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Was wir sind und was wir sein könnten

Was wir sind und was wir sein könnten

Titel: Was wir sind und was wir sein könnten
Autoren: Gerald Hüther
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und wozu all diese Gemeinschaften da sind, beginnen sich aufzulösen. Damit löst sich nun aber auch genau das auf, was die Mitglieder dieser Gemeinschaften bisher meinten, wenn sie »Wir« sagten. Hirntechnisch sind solche Auflösungs- und Destabilisierungsprozesse bisheriger Vorstellungen und Überzeugungen eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass man etwas Neues denken, etwas bisher nicht Gesehenes sehen, etwas bisher nicht Verstandenes verstehen kann.
    Und weil wir gegenwärtig so einen Prozess durchlaufen, ist jetzt endlich auch die Zeit gekommen, in der wir anfangen zu entdecken, wer wir eigentlich sind und wen wir meinen, wenn wir »Wir« sagen: Nicht die alten Abgrenzungsstrukturen, die wir voreinander aufgebaut und die wir bisher für das gehalten haben, was uns ausmacht.
    Was wir jetzt endlich zu entdecken Gelegenheit haben und uns bewusst machen können, ist das, was uns wirklich im Inneren als Gemeinschaft zusammenhält. Was noch übrig bleibt, wenn all das weggebrochen ist, was uns bisher zusammengeschweißt hatte, sei es in Form der von außen erzwungenen Not- und Zwangsgemeinschaften oder in Form der im Inneren herausgeformten und von einer Generation zur nächsten tradierten Abhängigkeiten von Glaubens- und Interessengemeinschaften und den dazu erforderlichen Verwaltungsstrukturen.
    Das alte »Wir« war ein »Wir«, zu dem wir geworden waren. Das neue »Wir« ist dabei, ein »Wir« zu werden, das wir selbst aktiv gestalten. Das ist der kleine, aber gewaltige Unterschied zwischen gestern und morgen. Deshalb sind wir gegenwärtig unterwegs in ein neues Zeitalter. Unsere Jugendlichen haben dabei – wie immer, wenn etwas wirklich Spannendes passiert – die Nase wieder einmal vorn.

2 . Was sind wir?
    Wie sollen wir erahnen, was aus uns werden könnte, solange wir noch gar nicht wissen, was wir sind? Sind wir wirklich die Krone der Schöpfung oder doch eher nackte Affen? Was ist das Besondere an uns? Woher kommen unsere Vorstellungen und Ideen davon, was wir sind?
    Lebendig sind wir, klar. Aber das sind alle Lebewesen. Und weil wir lebendig sind, sind wir auch reproduktionsfähig, anpassungsfähig, entwicklungsfähig, lernfähig und natürlich auch intentional – wie alles, was lebt.
    Betrachten Sie einmal eine einfache Amöbe unter dem Mikroskop. Die ist doch eigentlich schon genauso tapfer unterwegs wie wir. Die sucht nach dem, was sie mag, und vermeidet alles, was sie nicht mag. Die merkt sich auch manches, und sie passt sich auch, so gut es geht, an Veränderungen ihrer Lebenswelt an. Wie die Einzeller miteinander reden, haben die Biologen noch nicht so ganz genau herausgefunden, aber dass sie einander über das informieren, was für sie wichtig ist, steht außer Frage. Das können auch Pflanzen. Und Tiere können es noch besser. Und wir Menschen können es am allerbesten. Wir finden sogar ganz besonders viel äußerst wichtig und halten es für mitteilenswert. Deshalb reden wir fast ständig aufeinander ein. Wir haben Spaß am Entdecken und Gestalten, und wenn wir etwas gefunden oder zustande gebracht haben, halten wir das für etwas ganz Besonderes, und uns selbst auch.
    Größenwahnsinnige Alleskönner, Wichtigtuer und Besserwisser sind wir. Und Kümmerversionen dessen, was aus uns werden könnte. Soziale Wesen sind wir, aber Einzelgänger auch. Krieger und Friedensstifter sind wir. Gebende und Nehmende, Zerstörende und Aufbauende, Arme und Reiche, Glückliche und Verzweifelte, Suchende und solche, die aufgehört haben zu suchen. Neugierige und solche, die ihre Entdeckerfreude verloren haben. Und wir sind die einzigen Lebewesen, die in der Lage sind, unseren gesamten wunderbaren blauen Planeten innerhalb von wenigen Stunden in einen infernalisch brennenden und explodierenden Feuerball zu verwandeln. Wir sind auch die Einzigen, die dabei sind, ihn immer mehr all dessen zu berauben, was ihn lebendig macht und was wir doch auch selbst brauchen, um lebendig zu bleiben.
    Und weil es außer uns kein anderes Lebewesen auf dieser Erde gibt, das diesen wunderbaren blauen Planeten und die phantastische Vielfalt an Lebensformen, die ihn bevölkern, vor all dem, was wir ihm antun, zu schützen und zu bewahren imstande ist, sind wir auch die einzige Hoffnung für den Fortbestand dieser einzigartigen, wunderbaren Welt. Wenn wir nur endlich zur Besinnung kämen.

Wir sind keine Tiere
    Genetisch unterscheiden wir uns von unseren nächsten tierischen Verwandten, den Menschenaffen, so gut wie gar nicht.
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