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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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hören: »Scheiß Larry Bird.« Eigentlich flucht er so gut wie nie.
    Dann bemerkte ich das Icon von Microsoft Outlook. Es blinkte irgendwie ungewöhnlich. Wenn so etwas möglich ist, blinkte mich das Icon vielsagend an. Ich musste einfach darauf klicken. Ich musste es tun. Also tat ich es. Und da fand ich dann das Foto, das dort völlig fehl am Platze schien. Und das war der Augenblick, in dem mir der Gedanke durch den Kopf ging: Wer zur Hölle ist die nackte Frau? Und was hat sie im E-Mail-Eingang meines Mannes zu suchen?
    Katherine
    Zur Hölle mit dem Scheißkerl.
    Das waren die ersten Worte, die ich an diesem Morgen von mir gab. Was mich nicht überraschen sollte, da ich diese Worte jeden Morgen von mir gebe. Das mache ich nun schon seit neunzehn Jahren, seit dem Zeitpunkt, an dem ich Phillip das letzte Mal lebend gesehen habe.
    Ich drücke das gern so aus. In Wahrheit ist Phillip immer noch äußerst lebendig, und er sieht besser aus denn je, und irre reich ist er obendrein. Nicht dass ich verbittert wäre, jedenfalls nicht sehr. Wenn ich sage, seit dem Zeitpunkt, an dem ich Phillip das letzte Mal lebend gesehen habe, meine ich das letzte Mal, ehe er für mich gestorben ist.
    Jedenfalls liege ich noch im Bett, und nachdem ich »Zur Hölle mit dem Scheißkerl« gesagt habe, mit der Betonung auf Hölle, denke ich an Dr. Gray und Thich Nhat Hanh und atme zur inneren Reinigung drei Mal lang und tief durch. Beim ersten Einatmen zähle ich bis fünf und verziehe meine Lippen zu einem halben Lächeln. Beim Ausatmen zähle ich ebenfalls bis fünf. Dann atme ich bis sechs ein und atme bis sechs aus. Dann ein- und ausatmen bis sieben. Und so versetzt mich das halbe Lächeln auf meinen Lippen in einen Zustand inneren Friedens. Ich setze mich kerzengerade auf, lasse die Füße aus dem Bett gleiten und stelle sie fest auf dem Parkettboden auf. Dann lege ich die Handflächen vor der Brust zusammen, atme noch vier Mal tief durch, und bei jedem Atemzug wiederhole ich meine meditativen Formeln.
    Möge ich von liebender Güte erfüllt sein
    Möge es mir gut gehen
    Möge ich Frieden und Gelassenheit empfinden
    Möge ich glücklich sein
    Erst dann öffne ich die Augen. Ich atme langsam und bewusst, während ich mein Schlafzimmer durchquere und mich behutsam vor meinen Schminkspiegel setze. Mein Atem verbindet mich mit dem Hier und Jetzt. Dr. Grey sagt, ich mache mir zu viele Gedanken um die Vergangenheit. Thich Nhat Hanh sagt, man sollte nicht zu viele Gedanken an die Zukunft verschwenden. Einig scheinen sie sich nur darin zu sein, dass ich mehr in der Gegenwart leben sollte, und nachdem die eine Seelenklempnerin in der Upper East Side und der andere ein buddhistischer Mönch ist, denke ich mir, wenn sie sich in irgendeinem Punkt über mein Leben voll und ganz einig sind, sollte ich das vermutlich in Betracht ziehen.
    Ich zwinge mich, langsam durch die Wohnung zu gehen. Langsam zu gehen fällt mir nicht leicht, auch nicht die Meditation, die Atemübungen oder das Yoga, aber es hilft.
    Aus dem Kühlschrank hole ich den Beutel mit der Aufschrift »Dienstag«. Ich leere den Inhalt in den Mixer, füge eine halbe Tasse Mandelmilch dazu und betätige den Schalter. Dreißig Sekunden später trinke ich den Shake und schalte CNBC ein. Es ist fünf Minuten nach sechs.
    Zehn Minuten später stehe ich auf dem Laufband mit Knöpfen im Ohr, blinzele in die Sonne, die über die hoch aufragenden Wolkenkratzer steigt. Der Börsenticker läuft unter den stillen Gesichtern auf meinem Fernseher. Nichts Aufregendes zu vermelden, nichts, was ich nicht schon gestern gewusst hätte. Ich zappe mich durch die Kanäle, drehe dabei nie die Lautstärke hoch. Es gibt keinen Grund, morgens beim Fernsehen den Ton anzustellen. Man braucht nur zu lesen. Auf den Wirtschaftskanälen werden unten die S&B Futures und die Handelsergebnisse der Asiatischen Märkte eingeblendet, auf den Nachrichtensendern die Schlagzeilen des Tages, auf den Sportsendern die Ergebnisse, auf den Lokalkanälen das Wetter. Nur indem ich die unteren zehn Zentimeter auf meinem Fernseher verfolge, bin ich voll informiert. Die Leute, die weiter oben reden, sind eine vollkommene Zeitverschwendung.
    Ich schnalle meinen Pulsmesser unter dem Sport- BH fest und fange an zu laufen. Nach fünf Minuten Aufwärmen geht es ernsthaft los. Ich stelle das Laufband auf elf Kilometer die Stunde ein und auf einen Winkel von drei Grad. In meiner Wohnung ist es total still; das einzige Geräusch in den vierzehn
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