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Was wir sind und was wir sein könnten

Was wir sind und was wir sein könnten

Titel: Was wir sind und was wir sein könnten
Autoren: Gerald Hüther
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oder mir etwas geworden. Aber jedes Mal eben etwas anderes. Je nachdem, in welchem Kulturkreis und unter welchen Bedingungen wir aufgewachsen wären, hätten wir ganz bestimmte der in uns angelegten Möglichkeiten besser entfalten können als andere.
    Und wir hätten dann auch ein anderes Gehirn bekommen. Je nachdem, ob wir in eine komplexere oder eine weniger komplexe Lebenswelt hineingewachsen wären, und in Abhängigkeit davon, wie gut oder weniger gut wir es geschafft hätten, uns in dieser Welt zurechtzufinden, diese Welt zu verstehen und uns selbst als Gestalter dieser Welt zu erfahren, wären auch mehr oder weniger komplexe neuronale und synaptische Verschaltungsmuster in unserem Gehirn stabilisiert worden.
    Genau das ist ja die wesentliche Erkenntnis, die die Hirnforscher in den letzten Jahren zutage gefördert haben: Unser Gehirn wird so, wie und wofür wir es besonders gern und deshalb auch besonders intensiv benutzen. Es muss also auf uns selbst zurückwirken, wenn wir unsere eigene Lebenswelt und damit auch die Lebenswelt unserer Kinder immer stärker verändern. Und wenn die Hirnforscher recht haben, müssen wir davon ausgehen, dass sich solche Veränderungen entweder günstiger oder auch ungünstiger auf die Entfaltung der in uns und in unseren Kindern angelegten Potentiale auswirken und zur Herausformung komplexer oder weniger komplex vernetzter Gehirne führen.
    »Der Übergang vom Affen zum Menschen, das sind wir«, hatte uns Konrad Lorenz ja schon vor einigen Jahrzehnten ins Stammbuch geschrieben. Er hat nicht gesagt, wie weit wir auf diesem Weg zu dem, was wir werden könnten, bereits vorangekommen sind. Und wenn man nach wissenschaftlichen Befunden sucht, die uns Auskunft darüber geben, wie es in uns, vor allem in unseren Gehirnen aussieht und wie es künftig mit uns weitergehen wird, so findet man leider nur sehr wenig, was darauf hindeutet, dass wir diesen Übergang aus eigener Kraft schaffen könnten. Einen freien Willen haben wir nicht, unsere aus der Steinzeit mitgebrachten Verhaltensweisen lassen sich auch nicht unterdrücken, unser Unbewusstes treibt uns vor sich her, und unser Ich hat keine Ahnung davon, wer es ist, geschweige denn wie viele. Hormone steuern unsere Gefühle, und die vernebeln uns den Verstand. Das Einzige, was sich mit hoher statistischer Sicherheit voraussagen lässt, ist, dass wir im Durchschnitt, je älter wir werden, auch umso häufiger depressiv oder dement werden. Na prima. Angesichts dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse bleibt einem ja auch gar nichts anderes übrig.
    Glücklicherweise gibt es aber auch noch andere wissenschaftliche Befunde. Die weisen in eine ganz andere Richtung. Von denen hört man aber nicht so oft in den Medien. Die lassen sich nicht gut vermarkten, denn sie beschreiben nicht, was an uns alles so schrecklich ist und weshalb so viele von uns so oft im Leben scheitern. Sie erzählen eher viele kleine Beispiele, die es überall in unserem Land gibt, die nicht nur zeigen, dass es möglich ist, sondern auch wie es gelingen kann, unsere eigene Lebenswelt und damit auch die unserer Kinder so zu gestalten, dass es in Zukunft immer etwas besser möglich wird, das wunderbare menschliche Potential zur Entfaltung zu bringen, das in uns allen angelegt, in jedem von uns verborgen ist.
    Gern lade ich Sie in diesem Buch ein, gemeinsam mit mir herauszufinden, wie das auch bei Ihnen zu Hause, in der Schule Ihrer Kinder, in Ihrem Wohngebiet oder in Ihrer Firma gehen kann. Wonach wir dabei suchen müssten, ist nicht das Geheimnis des Erfolgs. Um in unserer gegenwärtigen Welt erfolgreich zu sein, braucht man weder seine menschlichen Potentiale zu entfalten, noch muss man beim Übergang vom Affen zum Menschen besonders weit vorangekommen sein. Falls Sie bis eben noch gehofft hatten, in diesem Buch Hinweise zu finden, wie Sie die Erkenntnisse der Neurobiologie nutzen können, um Ihr Leben, Ihre Beziehungen zu anderen Menschen, die Erziehung Ihrer Kinder oder Ihre berufliche Entwicklung in Zukunft noch erfolgreicher zu gestalten als bisher, dann schlagen Sie es jetzt lieber wieder zu. Stellen Sie es einfach in eine sehr entlegene Ecke Ihres Bücherregals. Vielleicht holen Sie es später noch einmal hervor, wenn Sie bemerkt haben, wie leicht man auf der ständigen Suche nach Erfolg in seinem eigenen Leben genau das übersieht, was ein gelingendes Leben ausmacht: Man kann es nicht »machen«, und es geht nicht allein.
    Wonach wir also in diesem Buch suchen wollen,
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