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Wenn Frauen kochen

Wenn Frauen kochen

Titel: Wenn Frauen kochen
Autoren: Kate Jacobs
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ein unglaublich winziges Handy. Sie wusste, wie man eine SMS verschickte, und an Halloween verkleidete sie sich nach wie vor, um Süßigkeiten an die Kinder zu verteilen. Doch all das genügte noch lange nicht, um sich das Alter vom Leibe zu halten. Verdammt!
    Neunundvierzig zu werden hatte etwas Flottes an sich gehabt, fünfzig hörte sich dagegen an, als sollte sie sich ein Paar Gesundheitsschuhe zulegen.
    »Wie soll man sich heutzutage mit fünfzig verhalten?«, hatte sie Porter gefragt, der ein paar Jahre älter war als sie. »Meine Mutter hatte sich in dem Alter schon in ihre Rolle als Großmutter eingefunden. Aber heute bekommen die Frauen mit fünfzig noch Kinder - Babys, Porter!«
    »Willst du noch ein Kind, Gus?«, scherzte er.
    »Nein! Aber ich komme mir vor, als säße ich zwischen den Stühlen - zwischen einer Zahl auf einem Blatt Papier und dem, wie ich mich fühle«, antwortete Gus. »Wusstest du eigentlich, dass die Frauen in den besten Jahren heute nicht mehr die in den Dreißigern sind, sondern die in den Fünfzigern? Und sie sind immer noch jung. Was ist denn mit Michelle Pfeiffer? Meryl Streep? Jane Seymour? Oprah? Die sagen, fünfzig ist heutzutage wie früher dreißig.«
    »Dann mach dich doch einfach mal locker«, riet Porter ihr. »Du siehst großartig aus.«
    »Und doch ist es ein Thema«, gestand Gus. »Ich habe Falten.
Richtige Falten, und nicht diese Fältchen, über die ich mich beschwert habe, als ich vierzig wurde. Ich denke gern an meinen vierzigsten Geburtstag. Und ich begreife es einfach nicht. Wie konnte es so weit kommen?«
    »Du meinst: Wo ist die Zeit geblieben?«
    »Genau. Wo ist die Zeit geblieben ?«, fragte Gus. »Und wo ist die verdammte Stopptaste?«
    Kein Wunder also, dass sie sich nicht rechtzeitig um ihre Geburtstagsparty kümmerte. Das Aufschieben war so leicht gewesen. In den Vorjahren hatte sie direkt nach Thanksgiving mit der Planung begonnen, als Erstes die Geschmacksrichtung der Torte festgelegt, dann das Menü zusammengestellt und offizielle Einladungen per Post verschickt. (Gus Simpson schätzte keine E-Mail-Einladungen. Es waren die entscheidenden Kleinigkeiten, die dafür sorgten, dass Gäste sich willkommen fühlten, und das wusste Gus.) Sie konnte einen einzelnen Gegenstand oder ein Thema nehmen - einen Granatapfel, eine Orchidee, die Farbe Braunrot - und das ganze Fest darauf ausrichten. Zu dekorieren und andere zu bewirten war für sie selbstverständlich. So selbstverständlich, dass sie annahm, jeder könnte Petersilie über ein Gericht streuen, ohne dass es aussah wie eine Explosion in Grün.
    Aber nicht dieses Mal; nicht dieses Jahr. Plötzlich erschien es ihr zu mühsam: Gus Simpson, eines der beliebtesten Unterhaltungsidole im Fernsehen, wollte keine Party geben. Am liebsten hätte sie diesen Geburtstag gestrichen.
    Sie schenkte sich aus ihrer Cafetière starken, nach Haselnuss duftenden Kaffee ein. Vorsichtig trug sie ihre Keramiktasse zur Frühstückstheke aus dunklem Granit und schwang sich auf einen der hohen Navy Chairs. Gus trank ein Schlückchen - es war mehr ein Schlürfen (außer ihr war ja niemand da), um sich nicht die Zunge zu verbrennen - und schnappte
sich die New York Times. Vielleicht würde das ihre mise rable Laune vertreiben. Da aber Montag war, blätterte sie aus alter Gewohnheit zu den Medienberichten. Prompt stolperte sie direkt auf der ersten Seite über einen Artikel.
    »Die neuen Gesichter beim Kochfernsehen«, las Gus laut und verspürte sofort ein mulmiges Gefühl. »Gutes Essen ist hip, und die junge Riege der Fernsehköche sieht genauso appetitlich aus wie ihre kulinarischen Kreationen.«
    Gus presste die Zähne zusammen, wie sie es immer tat, wenn sie angespannt war, und betrachtete das riesige Foto mit all den aufstrebenden Jungstars des Kochfernsehens: Da war dieser junge Surfer, der immer in Shorts herumlief und kaum alt genug aussah, um aufs College zu gehen, die junge Hausfrau aus dem Mittleren Westen, die nur Gerichte mit maximal sechs Zutaten kochte, und die blutjunge Miss Spanien, deren Werbung für Oliven man sich auf YouTube ansehen konnte. Doch damit nicht genug musste Gus lesen, dass Miss Spanien im Internet ihre eigene, zehnminütige Webshow Geschmacksboom zum herunterladen anbot. Und zu allem Überfluss hatte sie sogar ein dünnes Kochbuch herausgegeben, das pünktlich zu den Feiertagen wenige Wochen zuvor erschienen und bereits ein Verkaufsschlager war. Der Bericht ging auf Seite zwei des Medienteils weiter,
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