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Was nach dem koeniglichen Ball geschah

Was nach dem koeniglichen Ball geschah

Titel: Was nach dem koeniglichen Ball geschah
Autoren: Michelle Celmer
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Verantwortungsvolle von den Schwestern gewesen? Na ja, fast immer jedenfalls.
    In zwei langen Zügen leerte sie ihr Glas, stellte es auf ein Tablett und griff nach einem neuen. Sie nahm sich vor, sich dieses Mal mehr Zeit zum Trinken zu nehmen, aber sie spürte bereits die wärmende und belebende Wirkung des Alkohols – besonders im Kopf. Es war … sehr nett.
    „Sie sehen einfach bezaubernd aus, Eure Hoheit“, sagte plötzlich jemand hinter ihr.
    Als sie sich umdrehte, sah sie erstaunt Samuel Baldwin an, den Sohn des Premierministers von Thomas Isle. Sam gehörte zu der Sorte Mann, dessen Charme Frauen augenblicklich erlagen. Er wirkte mit seinen dreißig Jahren außerordentlich attraktiv – beinah niedlich, wie Anne fand. Sein lockiges dunkelblondes Haar schien niemals richtig liegen zu wollen, und wenn Sam lächelte, zeigten sich zwei entzückende Grübchen auf seinen Wangen. Er überragte Anne, die etwas über eins siebzig groß war, um einige Zentimeter und war schlank und muskulös. Anne hatte ein- oder zweimal mit ihm gesprochen, doch es war nie mehr als unverfänglicher Small Talk gewesen. Er wurde als einer der begehrtesten Junggesellen der Insel gehandelt und galt als wahrscheinlicher Nachfolger auf das Amt seines Vaters.
    Als er sich zur Begrüßung verbeugte, fiel ihm eine Strähne seines widerspenstigen Haars über die Stirn. Anne widerstand der Versuchung, die Haarlocke zurückzustreichen. Sie fragte sich, wie es sich anfühlen mochte, wenn sie ihm mit den Fingern durchs Haar fuhr.
    Normalerweise hätte sie Samuel mit zurückhaltender Höflichkeit begrüßt. Allerdings stellte der Alkohol verrückte Sachen mit ihr an, denn sie spürte, wie ihre Lippen sich zu einem Lächeln verzogen. „Wie nett, Sie zu sehen, Mr Baldwin.“
    „Bitte“, sagte er, „nennen Sie mich doch Sam.“
    Aus dem Augenwinkel nahm Anne wahr, wie Louisa eng umschlungen mit dem fremden Mann tanzte, wobei sie einander unentwegt in die Augen sahen. Plötzlich verspürte Anne Eifersucht. Auch sie wollte, dass ein Mann sie so fest in die Arme schloss und sie so ansah, als ob sie die einzige Frau im Saal wäre. So als könne er es nicht erwarten, endlich mit ihr allein zu sein, um sie von seinen leidenschaftlichen Gefühlen zu überzeugen. Nur ein einziges Mal wollte Anne sich … begehrt fühlen. War das denn wirklich zu viel verlangt?
    Sie leerte Glas Nummer fünf in einem einzigen Zug. „Würden Sie gern tanzen, Sam?“
    Ihr Gesprächspartner wirkte etwas überrascht. Anne vermochte nicht zu sagen, ob es an ihrem ungewöhnlichen Trinkverhalten oder der Einladung zum Tanz lag. Einen Moment lang befürchtete sie, Sam könnte ihre Aufforderung ablehnen. Wäre das nicht pure Ironie angesichts der unzähligen Tanzaufforderungen, die sie im Laufe der Jahre abgeschmettert hatte? Es waren so viele gewesen, dass die Männer mittlerweile aufgegeben hatten.
    Doch dann umspielte ein verführerisches Lächeln Sams Lippen, und auf seinen Wangen sah Anne wieder die süßen Grübchen. „Es wäre mir eine Ehre, Eure Hoheit“, erwiderte er und nahm ihre Hand, um Anne auf die Tanzfläche zu führen.
    Es war schon so lange her, dass Anne getanzt hatte, dass sie sich etwas unbeholfen vorkam, während Sam mit spielerischer Leichtigkeit den Walzer beherrschte. Vielleicht lag es ja auch nur am Champagner, dass Anne plötzlich etwas wackelig auf den Beinen war. Oder war ihr der würzige Duft von Sams Aftershave zu Kopf gestiegen? Am liebsten hätte Anne sich dicht an Sam geschmiegt, um seinen Duft einzuatmen. Es war schon sehr lange her, dass sie einen Mann derart anziehend gefunden hatte.
    Vielleicht schon zu lange.
    „Schwarz steht Ihnen ausgezeichnet“, stellte Sam fest.
    Anne brauchte einen Augenblick, ehe sie begriff, dass er von ihrem neuen Kleid sprach. Das edle, paillettenbesetzte Designerteil hatte sie auf einem ihrer Streifzüge durch Paris ergattert. Anne war nicht sicher, ob ihr die Farbe wirklich so gut stand – oder einfach nur der Stimmung entsprach, in der Anne beim Ankleiden gewesen war. Jetzt wünschte sie, sich für etwas Helleres und Fröhlicheres entschieden zu haben. Etwa so fröhlich wie Louisa, die ihr heiß geliebtes Pink trug, was mittlerweile zu ihrem Markenzeichen geworden war. Ihre Schwester wirkte in dem fröhlichen Kleid wie eine gute Fee. Anne hingegen kam sich eher wie die böse Hexe vor.
    „Ja“, erwiderte sie, „fehlt nur noch der spitze schwarze Hut.“
    Mit einer solchen Bemerkung konnte man vermutlich jeden
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