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Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition)
Autoren: Tim Boltz
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Richtig!
    Johannes B. Kerner. Der Mann, der Gartentüren überspringt anstatt hindurchzugehen.
    Die sportliche Allzweckwaffe deutscher Fernsehsender.
    Der Aufschnittfetischist.
    Das Wiesenhofwiesel.
    Der Gutfriedgott.
    Ich habe genug und schalte die Glotze aus. Heute Abend werde ich früher schlafen gehen, denn morgen muss ich wieder an die Tankstelle, an der ich seit Jahr und Tag neben dem Studium jobbe. Lust habe ich darauf wie auf Fußpilz, aber was will ich machen. Das Leben schert sich schließlich einen Scheiß um Leute wie mich und meinen Biorhythmus.
Und erst recht nicht um mein Seelenheil. Jedenfalls so lange nicht, wie bei mir noch kein Hotbutton zuschlägt oder ich Geflügelaufschnitt über Gartenzäune wuchte.

3
Albanische Fußballweisheiten
    K ollege, was soll’s?«, tönt mir holprig ein albanisch-deutscher Akzent entgegen. »Du musst jetzt Ablenkung machen. Rumheulen bringt nix, musst Gas geben. Auch wenn dein Trainer dich gegen einen anderen ausgewechselt hat. Aber du kommst wieder. Du musst ihr beweisen, dass du Capitano und nicht nur Auswechselspieler bist.«
    Emile, einer meiner Kollegen, ist der Erste, dem ich von dem Schreckensszenario um Steffi und Claus berichtet habe. Und genau das bereue ich bereits wieder. Aber ich sehe echt scheiße aus, was selbst Emile nicht verborgen bleibt, und er war ganz einfach als Erster greifbar. Und wenn ich ganz ehrlich bin, bin ich sogar dankbar für diese Form der Ablenkung. Ich bin dankbar für jede Form der Ablenkung  – und sei es sogar meine Arbeit an der Tanke. Es ist kein Marken-Mega-Rasthof mit integriertem Fast-Food-Anbieter und Lkw-Stellplätzen bis zur polnischen Grenze. Auch kein moderner Tank- und Einkaufstempel mit fluoreszierendem Backshop und einem Warensortiment wie bei Alice im Wunderland. Nein. Es ist eine unscheinbare OIL!-Tankstelle in einem Industriegebiet von Frankfurt. Ehrlich und erdig. Bei uns geht eher Ramazotti als Red Bull. Chips statt Ciabattabrötchen. Und die einzigen Grünpflanzen, die wir verkaufen, sind gepresste Ex-Tabakstauden in genormten EU-Packungen, die vor Impotenz und Krebs warnen. Laut der Aussage des Pächters
soll unser Tanktempel ja auch den Familien der Nachbarschaft als sozialer Treffpunkt, Einkaufslädchen, Grill und Kneipe dienen. Da wir aber in einem Industriegebiet liegen, gibt es in der Nachbarschaft gar keine Familien, die hier einkaufen könnten, womit uns einzig das Grill- und Kneipenmonopol bliebe. Und genau aus dieser Zielgruppe rekrutieren wir auch fleißig unsere promilleaffine Kundschaft.
    Emile verfällt derweil in einen Monolog und meint, dass man einer Frau von Anfang an in etwa so souverän gegenübertreten muss, wie Bayern München einen klassentieferen Pokalgegner beherrscht und ihn durch individuelle Klasse problemlos an die Wand spielt. Er vergleicht alles gerne mit Fußball, da es die einzige Sache ist, die er wohl wirklich gut kann. Er ist davon überzeugt, dass ich so schnell wie möglich wieder zurück aufs Feld muss, und er erklärt mir weiter, dass das Internet so etwas wie ein Trainingslager für mich sein könnte und ich dort sicherlich ein paar dankbare Gegner finden würde.
    Ich weiß, Emile meint es gut. Er spielte zu Hause im Kosovo angeblich sogar in einer Landesauswahl, bevor er vor zwölf Jahren nach Deutschland auswanderte. Mittlerweile kickt er bei Teutonia Oberursel in der sechsten Liga, und seine einstmals spielerische Klasse hat sich dem Dorfniveau erstaunlich schnell angepasst. Dafür verfügt er aber mittlerweile über ein beachtliches Repertoire an deutschen Trinkliedern und entwickelt besonders beim Thema Frauen trotz scheinbar unüberwindlicher sprachlicher Hürden eine geradezu philosophisch-bunte Rhetorik. Und tatsächlich war ich in den letzten Jahren immer neidisch auf Emiles erfolgreich wechselnde Frauengeschichten, von denen er stets zu berichten wusste. Ich würde jede Wette halten, dass Emiles Kopf in mehr Betten gelegen hat als ein Schokominzblättchen auf
einem Hotelkissen. Sein Sexleben kann man nur mit dem Bewegungsdrang eines Hais vergleichen. Aufgrund fehlender Schwimmblase muss er sich ganz einfach ständig bewegen, ansonsten säuft er ab und stirbt.
    Nach besonders erfolgreichen Wochenenden spricht er gerne von Freistößen und hautenger Manndeckung . Dazu zwinkert er, damit man auch ja nicht den witzigen Vergleich überhören kann. Emile ist sicherlich nicht gerade die männliche Krone der Schöpfung und würde in einem Mister-Soundso-Wettbewerb
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