Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Titel: Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
Takelage segeln. Die Wasserrationen wurden nochmals verknappt.
    Weiträumig umfuhren sie die australische Westküste und die Spitze im Nordwesten.
    Sie segelten in den Golf von Carpentaria und mit einigem Abstand am Festland entlang, sahen aus der Distanz allerdings nichts als unwirtliche Mangrovenwälder und ausgedehnte Sandflächen. Der Kapitän wagte es nicht, näher heranzufahren, um mehr zu erkennen, stattdessen entfernten sie sich abends und kehrten erst am nächsten Morgen in Küstennähe zurück. Die Arafurasee schien kein Ende nehmen zu wollen. Eine Woche lang tasteten sie sich Stück für Stück voran, bis die Inseln der Torres-Straße in Sicht kamen. Aber auch dort wollte der Kapitän nicht anlegen, weil er fürchtete, von Wilden angegriffen zu werden. Die Hitze war wieder unerträglich. Der Zustand der Kranken besserte sich nicht.
    Das Schiff segelte auf Südkurs weiter und bahnte sich seinen Weg durch ein Gewirr von Sandinseln und Korallenbänken, die überall zum Vorschein kamen und den Rumpf aufzuschlitzen drohten. Am dritten Tag gelang es ihnen, dem Festland recht nahe zu kommen, und sie entdeckten hinter einer felsigen Halbinsel eine einladende, von Bäumen gesäumte Bucht. Der Kapitän beschloss, sie zu erkunden, kündigte jedoch an, Australien zu verlassen und Kurs auf Java zu nehmen, sollte sich dieser Teil des Festlands als ebenso unwirtlich erweisen wie der Rest. Man ließ die Schaluppe zu Wasser und teiltedie Wachen ein. Die Männer legten sich in die Riemen und erreichten mit vier Fässern für Frischwasser den Strand.
    Ja, nach Kapstadt war wirklich alles immer schlimmer geworden. Was hätte er jetzt auf seinem Bett aus Farnkraut nicht für ein großes Glas Wasser gegeben …
    Er schlief ein und vergaß dabei Hunger und Durst. Mehrmals in der Nacht glaubte er, für ein falsches Manöver ausgeschimpft zu werden, und wachte auf, umgeben vom Tappen nackter Füße auf den Planken und dem Schnarchen seiner Kameraden. Doch nein, um ihn herum herrschte nur die Stille dieses unbekannten Landes, seine Hängematte war einem Lager aus Blättern gewichen, und so blieb ihm nichts anderes, als die Augen wieder zu schließen, erstaunt, überhaupt noch am Leben zu sein.
    Am nächsten Morgen brauchte es einen Augenblick, bis er sich an die Ereignisse des Vortags erinnerte. Er stand mit einem Satz auf und brachte dabei die notdürftige Hütte zum Einsturz. Die Sonne war gerade aufgegangen, aber kein einziger Vogel zwitscherte. Er stieg wieder aus der Talmulde und dann auf die Anhöhe zu seinem Beobachtungsposten. Ein Blick genügte, und er begriff, dass heute nicht mehr mit Rettung zu rechnen war: Über den grauen, tief hängenden Himmel jagten regenschwere Wolken, weit draußen schäumte das Meer, hohe Wogen prallten gegen die Klippen, welche die Bucht umschlossen, und wühlten das Wasser auf. Kein Seemann würde hier sein Schiff riskieren.
    Die Einsamkeit war niederschmetternd. Er sank zu Boden, legte den Kopf auf seine Knie und kämpfte gegen die Tränen, welche mit der Wut in ihm aufstiegen. Seine Zunge klebte trocken am Gaumen. Um ihn wirbelten Windstöße Sand auf.
    Er lief zum Strand hinunter und die Bucht entlang Richtung Süden. Die Baumreihe, die er dort am Vortag ausgemacht hatte, verdichtete sich allmählich zu einem Busch, der sich in dem Moment,da er ihn erreichte, als Mangrovenwald erwies. Die Mangroven standen in schlammigem Brackwasser und boten Lebensraum für Gott weiß was für Getier. Er kehrte dem Meer den Rücken und setzte seinen Weg am Rand dieser bewachsenen Rinne fort. Die Hochebene fiel ab zu einer Fläche von unbestimmtem Ausmaß, Sumpfland, so weit das Auge reichte. Entmutigt ging er denselben Weg wieder zurück. Was hätte er getan, wenn er einen Pfad gefunden hätte? Den Mangrovenwald durchquert, nur um an einem anderen Strand herauszugelangen? Wozu? Die einzige europäische Siedlung, Sydney, lag Hunderte von Meilen entfernt. Ohne Wasser, ohne Proviant und ohne Karte hatte er keine Chance, dort jemals anzukommen. Und falls Rettung eintraf, würde man ohnehin nur an dem Ort suchen, wo man ihn verloren hatte.
    Der Wind nahm an Stärke zu und ließ Äste krachen. Schwarze Wolken schoben sich über die Bucht hinweg, Regen brachten sie aber erst am Horizont. Das Meer brauste und warf lange Algen an den Strand. Mit der Ebbe wurden einige Korallenblöcke sichtbar. Er watete ins Wasser und suchte sie ab, pflückte von ihnen fünf Schalentiere, die ihn an Muscheln erinnerten. Waren sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher