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Was Hexen wollen: und andere paranormale erotische Stories (German Edition)

Was Hexen wollen: und andere paranormale erotische Stories (German Edition)

Titel: Was Hexen wollen: und andere paranormale erotische Stories (German Edition)
Autoren: Lindsay Gordon
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gewalttätigem Finale. Manchmal steckten sie etwas aus der Erwachsenenabteilung dazu, kamen rot im Gesicht und verlegen damit an die Theke und hofften, dass ich nichts sagen würde. Ich tat es nie, weil ich viel zu sehr mit ihnen mitfühlte. Wahrscheinlich konnten sie an diesem Abend auch ein paar Taschentücher gebrauchen, nachdem sie ihren Film gesehen hatten.
    Als ich um acht Uhr zumachte, hatte sich seit eineinhalb Stunden kein Kunde mehr in den Laden verirrt. Ich schloss die Tür ab, holte die Trittleiter und Putzmittel und machte mich an die Arbeit, nachdem ich zuerst Capras Ist das Leben nicht schön? in den Player gelegt hatte.
    Auf der Straße tauchten langsam die üblichen nächtlichen Gestalten auf. Junge Burschen lungerten vor dem Schnapsladen herum. Sie waren nicht wirklich alt genug, um trinken zu dürfen, aber sie lachten laut und kippten demonstrativ ihr illegales Dosenbier. Im Eingang des Kaufhauses gegenüber kauerten sich zwei Obdachlose verdrossen in ihren Pappkartons zusammen und hofften, nicht vertrieben zu werden.
    Bei meiner Aufgabe ging ich systematisch vor. Ich leerte jedes Regalbrett, wischte es aus und stellte die DVDs in der richtigen Reihenfolge wieder hinein. Der Capra-Film war offensichtlich eine schlechte Wahl gewesen. Der einzige Geist der Weihnacht, den er in mir inspirierte, beflügelte auch die Biertrinker vor dem Schnapsladen. Bei dem Teil, als Clarence, der Hilfsengel, James Stewart zeigt, wie die Welt aussehen würde, wenn er nie geboren worden wäre, kletterte ich so schnell von der Leiter, dass ich beinahe mit den Füßen in den Tritten hängenblieb. Ich lehnte mich über die Theke und knallte den Daumen so fest ich konnte auf den Auswurfknopf des Players. Die DVD fiel heraus, und ich widerstand dem Drang, sie durch das Schaufenster zu schleudern.
    Das war mal wieder typisch für mich. Mein ganzes Leben lang habe ich Versuchungen widerstanden. Der Versuchung zu sagen, was ich dachte, meine Gefühle mitzuteilen, Spaß zu haben, Sex zu haben, glücklich zu sein. Mir ging auf, dass ich tatsächlich der Versuchung zu leben widerstanden hatte, und ich schnappte die DVD und schleuderte sie schnurgerade auf das Fenster zu wie eine silbrig schimmernde Frisbee-Scheibe.
    Sie traf mit einem erstaunlich lauten metallischen Klirren auf das Glas, worauf die jungen Burschen vor dem Schnapsladen in Gelächter ausbrachen und mein Gesicht augenblicklich so rot anlief wie die Mütze des Weihnachtsmanns. Um alles noch schlimmer zu machen, prallte sie von der Glasscheibe ab und verschwand in dem schmalen Spalt zwischen zwei Vitrinen.
    Ich ging auf alle viere, um sie zu holen, aber ich kam nicht heran. Immer noch mit rotem Gesicht und wütender denn je versuchte ich einen Finger hinter die Scheibe zu klemmen, um sie herauszuziehen. Doch es nützte nichts, mein Finger war nicht lang genug.
    Inzwischen war ich genervt, müde und hungrig. Die Katzen hätten schon vor zwei Stunden gefüttert werden müssen. Aber ich hatte versprochen, im Laden Ordnung zu machen, und ich war viel zu höflich und bestrebt, es allen recht zu machen, um mein Wort zu brechen. Und jetzt hatte ich es fertiggebracht, ein Stück aus unserem kostbaren Bestand – und dazu noch einen Klassiker des modernen Films – zwischen zwei Vitrinen einzuklemmen, und ich musste ihn herausbekommen. Also ging ich zur Theke, um mir einen Stift zu holen, wobei ich leise vor mich hinfluchte und mich äußerst drastisch zuerst über meinen Arbeitgeber, dann über James Stewart, Frank Capra und schließlich die ganze Christenheit ereiferte, weil sie Weihnachten erfunden hatte.
    Nachdem ich den Stift hinter die DVD geschoben hatte, gelang es mir schließlich, sie so weit aus ihrem Versteck hervorzuholen, dass ich sie schnappen und herausziehen konnte. Sie sah ziemlich staubig und abgestoßen aus und würde wahrscheinlich nicht mehr laufen, aber was scherte mich das? Jeder, der sich solchen süßlichen, unrealistischen Kitsch ansehen wollte, sollte sowieso seinen Kopf untersuchen lassen.
    Ich wollte gerade aufstehen, als ich bemerkte, dass viel weiter hinten in der Lücke zwischen den zwei Schränken eine Videocassette mitsamt ihrer Hülle saß. Ich steckte den Kugelschreiber in den Spalt und zog sie langsam und vorsichtig auf mich zu. Das war richtig Arbeit, denn sie musste schon lange dort stecken und hatte sich festgeklemmt.
    »Komm schon, du Bastard«, sagte ich laut und stöhnte von der Anstrengung, das in seinem Versteck festhängende Band
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