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Wenn die Eltern alt werden

Wenn die Eltern alt werden

Titel: Wenn die Eltern alt werden
Autoren: Kai Dietrich
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Umgebung. So sind Ärzte immer verpflichtet, ihrem Eid zu folgen. Und das heißt: alles zu tun, was das Sterben verhindert.
    Mit einer Patientenverfügung – auch Patiententestament genannt – können Sie festlegen, mit welchen ärztlichen Maßnahmen Sie im Zustand der Entscheidungsunfähigkeit einverstanden sind und mit welchen nicht. Die Patientenverfügung richtet sich also in erster Linie an den Arzt.
Der »mutmaßliche Wille«
    Ohne eine solche Verfügung und ohne einen Bevollmächtigten müsste der Arzt nach dem »mutmaßlichen Willen« des Patienten handeln. Der »mutmaßliche« Wille muss dabei im Sinne des § 1901a Abs.2 BGB ermittelt werden. Wichtige Anhaltspunkte dafür sind
frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen,
religiöse und/oder ethische Überzeugungen oder auch
weitere Wertvorstellungen.
    Dazu müssen auch nahe Angehörige und sonstige Vertrauenspersonen gehört werden. Im Zweifel entscheidet sich der Arzt für lebensverlängernde Maßnahmen, wenn der Patient im Koma liegt. Doch würde dieser das wirklich wollen? Um das klarzustellen, kann eine Patientenverfügung helfen.
Mehr Verbindlichkeit durch neues Gesetz
    Die neuen gesetzlichen Regelungen zur Patientenverfügung sind am 1. September 2009 in Kraft getreten. Damit war eine jahrelange Diskussion, die auch quer durch alle im Bundestag vertretenen Parteien ging, erst einmal beendet.
    WISO -Tipp
    Denken Sie daran, dass Sie nahe Angehörige, insbesondere Ihren Partner und Ihre Kinder, vorher vom Inhalt der Patientenverfügung in Kenntnis setzen! Vor allem dann, wenn Sie für bestimmte Situationen oder Erkrankungen lebenserhaltende Maßnahmen ablehnen.
    Meilensteine in dieser Diskussion waren zwei BGH-Urteile vom 17. 3. 2003 (Az.: XII ZB 203) und vom 8. 6. 2005 (Az.: XII ZR 177/03). Im ersten Fall ging es darum, dass das Gericht feststellte, dass bei einem unumkehrbar tödlichen Krankheitsverlauf lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben müssten, wenn dies dem ausdrücklichen Willen des Patienten entspricht. Diesen hatte er zuvor in einer Patientenverfügung geäußert. Im zweiten Fall wollte das Pflegeheim die künstliche Ernährung des Patienten mit Hinweis auf den Heimvertrag fortsetzen, obwohl Betreuer und Arzt diese beenden wollten. Das Gericht erkannte zugunsten des Betreuers und des Arztes. Für die Betroffenen bedeuten diese Urteile und das Gesetz vor allem: Wurde früher oft die Verbindlichkeit solcher Willensbekundungen angezweifelt, ist das Dokument für den Arzt beziehungsweise das Pflegeheim bindend, wenn das Ansinnen zulässig im Sinne des Gesetzes ist. Auch nahe Angehörige oder sonstige Vertrauenspersonen haben dann kein Vetorecht.
    Zulässig ist die Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen unabhängig von dem Stadium der Erkrankung und unabhängig von der Lebensphase des Betroffenen.
    Nicht zulässig ist jedoch das aktive Herbeiführen des Todes auf Wunsch – also aktive Sterbehilfe (dazu mehr am Ende dieses Kapitels).
    Andererseits ist eine Patientenverfügung nicht in jedem Falle bindend: Wenn es nämlich deutliche Zweifel gibt, ob der Patient aktuell noch das möchte, was in der Verfügung steht. Juristen sagen dann, dass die Festlegungen nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Beispiel: Die Patientenverfügung ist schon zehn oder zwanzig Jahre alt.
Patientenverfügung aktualisieren
    WISO -Tipp
    Denken Sie bei einer Patientenverfügung auch immer an eine Vorsorgevollmacht (Seite 15)! Damit stellen Sie sicher, wer ihre Patientenverfügung in Ihrem Sinne auslegt und durchsetzen kann! Gibt es keinen Bevollmächtigten, entscheidet ein gerichtlich eingesetzter Betreuer, wie die Patientenverfügung auszulegen ist.
    Um sicherzugehen, dass die Patientenverfügung nicht von irgendjemand angezweifelt wird, sollte sie regelmäßig aktualisiert werden. Wenn alles so bleiben soll wie bisher, reicht es, einfach noch einmal die Unterschrift unter das Dokument zu setzen, natürlich mit dem aktuellen Datum. Patientenverfügungen können vom Verfasser natürlich auch jederzeit formlos widerrufen werden.
    Achten Sie auf unmissverständliche Formulierungen
    Wie formuliert man eine Patientenverfügung? Am besten bedienen Sie sich eines vorformulierten Textes. Denn die Gefahr, Fehler zu machen, ist groß. Dazu gehören unpräzise Umschreibungen wie »menschenunwürdiges Dasein«, »unerträgliche Schmerzen« oder »Wegfall wichtiger Organe«, denn verschiedene Menschen und damit auch Ärzte verstehen darunter
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