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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
Autoren: Nicole Alexander
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wissen, dass du sie verlassen hast? Sie wissen es, Junge.«
    Hamish hörte den keuchenden Atem seines Vaters, der hinter ihm den Hügel hinauflief. » Ja, und sie wissen auch, was für ein Vater du gewesen bist.«
    Schweigen antwortete ihm.
    Hamish dachte an die kurze Erholungspause, die der Sommer ihnen gewährt hatte, bevor der Winter kam. Bald schon würden die restlichen Bewohner der Hütte die Kuh für den Winter hereinholen. Sie würden ihre dürftige Behausung mit ihrem wertvollsten Besitz teilen und die kalten Tage mit der Mistgabel in der Hand verbringen, um die Kuhfladen vom dreckigen Boden abzukratzen und nach draußen auf die Wiese zu werfen.
    » Viele unserer Nachbarn sind geblieben.«
    Abrupt blieb Hamish stehen und drehte sich um. Der Blick seines Vaters war fest und zeigte keine Reue. Er dachte daran, wie er ihn als Kind in seine starken Arme geschlossen hatte. Die harten rotgoldenen Bartstoppeln des Vaters hatten auf seiner Wange gekratzt. Es war alles zu spät. Das eiskalte Wasser des Sees schien sich in seinem Magen gesammelt zu haben. » Ja, und viele waren gezwungen, sich als Tagelöhner an der Küste zu verdingen. Ich habe die Geschichten gehört, Vater, wie sie dort dürftig von Fisch und Gemüseanbau ihr Leben fristen, auf kleinen Höfen, die viel zu viel Pacht kosten, mit dem Hunger als ständigem Begleiter. Ich habe keinen Sinn für solche Dinge.«
    » Du willst also lieber Viehtreiber sein?«, erwiderte sein Vater spöttisch. » Hast du mir denn nie zugehört?«
    Hamish fragte sich, ob sein Vater ernsthaft glaubte, er würde nur von zu Hause weggehen, um eine andere Arbeit zu finden. » Was, um die großzügige Summe von einem Schilling am Tag zu erhalten und Vieh nach England zu treiben, das die Engländer in Falkirk erworben haben?«, hatte Hamish gespottet.
    » Ja, und sie würden dir nicht trauen, Junge. Du bist ein Highlander. Sie würden dich wegen Diebstahl in Eisen legen, ob du nun verantwortlich bist oder nicht.« Sein Vater packte ihn mit seinen abgearbeiteten Händen an den Schultern. » Ich weiß, dass du trauerst, Junge, aber lass dir Zeit.«
    Hamish schüttelte ihn ab. » Ich kann dir nicht verzeihen«, sagte er grob. Wut schoss durch seinen Körper und verlangte nach Rache. Er musste gehen, bevor er aus Wut noch Dinge tat, die er letztendlich bereuen würde. Er drehte seinem Vater den Rücken zu. Ein Abschied stand ihm noch bevor. Ganz gleich, wie er die Rolle seines jüngeren Bruders bei dem Verrat an ihm sah, er musste den Jungen noch einmal sehen. Hamish dachte an die wenigen Jahre, die sie zusammen verbracht hatten. Daran, dass der kleine Charlie jeden Winter krank war. An seine Neigung, sich zu verirren, weil er nicht auf Ratschläge hörte. Am besten war es, den Jungen hierzulassen, außerdem machte Hamish sich sowieso keine Gedanken mehr um andere. Er wischte sich die Tränen aus den Augen und ging.
    Das spärliche Herbstgras knisterte unter seinen Füßen. Beinahe hatte er den Gipfel des Hügels schon erreicht, als auf einmal Charlie vor ihm auftauchte, das Gesicht tränenüberströmt.
    » Ich komme mit.« Charlie blickte zum Vater herunter, der bereits wieder auf die Hütte zuging.
    » Nein, Junge.« Hamish versuchte, seine Wut zu zügeln.
    » Doch.« Charlie wischte sich die Tränen von den Wangen. » Bitte.«
    » Es wird keine leichte Reise werden. Ich habe keine Ahnung, wo ich hin will. Vielleicht verlasse ich ja überhaupt das Land. Leb wohl, Junge, und pass gut auf dich auf.« Hamish rückte erneut seine wenigen Habseligkeiten zurecht und ging weiter bergauf, den Trampelpfad entlang, in den dichter werdenden Nebel hinein. Nur noch einmal blickte er sich um. Die Gestalt seines Vaters war nicht mehr zu sehen, als weiße Nebelschwaden ins Tal zogen und die Hütte vor seinem Blick verbargen. Charlie jedoch folgte ihm immer noch in vorsichtigem Abstand.
    » Lass mich gehen, Charlie«, rief er. Der Nebel würde den Jungen bestimmt zwingen, ins Tal zurückzugehen. Aber nur Charlies stetige Schritte waren die Antwort. Hamish brummte und beschleunigte sein Tempo.

Frühling, 1982
    Wangallon Station
    Im Nordwesten von New South Wales
    » Das sind meine Kinder Sarah und Cameron.«
    Sie waren früh ausgeritten, weil sie wussten, dass ihr Vater bald mit dem neuen Cowboy auftauchen würde. Sie kürzten den Weg über die Weide ab und kamen gerade am Grenztor an, als der Toyota anhielt und ein großer Typ das Tor öffnete. Sie trieben ihre Pferde an, bis sie nur noch ein paar
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