Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
Ihrer Familie. Er hat gesagt, dass er für Ihre Familie arbeitet. Und es sei sehr wichtig, dass er Sie so bald wie möglich spricht.«
    »Ich spreche auch mit niemandem, der für meine Familie arbeitet. Sind noch mehr Nachrichten für mich da? Hat zufällig Mr. Taylor angerufen? Er wollte die Volants bis morgen schicken.«
    »Es geht um Ihren Bruder«, platzte Julia heraus. »Er ist tot.«
    Sayre blieb genau vor der Tür zu ihrem Privatbüro stehen. Mehrere lange Sekunden starrte sie durch die Fensterfront auf die Golden Gate Bridge. Nur die obersten Spitzen der orangefarbenen Träger stachen aus der dichten Nebeldecke. Das Wasser in der Bucht sah grau, kalt und düster aus. Wie eine böse Vorahnung.
    Ohne sich umzudrehen, fragte sie: »Welcher?«
    »Welcher was?«
    »Bruder.«
    »Danny.«
    Danny, der in den letzten Tagen zweimal angerufen hatte. Danny, dessen Anrufe sie nicht entgegengenommen hatte.
    Sayre drehte sich zu ihrer Assistentin um, die sie mitleidig ansah. Sie sagte behutsam: »Ihr Bruder Danny ist heute gestorben, Sayre. Ich wollte Ihnen das lieber persönlich und nicht am Handy sagen.«
    Sayre atmete tief durch den Mund aus. »Wie?«
    »Ich glaube, das sollten Sie diesen Mr. Merchant fragen.«
    »Julia, bitte. Wie ist Danny gestorben?«
    Sie senkte den Blick. »Anscheinend hat er sich umgebracht. Es tut mir leid.« Sie schluckte und ergänzte dann: »Mehr wollte mir Mr. Merchant nicht verraten.«
    Daraufhin zog sich Sayre in ihr Büro zurück und schloss die Tür. Mehrmals hörte sie das Telefon im Vorzimmer läuten, aber Julia begriff, dass Sayre Zeit brauchte, um diese Nachricht zu verarbeiten, und stellte keinen der Anrufe durch.
    Hatte Danny sie angerufen, um sich von ihr zu verabschieden? Falls ja, wie sollte sie dann damit weiterleben, dass sie sich geweigert hatte, mit ihm zu sprechen?
    Nach etwa einer Stunde klopfte Julia zaghaft an ihre Tür. »Kommen Sie rein«, rief Sayre. Als Julia ins Zimmer trat, sagte Sayre: »Sie brauchen nicht zu bleiben, Julia. Gehen Sie nach Hause. Ich komme schon zurecht.«
    Die Assistentin legte ein Blatt Papier auf ihren Schreibtisch. »Ich habe noch ein paar Sachen zu erledigen. Läuten Sie durch, wenn Sie mich brauchen. Kann ich Ihnen irgendwas bringen?«
    Sayre schüttelte den Kopf. Julia zog sich zurück und schloss die Tür wieder. Auf dem Zettel, den sie hereingebracht hatte, waren Zeit und Ort der Bestattungsfeier notiert. Dienstagmorgen um elf.
    Es hatte Sayre nicht überrascht, dass die Beerdigung so früh angesetzt war. Huff vergeudete prinzipiell keine Zeit. Er und Chris konnten es bestimmt kaum erwarten, die Sache über die Bühne und Danny unter die Erde zu bringen, damit sie so schnell wie möglich wieder zu ihrem gewohnten Leben zurückkehren konnten.
    Andererseits kam es auch ihr zupass, dass die Bestattungsfeier schon so bald stattfinden sollte. Es hielt sie davon ab, sich lange den Kopf zu zerbrechen, ob sie hinfahren sollte oder nicht. Sie konnte nicht lange in ihrer Unentschlossenheit verharren, sondern war zu einer Entscheidung gezwungen.
    Am Vortag hatte sie den Vormittagsflug über Dallas – Fort Worth nach New Orleans genommen und war am Spätnachmittag angekommen. Sie hatte einen Spaziergang durch das French Quarter gemacht, in einem Gumbo-Restaurant zu Abend gegessen und anschließend die Nacht im Windsor Court Hotel verbracht. Doch trotz aller Annehmlichkeiten, die das Luxushotel bot, hatte sie kaum ein Auge zugetan. Sie wollte nicht nach Destiny zurück. Auf keinen Fall. Es mochte eine idiotische Vorstellung sein, aber sie hatte Angst, in eine Falle zu tappen, aus der es kein Entrinnen gab, sodass sie für alle Zeiten in Huffs Klauen bleiben müsste.
    Auch der anbrechende Tag hatte ihre Sorgen nicht vertrieben. Sie war aufgestanden, hatte sich für die Bestattungsfeier angezogen und sich auf den Weg nach Destiny gemacht, wo sie genau zu der Feier eintreffen und anschließend sofort wieder verschwinden wollte.
    Die Menge der parkenden Autos drängte bereits aus dem überfüllten Parkplatz der Kirche in die angrenzenden Nebenstraßen. Sie musste mehrere Blocks von der Bilderbuchkirche mit den Buntglasfenstern und dem hohen, weißen Kirchturm entfernt parken. Gerade als sie unter das von Säulen getragene Vordach trat, begann die Kirchenglocke elf Uhr zu schlagen.
    Verglichen mit draußen war es im Vorraum angenehm kühl, aber Sayre fiel auf, dass im Andachtsraum viele der Anwesenden kleine Papierfächer schwenkten, um die schwächelnde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher