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Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Titel: Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter
Autoren: Tara Hudson
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mich?«
    » Wir verspüren keinerlei Verlangen, unser Zuhause zu verlassen, um derlei Aufgaben zu erledigen – wir haben dort alles, was wir brauchen. Alles für unser Wohlergehen.« Er schenkte mir ein kleines, unheimliches Grinsen und fuhr dann fort: » Wir lassen uns nicht dazu herab, hier hochzukommen, es sei denn, wir müssen etwas Außergewöhnliches tun. Etwa bestrafen. Oder einsammeln.«
    Bei dem Wort » einsammeln« legte er den Kopf schräg und musterte mich erneut. Schätzte zweifellos mich und meinen Nutzen für ihn ab.
    Ich versuchte bei dem Gedanken, so jemandem zu dienen, nicht zu würgen. Nein, nicht jemandem – etwas. Irgendeinem Dämon, dessen war ich mir sicher.
    Ich musste von ihm fortkommen. Auf der Stelle.
    Doch selbst wenn diese dunklen Geschöpfe kein Verlangen verspürten, mir aus dieser Welt zu folgen, hatte ich keine Ahnung, wie ich sie verlassen sollte. Etwas sagte mir, dass dieser Mann – dieses Geschöpf – mich nicht einfach gewissermaßen auf den Ausgang zuschlendern lassen würde.
    Ich versuchte, Zeit zu schinden, versuchte, mir einen Ausweg aus dieser Situation einfallen zu lassen. Mit bebender Stimme fragte ich: » Warum müsst ihr eure Welt überhaupt bevölkern? Wenn ihr alles, was ihr braucht, in eurem … Zuhause … habt?«
    Der Mann bedachte mich mit einem verächtlichen Lächeln. » Du glaubt doch nicht wirklich, dass das Leben nach dem Tod so funktioniert, oder? Hat man dir das über das ganze kosmische Spiel beigebracht: dass Himmel und Hölle sich einfach zurücklehnen und abwarten?«
    Bei diesen beiden Worten, die so stark mit Bedeutung und Mythos aufgeladen waren, erzitterte ich schließlich doch. Ich war mir sicher, dass ich im Moment nicht über einem Eingang zum Himmel stand.
    » Und ihr wollt also … was machen?«, fragte ich. » Das Spiel gewinnen?«
    » Ja«, sagte er, und sein Lächeln wurde breiter, bis seine Zähne unnatürlich scharf und hell aussahen, wie eine Reihe Messer. » Meine Seite will gewinnen. Und du wirst uns dabei helfen.«
    Auf einmal glitzerten seine Augen, und in ihnen tanzte ein kaltes, seelenloses Leuchten, während sein Blick meinen Körper hinauf- und hinabwanderte. Die Begutachtung jagte mir einen eiskalten Schauder über den Rücken – einen tatsächlichen Schauder, bei dem ich eine Gänsehaut an den Armen bekam.
    Als spüre mein Licht die Gefahr, in der ich schwebte, wurde es unvermittelt heller, loderte mit meiner Angst auf und schien dem Mann entgegen, als wolle es mich beschützen. Der Glanz spiegelte sich in den dunklen Tiefen seiner Augen und den glitzernden Kanten seiner Zähne.
    Die ganze Unterwelt musste meine Angst gespürt haben, denn die Straße unter uns ächzte, während sie weiter entzweibrach, genau hinter der Stelle, an der der Mann stand. Im Gegensatz zu Eli reagierte der dunkle Mann jedoch nicht voller Angst auf das Schauspiel. Sein Blick huschte zu der beschädigten Fahrbahn und dann zurück zu dem Licht, das mich vor ihm schützte. Als er mir wieder in die Augen sah, sah er zufrieden aus – nein, außer sich vor Freude – angesichts dessen, was ich tun konnte.
    Er machte einen Schritt auf mich zu, dann noch einen. Seine Augen weiteten sich voll manischer Erregung, und er streckte seine blasse Hand nach mir aus. Zweifellos, um mich zu packen und mit sich in die Dunkelheit zu reißen. Um mich für immer hierzubehalten.
    Mein Blick schoss zum Rand des Unterweltwaldes, wo vielleicht mein Vater gefangen war und sich mit all den anderen verdammten Seelen hin und her bewegte. Mein Blick verweilte einen kurzen Moment voll Bedauern dort, und dann schloss ich fest die Augen.
    » Mich dematerialisieren«, flüsterte ich verzweifelt.
    Die Brücke ächzte erneut unter meinen Füßen. Dann, ein wenig leiser, vernahm ich das Zischen von sich an mir vorüberbewegender Luft.
    Ich schlug die Augen auf. Zuerst sah ich nichts außer dem blendenden weißen Licht. Doch als es verblasste, nahm ich die schwachen Umrisse meiner Umgebung wahr. Meine Sicht wurde zunehmend klarer, und ich sah mich fieberhaft suchend um. Doch ich erblickte keinen dämonischen Mann, keine glitzernde Unterwelt. Bloß das verbogene Metall und den aufgebrochenen Asphalt der echten High Bridge.
    Ich starrte den schwarzen Flecken Luft an, wo gerade eben noch der dunkle Mann gewesen war. Ich traute dieser Dunkelheit nicht. Noch glaubte ich nicht, dass sie leer war. Als mir jedoch klar wurde, dass er fort war – wirklich fort –, seufzte ich. Bei meinem Seufzen
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