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Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Titel: Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
Autoren: C. J. Lyons
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modernen Satellitenbilder haben mir natürlich auch geholfen.«
    Tatsächlich war sie sehr stolz auf ihre nicht unbedeutende Leistung. Indem sie einen ganz besonderen Bildverarbeitungsalgorithmus für die Auswertung der Satellitenaufnahmen eingesetzt hatte, war es ihr gelungen, ihre Theorie zu untermauern, nach der sich vor zwei Jahren durch ein Erdbeben ein Flusslauf verschoben hatte, und so Hinweise auf eine große Metallmenge nur wenige Kilometer vom Invierno-See entfernt freigelegt worden waren. Durch weitere Bildoptimierung und beim Abgleich mit historischen Bildern, die verdeutlichten, wie sich das Gelände über die Jahre hinweg verändert hatte, war ihr klar geworden, dass sie auf einen Mayatempel gestoßen war, den aufgrund seiner Lage tief im Dschungel niemand bislang entdeckt hatte. Bis jetzt.
    Sie wünschte bloß, sie hätte schon eher eine Möglichkeit gehabt, sich der Expedition des Professors anzuschließen. Sein Team hatte den ganzen letzten Monat damit verbracht, ihre Entdeckung zu erkunden und die Ausgrabung des Tempels vorzubereiten. Prescott hatte ihr über Skype fast täglich von den Fortschritten berichtet. Bislang hatte man zwar nur eine Straße gebaut, Gerätschaften antransportiert und mit der Vermessung des Geländes begonnen; dennoch wäre sie liebend gern von Anfang an dabei gewesen.
    Es hatte sie überrascht, wie schnell es dem Professor gelungen war, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen und alle für das Unternehmen erforderlichen Genehmigungen der guatemaltekischen Behörden zu bekommen. Ein weltberühmter Archäologe zu sein hatte eben viele Vorteile. Vielleicht würde sie eines Tages auch so einflussreich sein. Vorerst konnte sie sich schon glücklich schätzen, überhaupt dabei zu sein, wenn auch nur für zwei Wochen als freiwillige Mitarbeiterin.
    Davor hatte sie gefühlte tausend Nachweise und Formulare zusammentragen müssen: erst die Anmeldeformulare, dann Versicherungsnachweise, Belege über ihre Krankengeschichte, Verschwiegenheitserklärungen, Einverständniserklärungen, dass sie keinerlei Vergütung oder für die Universität anrechenbare Scheine erhalten würde, Reiselisten und noch eine Haftungsverzichtserklärung. Kein Wunder, dass Zigler alle Details seinem wissenschaftlichen Assistenten überließ – sie fragte sich, wie er in diesem bürokratischen Morast überhaupt jemals etwas fertigbrachte. Sollte der Professor mit ihrer Arbeit zufrieden sein, würde sie im Sommer allerdings ein richtiges Praktikum absolvieren können, das dann auch für ihr Studium zählte, wie ihr Prescott versprochen hatte. Wenngleich das noch mehr Papierkram bedeuten würde.
    Doch jetzt standen erst einmal zwei Wochen voller Abenteuer an, in denen sie so viel wie möglich an Wissen und Erfahrung von einer der größten Koryphäen ihres Fachgebiets aufsaugen würde.
    »Die berühmtesten Wissenschaftler haben über diesem Kodex gebrütet, seit er im Zweiten Weltkrieg aufgetaucht ist«, sagte Prescott. »Aber niemand vor dir kam auf die Idee, dass er auf den Invierno-See verweisen könnte. Geschweige denn, dass sich dort ein lange verschollener Tempel befindet. Wenn deine Theorie sich bewahrheitet, wird das eine größere Entdeckung als die des El-Diablo-Tempels durch die Brown University vergangenes Jahr.« El Diablo nannten Archäologen den Tempel des Sonnengottes der Maya, der lange verschollen gewesen war. Mit seinem hellroten Anstrich hatte er früher wohl weithin in der Sonne geleuchtet, ehe der Dschungel ihn dann vor tausend Jahren vollständig verschluckt hatte.
    Prescott unterbrach sich, drosselte den Motor und blickte in alle Spiegel. Sie drehte sich im Sitz um und schaute nach hinten. Die Straße war leer.
    Er fing ihren besorgten Blick auf und sagte: »Man kann nie vorsichtig genug sein.« Zum ersten Mal wirkte er ein klein wenig unsicher. »Meinst du wirklich, das Gold liegt dort?«
    »Oh, ja.« Maria musste ihre Begeisterung im Zaum halten, um professionell zu klingen. »Ich denke, es ist sehr wahrscheinlich. Wäre das nicht unglaublich aufregend, wenn es so wäre?«
    Sie verließen die breite Schnellstraße und fuhren tiefer in den Dschungel, hoch in die Ausläufer des Berges. Der Weg, so schmal, dass nur ein Fahrzeug Platz hatte, war matschig und mit Kies ausgelegt, aber nicht zu unwegsam. Sie erreichten eine Weggabelung, an der sich die Straße in zwei schlammige Pisten aufteilte, gerade noch breit genug für den Jeep. Prescott hielt den Wagen an und schaute erst in die
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