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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
Autoren: Nicole Alexander
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Gefallen bitten musste.
    Angus Gordon kam um Punkt 18 . 30 Uhr den hinteren Weg von West Wangallon entlang. Er stellte fest, dass der Rasen frisch gemäht war und die Terrakotta-Töpfe mit den Geranien gerade gegossen worden waren. Ein Hauch von Jasmin in der leichten Brise traf ihn unvorbereitet. Der Duft weckte Erinnerungen an frisch geschnittene Blumen, das leise Klimpern von Klaviermusik und das Lavendelwasser, nach dem seine geliebte Frau geduftet hatte. Er wusste, dass er sie endlich gehen lassen sollte. Auch wenn er schon fast achtzig war, konnte er sein Leben noch einmal neu beginnen, aber irgendwie war ihr Bild stärker denn je, und die Erinnerungen an sie blieben kraftvoll und lebendig. Zu jeder Tageszeit stand sie ihm auf einmal vor Augen, im Flimmern der Hitze, widergespiegelt von einem Fenster oder im Gezwitscher der winzigen Zaunkönige, die sie so sehr geliebt hatte. In solchen Momenten stellte er sich einfach vor, sie sei im Garten, mit dem breitkrempigen Strohhut auf den schlohweißen Haaren, und verjage die Hofhunde, die in ihr Heiligtum eindrangen, mit dem Strohbesen.
    Es war ja auch egal, dass sie ihn auf Schritt und Tritt verfolgte, er hatte sowieso nicht die Absicht, noch einmal zu heiraten. Für solchen Luxus hatte er keine Zeit mehr, und vor allem wollte er eine neue Liebe nicht mehr so hegen und pflegen, dass sie der ersten gleichkam. Es hatte drei lange Jahre gedauert, bis er die Trauer überwunden hatte, und jetzt, wo er endlich akzeptiert hatte, dass er für den Rest seines Lebens allein bleiben würde, war es Zeit, weiterzumachen. Er war nicht mehr der Jüngste und musste sich um gewichtigere Dinge kümmern. Eigentlich war es ein Glück, dass er noch lebte. Er war der einzige überlebende Sohn von der zweiten Frau seines Vaters, ein später Nachkömmling nach mehreren Fehlgeburten; dass er ein Einzelkind blieb, hatte den Fortbestand von Wangallon gesichert, weil das Land nicht unter mehreren Geschwistern aufgeteilt zu werden brauchte.
    Heute Abend wollte er den Stab an seinen Nachfolger übergeben. Die Herausforderungen für den Erben lagen noch in der Zukunft verborgen und würden erst mit seinem Ableben zutage treten, aber er musste seine Wahl schon jetzt bekanntgeben, sowohl zu seiner eigenen Befriedigung als auch, damit der Besitz weiterbestehen konnte. Schließlich hatte er, genau wie sein Vater vor ihm, ganz allein über Wangallon zu entscheiden. Er wünschte nur, dass die Dinge anders lägen. Aber die Vergangenheit war nicht mehr rückgängig zu machen, und er musste sich mit der gegebenen Situation abfinden. Also beschloss er, sich unwissend zu stellen und zu tun, was die Familie und die Außenwelt von ihm erwarteten. Nur so konnten der Name Gordon und sein Ruf geschützt werden.
    Auf den drei Betonstufen, die zur Hintertür des Hauses führten, blieb Angus stehen. Sein Hund Shrapnel musste draußen bleiben. Der Hütehund war ein tapsiger junger Welpe, der springen konnte wie ein Känguru. Er war seinem Herrn treu ergeben.
    » Sitz.«
    Der Hund wedelte mit dem Schwanz, setzte sich gehorsam auf die oberste Stufe und knurrte leise. Angus zog eine Augenbraue hoch. » Ach, ist das eine persönliche Note?« Er tätschelte dem Hund rau den Kopf und grinste, wobei er unregelmäßige Zähne zeigte, die das Alter gelb verfärbt hatte. » Guter Hund.«
    » Abend zusammen«, begrüßte Angus seine Familie, die sich in der Küche versammelt hatte wie eine Schar Kakadus, die plötzlich still geworden waren. Der Tisch war zum Abendessen gedeckt und eine passable Flasche Merlot war bereits geöffnet worden. » Setzt euch«, sagte er. Schnüffelnd blickte er zum Herd, auf dem ein großer Schmortopf und daneben eine Pfanne mit Erbsen standen. Er aß lieber Steak, Spiegeleier und Krautsalat. Angus ergriff das Glas Wein, das sein Sohn ihm reichte, und wartete, bis sich auch seine beiden Enkel gesetzt hatten. Es war schon einige Zeit her, seit er zuletzt in West Wangallon gewesen war. Zum einen war dies das Schloss eines anderen Mannes, und zum anderen konnte er Dummheit absolut nicht ertragen.
    » Angus, ich dachte, wir könnten zuerst zu Abend essen.«
    Der Wein war gar nicht übel, deshalb füllte Angus sein Glas erneut. » Danke, Sue, aber ich habe noch nie gerne Eintopf gegessen…«, er machte eine Pause, und die plötzliche Stille unterstrich seinen Abscheu, » …wie du sehr wohl weißt.« Er beobachtete, wie seine Schwiegertochter die Lippen zusammenpresste, bis sie nur noch ein mit rotem
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