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Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor

Titel: Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor
Autoren: Mark Brandis
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ab."
    Der Bildschirm wurde dunkel, und damit wurde es auch dunkel im Zimmer. Ich tastete nach dem Lichtschalter. Einen Lichtschalter gab es nicht, wohl aber stieß ich auf ein vages Erinnern, daß ich mich im teuersten Hotel der Venus befand und nur mit den Fingern zu schnippen brauchte, um mir vorzukommen wie Gottvater, als er sprach: Es werde Licht. Ich schnippte, und das Licht ging tatsächlich an.
    Ich stand auf, schaukelte ins Badezimmer und stellte mich unter die Dusche. In der Verfassung, in der ich war, konnte ich unmöglich an Bord erscheinen. Das Wasser ließ sich nicht andrehen. Ich sagte: „Verdammt, was ist das nur für eine Mistherberge! Da kriegst du nicht mal das Wasser an!" Ich hätte, als ich das Zimmer bezog, gut daran getan, besser auf die Hinweise des elektronischen Zimmerboys zu achten, dann wäre mir der Schreck in der Morgenstunde erspart geblieben, als plötzlich über mir der wohltemperierte Regen einsetzte. Indem ich AN sagte, hatte ich ihn aufgedreht. Der zentrale Hotelcomputer war in einer besseren Verfassung als ich. Wenn ich WARM sagte, schickte er mir das Wasser wärmer, wenn ich KALT sagte, kälter. Ich nahm mir vor, ihn bei nächstbester Gelegenheit aufs Kreuz zu legen - vielleicht indem ich stotterte oder mich einer Fremdsprache bediente. Ich haße Hotelcomputer, die um 01.14 Uhr bereits frisch und ausgeschlafen sind.
    Ich war noch mit dem Rasieren beschäftigt, als der Radarmann der Henri Dunant auftauchte, um mich zu holen. Bis zu diesem Augenblick hatte ich mich immer gefragt, wie ein waschechter Ire aussieht. Nun wußte ich's. O'Brien war Ire und waschecht: rothaarig und auf eine unverschämte Art verwegen.
    „Los, los, los, Mr. Seebeck!" sagte er. „ Der Commander wartet. Ihm ist Ihr Rauschebart sowieso egal."
    Ich warf den Rasierer auf das Bett und begann mich anzuziehen. Das Duschen hatte mich erfrischt. Ich war zu einem Gespräch durchaus wieder fähig.
    „Was ist denn los?"
    „Die Paracelsus ."
    „Ich denke, die geht uns nichts an."
    „Jetzt doch."
    „Und die Albert Schweitzer, die schon unterwegs ist?"
    „Hat'n Platten."
    „Was heißt das?"
    „Das heißt, was es heißt: daß sie auf der Strecke festliegt."
    „Und jetzt sollen wir dahin?"
    „Wir sind am dichtesten dran von allen andern und haben die neue Maschine." O'Brien trieb mich erneut an. „Machen Sie schon, Mr. Seebeck! Das ist kein Job zum Zuspätkommen."
    Ich war fertig angezogen, hinterließ dem elektronischen Zimmerboy die gesprochene und mit meinem Codewort eingeleitete Mitteilung, wohin man mein zurückbleibendes Gepäck samt Rechnung schicken sollte, und war soweit: die Reise ins Ungewisse konnte beginnen.
    „Dann mal los, Lieutenant!" sagte ich. „Von nun an bin ich zu jeder Schandtat bereit."
    O'Brien verzog keine Miene. Ich hatte Verständnis dafür. Es lag an der Uhrzeit.
    Vor dem Hotel parkte eins von diesen gräßlichen Dingern, die ich nur unter der Bezeichnung „Heuschrecke" kannte: ein offenes Versetzboot von der verbeulten Art, wie man sie auf jedem größeren Flughafen zu Dutzenden findet. O'Brien übernahm das Steuer, ich setzte mich neben ihn. Das Maschinchen begann zu zischen wie eine Kobra; die „Heuschrecke" wendete auf dem Teller und sprang hoch. Sie tat das mit einem unvermuteten Satz, der mich in der Überzeugung bestärkte, daß sie ihren Namen zu Recht trug. O'Brien steuerte sie aus der Stadt heraus und nahm dann Kurs über brachliegendes Gelände.
    Der Zauber venerischer Nächte ist von vielen Dichtern besungen und beschrieben worden. Es ist unmöglich, ihm nicht zu erliegen. In der Weite des Tales bildeten die Lichter der Towns anheimelnde Oasen. Gleich hinter ihnen erhoben sich in schweigsamer Majestät die Gipfel, Grate und Zinnen der Sierra Alpina. Sie waren in silbernes, flimmerndes Licht getaucht: unwirklich anmutende Kulisse einer Inszenierung, die den Namen trug: Ewigkeit. Und über allem wölbte sich der Goldstaub eines samtschwarzen Himmels.
    Die „Heuschrecke" übersprang das Werftgelände der VEGA und suchte sich einen Landeplatz. Das Toplicht der Henri Dunant brannte, die Bullaugen und Fenster waren erleuchtet, auf allen Stationen herrschte Betrieb. Die Formulierung, die sich mir bei dem Anblick des startklaren Rettungskreuzers aufdrängte, hatte wie die ganze venerische Nacht etwas Theatralisches, Pathetisches: Die plumpe Henri Dunant gleicht einem überirdischen Wesen, das sein Element wittert.
    Bevor ich an Bord ging, blieb ich auf der Gangway noch
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