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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten
Autoren: Dan Wells
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sich der Handlanger, nachdem er sich so lange in Georgia herumgetrieben hat, ausgerechnet zwei Monate nach dem Verschwinden des letzten Dämons auf einmal im Clayton County in North Dakota blicken?«
    »Weil diese Stadt verflucht ist«, stieß Mom hervor und kehrte mir den Rücken zu.
    »Ich dachte, du glaubst nicht an übernatürliches Zeugs«, hielt ich ihr vor.
    »Ich meine nicht wirklich verflucht.« Sie wandte sich wieder zu mir um. »Ich meine … ach, ich weiß auch nicht. Es sind Dämonen, John! Oder etwas genauso Schlimmes. Ich … ich weiß nicht, ob wir überhaupt hierbleiben sollen.«
    »Wir dürfen nicht wegziehen!«, widersprach ich heftig. Vielleicht ein wenig zu heftig. Mom starrte mich kurz an und zeigte dann wütend mit dem Finger auf mich.
    »O nein«, sagte sie. »Nein, nein, nein. Du wirst den da nicht jagen, wie du es bei Bill Crowley getan hast. Du wirst nicht den Superhelden spielen und wie ein Idiot dein Leben aufs Spiel setzen.«
    »Ich bin kein Idiot, Mom.«
    »Für ein Genie stellst du aber erschreckende Dummheiten an«, erklärte sie. »Crowley wollte dich töten, Forman hätte damit fast Erfolg gehabt, und außerdem hätte er beinahe Brooke und Curt erwischt. Das ist kein Spiel.«
    »Mir war gar nicht klar, dass dir Curts Wohlergehen so am Herzen liegt«, antwortete ich.
    »Ich will nicht, dass er stirbt!«, rief sie. »Ich will nur, dass er aus unserem Leben verschwindet. Er ist ein arrogantes Arschloch, aber das heißt nicht, dass du ihn einfach umbringen kannst.«
    »Dann ist es ja gut, dass ich es nicht getan habe.« Allmählich wurde ich wütend.
    »Nein, aber wegen deiner Besessenheit von … was auch immer es ist … hätte ihn beinahe ein anderer umgebracht. Wie viele Menschen müssen noch sterben, ehe du dich zurückhältst?«
    »Wie viele müssen sterben, wenn ich mich zurückhalte?«
    »Dafür ist die Polizei da.«
    »Der Handlanger bringt seit fünf Jahren Menschen um, und wir wissen jetzt, dass er ein Dämon ist. Also können wir davon ausgehen, dass er seit Jahrhunderten sein Unwesen treibt. Wenn die Polizei so toll ist, warum hat sie ihn dann nicht längst eingebuchtet?«
    »Du wirst ihn nicht jagen!«, befahl meine Mutter streng.
    »Die Polizei hat keine Ahnung, wie man Dämonen bekämpft.« Es fiel mir schwer, wenigstens äußerlich ruhig zu bleiben. »Die Beamten wissen überhaupt nicht, womit sie es zu tun haben. Ich schon. Ich habe bereits zwei von ihnen ausgeschaltet, und wenn ich diesen auch kriege, dann kann ich … ich weiß nicht … Hunderte von Menschenleben retten. Vielleicht Tausende. Glaubst du wirklich, er tötet nur zwei Menschen und verschwindet auf Nimmerwiedersehen? Sie sind nicht so wie gewöhnliche Menschen, Mom. Es wird töten und immer wieder töten, bis es keine Opfer mehr findet.«
    »Hallo!« Mom blickte mir streng in die Augen.
    »Was ist?«
    »Du hast ihn es genannt«, ermahnte sie mich mit ihrer ganzen Autorität. »Du weißt doch, dass du nicht es sagen sollst. Sag er , wenn du über ihn sprichst!«
    Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Ein Wesensmerkmal eines Soziopathen und besonders eines Serienkillers ist die Tatsache, dass er andere Menschen nicht als Lebewesen, sondern als Objekte betrachtet. Wenn ich nicht aufpasse oder aufgeregt bin, sehe ich einen Menschen manchmal als ein Es . Das verstößt jedoch gegen meine Regeln.
    Allerdings gelten die Regeln nur für Menschen.
    »Das ist ein Dämon und keine Person, es ist nicht menschlich«, widersprach ich. »Ich kann es nicht entmenschlichen, weil es von vornherein kein Mensch ist.«
    »Er ist ein denkendes Lebewesen, ob Mensch oder Dämon oder sonst etwas«, erklärte Mom. »Du weißt nicht, wer er ist, aber du weißt, wer du bist, und du wirst deine Regeln befolgen.«
    Meine Regeln. Sie hatte recht. »Tut mir leid«, antwortete ich etwas ruhiger. »Er oder sie«, berichtigte ich sie. »Es könnte auch eine Frau sein.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    Weil die Stimme am Telefon einer Frau gehörte, dachte ich. »Schon gut. Ich will damit nur sagen, dass wir es einfach nicht genau wissen.« Ich tat empört. »Du willst doch hoffentlich nicht behaupten, dass Psychopathen immer Männer sind oder dass alle Männer Psychopathen sind?«
    »Ich bin nicht zum Scherzen aufgelegt.« Sie schaltete den Fernseher aus. »Keine Nachrichten und keine Killer mehr. Wir reden morgen früh darüber.«
    Mürrisch machte ich mir in der Küche eine Schale Müsli, während Mom zu Bett ging. Ich
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