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Weiss wie der Tod

Weiss wie der Tod

Titel: Weiss wie der Tod
Autoren: Roman Rausch
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schloss die schwere Feuerschutztür auf, die zu seinem Keller führte, und verriegelte sie gleich nach seinem Eintreten wieder. Hier unten im Gang gab es kein Licht. Er hatte eigens die Leitung gekappt. Die Taschenlampe wies ihm den Weg. Es war still und roch nach Schimmel, der in der Nase kitzelte.
    Vor seinem Kellerraum angekommen, schob er die beiden Riegel zurück und schloss auf. Die Tür war nach innen mit reichlich Styropor abgedichtet, sodass niemand diesseits der Tür fürchten musste, durch den Lärm belästigt zu werden.
    Er knipste die Lampe an, stellte den Eimer zu Boden und verstaute das Notebook. Dann schob er die Bahre zur Seite und machte sich an die Arbeit. Erst einmal Musik. Er drehte den Ghettoblaster auf. Sunshine of Your Love , die bläserdominierte Version von Ginger Baker’s Air Force aus dem Jahr 1970, erklang. Diese wild und dämonisch klingende Fassung des Cream-Gassenhauers war ultraselten, und als sie 1998 auf einer Ginger-Baker-Kompilation endlich offiziell als CD erschien, hatte er trotz des stolzen Preises sofort zugegriffen.
    1998 war auch das Jahr, in dem sie ihn fast erwischt hätten. Damals war er jung und vor allem dumm gewesen. Er hatte sich von seinen Gefühlen leiten lassen, die ihn geradewegs ins Verderben geführt hätten, wenn er sich nicht rechtzeitig am Riemen gerissen hätte. Seitdem ging er klarer, überlegter und geduldiger vor. Früher oder später landeten sie alle bei ihm.
    I’m with you my love, the lights shining through on you.
    Er drehte den Wasserhahn auf und spritzte mit dem Schlauch die Ecke aus. Aus dem Halbdunkel wurden die Reste herangespült, die er gestern nicht mehr hatte entsorgen können. Sie sollten kein Problem darstellen. Es passte alles in die Abfalltüte. Nur der Arm nicht.

6
    L evy, wach auf!», schrie Michaelis gegen das Heulen des Sturms an. Sie rüttelte ihn, doch er schien wie tot. Am Boden lagen zwei leere Flaschen Absolut-Wodka. Sie kickte sie energisch unters Bett. Dann schloss sie das Fenster.
    Levy drehte sich zur Seite, hielt die Augen geschlossen und rollte sich wie ein Embryo zusammen. «Was ist?»
    «Wieso hast du das Fenster offen?»
    «Ist doch egal.»
    «Willst du dir den Tod holen? Du bist völlig durchnässt.»
    «Wie kommst du hier rein?»
    Michaelis fuchtelte mit dem Schlüssel vor seinen Augen herum. «Der Zweitschlüssel. Schon vergessen?»
    «War ’n Fehler. Leg ihn auf den Tisch und verschwinde.»
    «Das würde dir so passen.»
    «Ja, verdammt. Und jetzt lass mich in Ruhe.»
    Sie setzte sich auf die Bettkante und drehte sein Gesicht zu sich hin. «Mein Gott, Levy, was ist nur aus dir geworden?»
    Verkatert öffnete er die Augen. «Liebe deinen Bruder wie dich selbst.»
    «War es so schlimm?»
    «Wieso hat Naima nicht besser zielen können? Ein paar Zentimeter höher, und ich hätte meine Ruhe.»
    Frank war wieder in sein Leben getreten, und zwar schlimmer, als sie es befürchtet hatte. Sie hatte ihn bei ihrer gestrigen Zeugenaussage das erste Mal seit Naimas Rettungsschuss wiedergesehen. Er war eine beängstigende Erscheinung. In seinen Augen spiegelte sich ihre Furcht vor dem, was er ihr angetan hatte, und dem, wozu er noch über die Gefängniszelle hinaus fähig war, anzurichten. Er war kein Tier, die handelten nach ihren Instinkten, er war ein gefühlskalter, berechnender Psychopath, der sich am Leid anderer Menschen ergötzte.
    «Komm», sagte Michaelis und griff Levy unter die Arme. «Ich lass dir ein Bad ein.»
    «Das hilft auch nicht mehr.»
    Michaelis zog Levy hoch und bugsierte ihn ins Badezimmer.
    Während das Wasser einlief, half sie ihm, sich auszuziehen. Von der gesunden Körperverfassung von vor einem halben Jahr war nichts mehr zu erkennen. Levy hatte Gewicht verloren und war kreidebleich. Immerhin, die Hautimplantate waren gut verheilt. Man erkannte nur noch die Wundnarben, die wie eine schwache Naht auf der Haut verliefen. Sie erschrak bei diesem Anblick, sagte aber nichts.
    «Dreh dich um. Ich will nicht, dass du mich so siehst», bat Levy.
    Normalerweise hätte sie gelacht und gesagt, dass er nicht der erste Mann sei, den sie nackt sehe, doch dieser Fall lag anders. Sie schüttete Badezusatz ins Wasser, und Levy stieg hinter ihrem Rücken in die Wanne.
    «Ich mach uns einen Kaffee», sagte sie und ging in die Küche.
    Das warme Wasser prickelte auf Levys Haut, wie bei einem eingeschlafenen Bein, wenn es wieder erwacht. Es schien ihm fast angenehm zu sein.
    «Was willst du eigentlich?», rief Levy zur
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