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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst
Autoren: Jana Frey
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es wegen Wer die Nachtigall stört eilig, ich weiß. Also, ich hätte da eine Idee. Sag einfach, wenn du sie bescheuert findest.«
    Er deutete auf einen der vielen Abschlussballerinnerungsflyer, mit denen die gelblichen, abgeblätterten Wände unserer Highschool derzeit geradezu plakatiert waren. »Hast du schon einen – Abschlussballpartner für dieses verrückte Happening? Sonst würde ich mich anbieten. Ich habe so was noch nie mitgemacht, aber es wäre einen Versuch wert – und für irgendwas sollte diese Umquartierung ja gut sein, oder?«
    Wir schauten uns an, aber in diesem Moment öffnete sich mit einem Ruck die Tür zum Literaturraum und Mrs Baxendale schaute heraus.
    »Sky?«, fragte sie ungeduldig. »Sky Lovell? Worauf wartest du? Auf einen roten Teppich? Auf Salutschüsse? Beweg deinen Hintern gefälligst über die Schwelle. – Und Sie, mein junger Freund, sollten sicherlich auch längst in Ihrem Klassenzimmer sitzen. Ich denke, Rabbi Menkovitz hat sich nicht händeringend um einen Raum an unserer Highschool bemüht, damit seine Schüler auf den Gängen herumtrödeln und andere Schüler von der Arbeit abhalten.«
    Mrs Baxendale hat einen scharfen Ton, aber sie ist nicht wirklich böse und eine begnadete Shakespeare-Verehrerin und kann, angeblich, den ganzen Macbeth und den halben Sommernachtstraum auswendig mitsprechen.
    »Sky?«
    Gershons Stimme klang fragend und gleichzeitig unbeeindruckt im Bezug auf die Rüge meiner Literaturlehrerin.
    »Was?«, fragte ich und war schon im Begriff, in der Klasse zu verschwinden. Aber dann drehte ich mich noch mal nach Gershon um. Er schaute mich an.
    »Ja, gerne«, sagte ich, lächelte ihm zu und hatte Herzklopfen.

4. HANNAH
    »Fast Sonnenuntergang. Der Schabbat beginnt gleich«, sagte Sharoni und knipste meine kleine Lampe an, die in der hinteren Ecke meines Zimmers hing. Es war eine bunte Stofflampe, die Sharoni und ich vor ein paar Monaten auf einem Folklorebasar an einem türkischen Stand mitten in der Stadt gekauft hatten. In den Stoff hineingewebt waren viele winzige Spiegelstücke, in denen man sich Stück für Stück spiegeln konnte, wenn man vor der Lampe stand.
    »Hannah-und-Sharoni-in-Stücken«, sagte mein Bruder David dazu, wenn wir sie in seiner Gegenwart einschalteten.
    Für Esther und jetzt auch für ihn waren wir bereit, den Schabbat so zu feiern, wie es sich gehörte, was bedeutete, dass wir – solange Schabbat war – nicht Auto fuhren, nicht telefonierten und keinen Lichtschalter betätigten. David und Esther entzündeten in dieser Zeit die zwei dafür vorgesehenen Schabbat kerzen in ihren Zimmern, Schamor und Sachor – Gedenke und Halte. Aber wir übrigen knipsten der Einfachheit halber kurz vor Sonnenuntergang eine kleine Lampe an und ließen sie bis zum Ende des Schabbats am Samstagabend durchbrennen. Viele unserer Freunde und Bekannte machten es so.
    Aber wir benutzten das Telefon während des Schabbats, wenn es unumgänglich war. Und ab und zu fuhr meine Mutter auch mit dem Auto, aber nur, wenn es wirklich nötig war, wie damals, als Jonathan zum ersten Mal ins Krankenhaus musste. Mein kleiner Bruder hat eine Stoffwechselstörung und ist deswegen oft krank.
    »Sie rufen schon nach uns«, sagte Shar, schaltete meine CD-Anlage aus und stopfte ihre Schulsachen in ihren Rucksack. Dann machten wir uns auf den Weg nach unten. In der Diele begegnete uns mein Vater.
    »Na, Augenstern, ist es schon wieder so weit? Sonnenuntergang?«, sagte er und lächelte uns zu. »Hallo, Shar.«
    »Hi, Mr Greenberg«, antwortete Sharoni und ihre bunt gefärbten Haare klimperten leise, während sie die Treppe hinunterstieg.
    »Feierst du den Schabbe s mit uns?«
    Sharoni nickte. »Meine Eltern sind über das Wochenende zu meinem Bruder nach Brooklyn geflogen. Aber ich wollte lieber bei Hannah bleiben. Wir müssen für die Matheklausur am Dienstag lernen. Und außerdem eine Menge Spaß haben, wie immer.«
    Mein Vater fuhr sich durch die immer dünner werdenden Haare. Ich weiß, er fürchtet sich vor einer Glatze, er ist familiär vorbelastet. Sein Vater hatte schon früh eine Glatze.
    »Den werdet ihr haben, ich bin mir sicher«, sagte er und lächelte uns zu. »Ich arbeite derzeit an einer ganz wundervollen Geige«, fuhr er fort und seine Augen leuchteten dabei. »Kommt morgen in meine Werkstatt. Ich zeige sie euch, und wenn sie fertig ist, darfst du sie zuerst spielen, Augenstern, versprochen.«
    »Dad, es ist Schabbat! Da hast du in der Werkstatt nichts zu
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