligt, dass der Tisch festlich gedeckt wurde, bereit für ein köstliches Essen, das in der Küche vor sich hin köchelte. Spargelcremesuppe, Lammcarré mit Kräuterjus. Geröstete Babykartoffeln. Frisches, knuspriges Brot, das sie selbst gebacken hatte. Sie legte einen nassen Ziegelstein in den Backofen, um Dampf zu erzeugen (diesen Trick hatte sie aus der abgegriffenen Ausgabe von Julia Childs Mastering the Art of French Cooking , Band 2). Und als krö nenden Abschluss würde es eine üppige Tarte financière mit Himbeersorbet geben.
    Das Dinner sollte köstlich sein. Und gastlich. Und einladend. Schließlich passierte es nicht alle Tage, dass der Programmdirektor des CookingChannel zum Dinner kam, und die Aussicht auf eine vielversprechende Zukunft in der Luft hing.
    »Mom? Der Tisch?«, hatte Sabrina sie aus ihren Gedanken gerissen.
    Ach ja, der Tisch. Sabrinas Stein- und Federarrangement war der einzige Missklang in einem perfekten Bild.
    Gus hatte bereits den Mund geöffnet, um Sabrina aufzufordern, die störenden Utensilien verschwinden zu lassen und nach oben zu gehen, um sich etwas Anständiges anzuziehen. Gus brauchte keinen Spiegel, um zu wissen, wie sie jetzt aussah. Sie spürte ihren missbilligenden Blick und die gerunzelte Stirn. Wie viele Male hatte sie Sabrina und Aimee schon ermahnt? Zieh dich um, stell die Musik leiser, räum dein Zimmer auf, lass die nassen Handtücher nicht auf dem Boden liegen. Wie alle Mütter von Teenagern hatte auch sie gespürt, wie sie sich zunehmend in ein wandelndes Klischee verwandelte. Kleinigkeiten, die ihr banal und spießig vorgekommen waren, als sie selbst noch jung war, hatten sich zu Angelegenheiten von
enormer Tragweite ausgewachsen. Sie schaltete das Licht aus, wenn sie aus dem Zimmer ging. Wenn ihr kalt wurde, drehte sie nicht die Heizung hoch, sondern zog eine Strickjacke über. Auf dem Couchtisch benutzte sie Untersetzer. Sie verwertete Essensreste. Sie hatte sich verändert. Warum? Weil sie auf einmal Rechnungen zu bezahlen hatte. Plötzlich war jede Kleinigkeit wichtig geworden.
    Gerade die Details waren entscheidend. Erst recht die Tischdekoration. Sie musste einfach perfekt sein.
    Aber dann sah sie den erwartungsvollen Gesichtsausdruck ihrer Tochter. Die großen Augen, den leicht geöffneten Mund, gerade weit genug, dass man die Zahnspange sehen konnte. Gus spürte plötzlich einen Kloß im Hals. Sie hatte angenommen, dass Sabrina mit dieser Tischdekoration zeigen wollte, wie egal ihr die Karriere ihrer Mutter war. Aber nun sah es ganz so aus, als hatte sie tatsächlich helfen wollen?
    In dem Moment kam Aimee ins Zimmer geschlurft, zweifellos alarmiert durch den Radar, über den anscheinend alle Kinder verfügen. Es war so eine Art siebter Sinn - oder eine Hoffnung -, dass das Geschwisterkind soeben in Schwierigkeiten geriet. Woran lag es nur, dass Familien nach außen zusammenhalten, aber aufeinander losgehen, sobald sie unter sich sind? Dünner und fünf Zentimeter größer als Sabrina, den hellbraunen Pony mit Kool-Aid pink gefärbt, grinste die fünfzehnjährige Aimee schadenfroh, als sie sah, wie ihre Mutter missbilligend den Tisch betrachtete.
    »Hübsch!«, sagte Aimee, starrte ihre Schwester an und wies auf das Arrangement. »Mom wird das so was von in die Tonne treten. Das sieht wirklich übel aus. Und bei Gus Simp son gibt es nichts, das nicht perfekt ist. Nicht wahr, Mom?« Dann verlagerte Aimee ihr ganzes Gewicht auf eine Hüfte, als wäre es zu anstrengend, gerade zu stehen. Sie wartete.

    Sabrina wartete auch.
    Gus zögerte. Noch kämpfte ihre mütterliche Seite mit ihren Karriereambitionen.
    »Ich finde Sabrinas Arrangement sehr hübsch«, erklärte sie schließlich. »Es ist modern und elegant. Es bleibt auf dem Tisch.«
    Aimee verdrehte die Augen.
    »Halt die Klappe, Aimee, das ist Karma-Design«, fauchte Sabrina.
    »Ich glaube, du meinst Zen, Schatz.« Gus lächelte, und Sabrina strahlte übers ganze Gesicht, die Zahnspange blitzte zwischen ihren Lippen hervor und die großen blauen Augen leuchteten. Es war die richtige Entscheidung, wenn sich Gus auch der Magen zusammenzog, als sich Alan Holt mit fragendem Blick an den Tisch setzte. Aber Gus entschuldigte sich nicht etwa, da ihr sehr wohl bewusst war, dass Sabrina auf jedes ihrer Worte achtete, sondern lobte die
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