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Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr
Autoren: Philip K. Dick
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Sie damit sagen«, entfuhr es Eric, »daß unser Qualitätsniveau gesunken ist?«
    Es schien unmöglich. Die Produkte von TF&D waren zu wichtig. Das gesamte System der militärischen Operationen hing von diesen schädelförmigen Kugeln ab.
    »Genau.« Es sah nicht so aus, als wäre Jonas beunruhigt. »Wir müssen zu viele Einzelstücke wegen ihrer Defekte aussortieren. Es springt für uns nichts mehr dabei heraus.«
    »M-m-manchmal«, stotterte Himmel, »wünsche ich, wir wären wieder in dem alten Geschäft mit dem Guano der marsianischen Fledermäuse.«
    Damals hatte die Gesellschaft den Dung der marsianischen Fledermäuse gesammelt, damit ihre ersten Gewinne erzielt und so die Möglichkeit bekommen, sich den größeren wirtschaftlichen Aspekten zuzuwenden, die eine andere extraterrestrische Lebensform bot – die marsianische Kopieramöbe. Dieser beeindruckende einzellige Organismus sicherte sein Überleben, indem er andere Spezies kopierte – hauptsächlich jene, die seine Größe besaßen –, und obwohl diese Fähigkeit die irdischen Astronauten und die Vertreter der UNO amüsierte, hatte niemand eine Möglichkeit zur wirtschaftlichen Nutzung gesehen, bis der mit dem Guano der Fledermäuse bereits erfolgreiche Virgil Ackerman aufgetaucht war. Binnen weniger Stunden kam er auf den Gedanken, eine dieser Kopieramöben mit einem der Nerze seiner damaligen Geliebten zusammenzubringen; die Kopieramöbe hatte die Gestalt des Nerzmantels angenommen, so daß Virgil und dem Mädchen mit einem Mal zwei Nerze zur Verfügung standen. Nun, schließlich war es die Amöbe leid geworden, die Nerzgestalt beizubehalten, und hatte wieder ihr ursprüngliches Aussehen angenommen. Dieses Ergebnis ließ noch etwas zu wünschen übrig.
    Eine Lösung für dieses Problem zu finden, hatte mehrere Monate in Anspruch genommen, und es stellte sich heraus, daß man die Amöbe während ihrer Mimikry töten und den Kadaver in ein Bad mit Chemikalien legen mußte, die die Eigenschaft besaßen, die letzte Gestalt der Amöbe zu konservieren; die Amöbe veränderte sich nicht mehr, und es war sogar unmöglich, sie von dem kopierten Original zu unterscheiden. Kurz danach hatte Virgil Ackerman eine Handelsfirma in Tijuana, Mexiko, eröffnet, und von seinen Werken auf dem Mars trafen ganze Schiffsladungen mit Ersatzpelzen von jeder Form und Qualität ein. Und fast über Nacht war von ihm der Naturpelzmarkt auf der Erde in den Ruin getrieben worden.
    Nun, der Krieg hatte all das geändert.
    Aber was hatte der Krieg nicht geändert? Und wer hatte jemals geglaubt, damals, als man den Friedensvertrag mit dem verbündeten Lilistern schloß, daß sich alles so furchtbar entwickeln würde? Denn was Lilistern und seinen Minister Freneksy betraf, so war dies die dominierende Militärmacht der Galaxis; ihre Feinde, die Riegs, waren militärisch und auch in allen anderen Bereichen unterentwickelt, und niemand hatte daran gezweifelt, daß der Krieg binnen kurzem beendet sein würde.
    Krieg allein war schon schlimm genug, überlegte Eric, aber nichts konnte einen so zum Nachdenken zwingen wie ein verlorener Krieg, so daß man – erfolglos – versuchte, in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen zu widerrufen – den Friedensvertrag, um ein Beispiel zu nennen, ein Beispiel, das vermutlich auch den meisten Menschen in den Sinn kommen würde, wenn man sie fragte. Aber in dieser Zeit wurde niemand von dem Maulwurf oder der Regierung Lilisterns um seine Meinung gebeten. Um die Wahrheit zu sagen, wurde allgemein angenommen – und auch offen in den Kneipen oder in der Intimität der Wohnungen darüber gesprochen –, daß nicht einmal Wert auf die Meinung des Maulwurfs gelegt wurde.
    Sobald die Auseinandersetzungen mit den Riegs begonnen hatten, waren die Geschäfte der Tijuana Fur & Dye Corporation von dem luxuriösen Handel mit Ersatzpelzen auf Kriegsproduktion umgestellt worden, so wie bei allen anderen Unternehmen. Die fast übernatürlich perfekte Duplikation von Steuermechanismen für die Raumschiffahrt, die man durch die Fixierung der Marsamöbe in der Gestalt der Faulen Braunen Hunde erreichte, bedeutete für TF&D kein Problem; die Umstellung war schmerzlos und rasch vonstatten gegangen. Und deshalb betrachtete Eric Sweetscent nachdenklich den Korb mit der Ausschußware und fragte sich – wie sich jeder der Firmenmitarbeiter früher oder später fragte –, wie aus diesen primitiven und dennoch komplexen Geräten noch Gewinn herausgeschlagen werden
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