Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was nach dem koeniglichen Ball geschah

Was nach dem koeniglichen Ball geschah

Titel: Was nach dem koeniglichen Ball geschah
Autoren: Michelle Celmer
Vom Netzwerk:
eng umschlungen eingeschlafen waren, hatte Anne nie wirklich an die Liebe geglaubt. Und jetzt, da sie es tat, schien Sam ihre Gefühle einfach nicht zu erwidern.
    Dabei war sie so sicher gewesen, dass es für ihn genauso besonders gewesen war wie für sie – dass sie auf magische Weise miteinander verbunden waren. Als sie allein aufgewacht war und festgestellt hatte, dass er sich mitten in der Nacht ohne Abschied davongestohlen hatte, hatte sie ihre Hoffnung nicht aufgegeben. Immer noch hatte sie auf ein Lebenszeichen von ihm gewartet. Wochenlang hatte sie in der Nähe des Telefons verharrt und darauf gehofft, dass es klingelte, und sie Sams Stimme hören würde. Vergebens.
    Das hätte aber auch nicht überraschen sollen. Schließlich war Sam Politiker, und es war allgemein bekannt, dass Politik und Adel sich nicht besonders gut vertrugen. Zumal Sam eines Tages Premierminister werden wollte. Dem Gesetz nach war es keinem Mitglied der königlichen Familie gestattet, ein politisches Amt zu bekleiden. Konnte Anne ihm wirklich einen Vorwurf dafür machen, dass er seiner beruflichen Karriere den Vorzug gegeben hatte? Aus diesem Grund hatte Anne beschlossen, ihm nichts von dem Baby zu erzählen.
    Sie sah die Schlagzeilen förmlich vor sich: Prinzessin Anne schwanger mit Kind ihrer heimlichen Liebe. Bis zum Ende ihres Lebens würde dieser Makel ihr und – was noch schlimmer war – ihrem Kind anhaften. Trotzdem sah sie keine andere Möglichkeit.
    Als sie sich wieder einigermaßen wohlfühlte, beschloss sie, ins Esszimmer zurückzukehren. Gerade als Geoffrey, ihr Butler, den ersten Gang aufgetragen hatte, hatte Anne sich entschuldigt, um ins Bad zu eilen. Sie warf einen letzten verstohlenen Blick in den Spiegel. Ihr Anblick war nicht berauschend, aber es musste eben genügen. Als sie die Tür öffnete, prallte sie beinahe mit ihrem Bruder Chris zusammen, der draußen an der Wand lehnte. Seinem grimmigen Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte er ihr Würgen gehört. Sicher wollte er den Grund dafür wissen.
    „Wir müssen reden“, sagte er und deutet mit dem Kopf in Richtung des Arbeitszimmers auf der anderen Seite des Ganges.
    „Aber das Essen …“, begann Anne und verstummte, als er ihr einen mahnenden Blick zuwarf.
    „Jetzt, Anne.“
    Da sie wusste, dass Widerworte keinen Sinn machen würden, folgte sie ihm. Natürlich konnte sie lügen und behaupten, sie leide unter einer Magen-Darm-Grippe. Allerdings würde sie nicht mehr lange ihren wachsenden Bauch vor ihrer Familie verbergen können. Anne war sich nur nicht sicher, ob sie jetzt schon bereit dafür war, mit der Wahrheit herauszurücken. Wusste Chris womöglich bereits Bescheid? Hatte Louisa sich vielleicht verplappert? Falls ja, würde Anne ihr gehörig die Meinung sagen. Anne betrat das Arbeitszimmer und stellte überrascht fest, dass mit Ausnahme von ihren Eltern und den Drillingen die ganze Familie anwesend war.
    Aaron und seine Frau Liv saßen mit besorgtem Gesichtsausdruck auf dem Sofa. Louisa und ihr frischgebackener Ehemann Garrett standen am Fenster. Louisa wirkte sehr gequält, und Garrett erweckte den Eindruck, dass er überall lieber gewesen wäre als ausgerechnet hier. Chris’ Frau Melissa stand im Türdurchgang. Noch vor fünf Minuten waren alle beim Dinner im Speisesaal gewesen.
    Am liebsten wäre Anne auf der Stelle umgekehrt und geflohen, aber Chris war bereits hinter ihr eingetreten und hatte die Tür geschlossen.
    „Vermutlich brauche ich dir nicht zu sagen, warum ich dich hierher gebeten habe“, sagte er.
    „Wir machen uns große Sorgen“, meldete Melissa sich zu Wort und stellte sich neben Chris. „Du bist in der letzten Zeit wie ausgewechselt – so blass und abwesend.“
    Also wussten sie es nicht – Louisa hatte dichtgehalten.
    „Ganz offensichtlich stimmt etwas nicht“, bemerkte Aaron, der sich normalerweise nicht in die Angelegenheiten anderer Leute einmischte. Das konnte nur bedeuten, dass er sich wirklich Sorgen um sie machte. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, so lange damit zu warten, die anderen einzuweihen. Sie hatte nicht geglaubt, dass jemandem ihre Veränderung auffallen würde.
    „Falls du krank bist …“, begann Melissa.
    „Ich bin nicht krank“, versicherte Anne.
    „Eine Essstörung ist eine Krankheit“, erklärte Chris.
    Belustigt drehte Anne sich zu ihm um. Louisa hatte anfangs denselben Gedanken gehabt. „Chris, wenn ich eine Essstörung hätte, würde ich nach dem Essen auf die Toilette gehen, nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher