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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst
Autoren: Jana Frey
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sollte ich sagen, deiner Urgroßmutter? – Oder unserer Urgroßmutter?«
    Plötzlich musste sie lachen.
    Ich lächelte stumm und wünschte mir, Kendra wäre da. Aber Kendras alte Kinderzeitkatze Upsydaisy war gestern vergiftet worden und gestorben und Kendra, die – laut ihrer Mutter – die halbe Nacht geweint und gewütet hatte, lag jetzt mit Migränekopfschmerzen in Plastikwelt im Bett und verschlief den Tag.
    »Wie auch immer«, fuhr Hannah fort. »Esther ist schon sehr alt – und in der letzten Zeit ist sie irgendwie bekümmert, traurig – so was in der Art. Und jetzt will sie dich gerne sehen. ›So schnell es geht‹, sagt sie. So ist sie eben. Sie ist in vielen Dingen anders als andere alte Leute. ›Verdreht‹, sagt mein Bruder David immer.«
    Das erinnerte mich an Old Niall und der Gedanke, dass er tot war und nie mehr anrufen und sich über irgendetwas aufregen würde, versetzte mir einen schmerzhaften Stich.
    »Wie ist es, hast du Zeit – und Lust, uns zu besuchen? Meine Eltern und meinen kleinen Bruder kennst du ja schon …«
    In diesem Moment piepste mein Handy. Ein Lebenszeichen von Moon? Ich angelte mir vom Boden aus, wo ich im Schneidersitz auf Rosies Yogamatte saß, mit zitternden Fingern hoffnungsvoll mein Sony Ericsson von der Kommode.
    Tatsächlich, ein Lebenszeichen von Moon! Ich atmete auf.
    Habe dich auch wahnsinnig lieb!, schrieb er. Das war ja Teil meines Problems. Komme aber allmählich wieder damit klar. Werde dich immer wahnsinnig lieben, und das ist okay so.
    »Bist du noch da, Sky?«, erkundigte sich Hannah.
    »Oh, sorry. Ja, klar«, sagte ich schnell. »Mein Bruder, der zurzeit in Deutschland ist und sich ein paar Tage nicht gemeldet hat, hat gerade geschrieben. Da war ich abgelenkt.«
    »Geht es ihm denn gut?«, fragte Hannah.
    »Ich denke schon«, antwortete ich.
    »Da bin ich aber froh«, sagte Hannah. »Wenn David so einfach verschwinden würde, wäre ich auch fix und fertig. – Also, kommst du?«
    Wann würden eigentlich Rosie und Hannah sich zum ersten Mal begegnen, schoss es mir durch den Kopf, als ich sah, wie meine Mutter in unsere Einfahrt einbog.
    »Mit wem sprichst du? Mit Kendra? Grüß sie und sag ihr, dass es mir wahnsinnig leidtut, was mit Upsydaisy passiert ist …«, keuchte Rosie, die mit zwei Farbeimern beladen durch die Diele stolperte.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Wer ist es dann? Gershon, der Gute?«
    Ich seufzte. »Einen Moment bitte, Hannah«, sagte ich. »Es ist Hannah, Mom. Hannah Greenberg …«
    Rosie ließ die Eimer sinken und wir sahen uns an.
    »Oh«, sagte Rosie dann mit dünner Stimme. »Grüß sie von mir, Sky. Und lad sie ein. Wir können ein Picknick in den Bergen machen. Mit meinem Klangschalenkurs habe ich ein paar schöne Stellen entdeckt. Wir könnten Godot mitnehmen und Gemüsespieße grillen. Oder was sie will …«
    »Sky?«, fragte Hannah, um sich in Erinnerung zu bringen.
    »Ich komme, wann immer du willst«, sagte ich zu ihr.
    Sie hat mich eingeladen, formte ich tonlos mit den Lippen in Rosies Richtung.
    »Das … das freut mich«, sagte meine Mom und wischte sich die verschwitzen hellen Haare aus der ebenfalls verschwitzten Stirn.
    Plötzlich wurde mir klar, dass dieses Zimmer das Erste sein würde, was Rosie selbstständig in unserem Haus veränderte. Ohne Leeks Hilfe, ohne seinen Einsatz, ohne seine Anleitung.
    Und ich hatte ihr versprochen, dabei zu helfen.
    »Heute geht es aber noch nicht«, sagte ich darum schnell. »Meine Mom und ich streichen ein Zimmer im Obergeschoss.« Das klang richtig gut, fand ich. »Aber morgen könnte ich kommen.«
    »Prima«, sagte Hannah erfreut.
    Dann legten wir auf.
    Ich schaute wieder auf mein Handy.
    Grüß Rosie und Leek von mir. Mit diesen Worten schloss Moons Handynachricht.
    Moon ließ Leek grüßen? Das klang ebenfalls gut. Wirklich gut.
    »Moon schickt dir Grüße, Mom«, sagte ich und deutete auf mein Handy. »Und Leek auch. Richtest du es ihm aus, falls ich es vergesse?«
    Rosie nickte, aber sie war nicht ganz bei der Sache. Hannahs Anruf hatte sie wohl etwas aus dem Gleichgewicht gebracht. Ich schaute ihr dabei zu, wie sie Bob Marley auflegte und sich einen Joint drehte. Dennoch strichen wir bis zum Abend das Dachzimmer fertig.
    »Biofarbe«, erklärte Rosie.
    Ich lächelte ihr zu. »Sky, glaubst du – Hannah wird mich okay finden? Erträglich?« Ihre Stimme hatte wieder den dünnen Klang, der ihre innere Unruhe verriet. »Delia Greenberg hat mich in der Zwischenzeit ein paar Mal
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