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Waren Sie auch bei der Krönung?

Waren Sie auch bei der Krönung?

Titel: Waren Sie auch bei der Krönung?
Autoren: Paul Gallico
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und der Nummer dahinter. Sie waren wirklich ganz amtlich, in Goldschrift. Wir bezahlten ihn also, er dankte uns, sprang in eine Taxe und fuhr davon. Er war tatsächlich sehr nett.
    Wir kamen einfach um bei dem Gedanken, daß wir wirklich zur Krönung in der Abbey sitzen sollten, bis plötzlich Swing die Kleider einfielen; wir hatten natürlich keine Hoftoiletten, doch glücklicherweise hatten wir unsere weißen Abendkleider mit, nur für den Fall, daß wir jemand kennenlernen sollten, der mit uns ausgehen wollte. Und ich sagte, wir könnten zu Selfridge gehen und uns lange weiße Handschuhe und ein paar weiße Federn fürs Haar kaufen; doch Swing erwiderte, man trüge keine Federn zu einer Krönung, sondern Diademe; Federn seieii für die Vorstellung bestimmt. Wir stritten uns deswegen, kauften aber schließlich zwei Diademe aus Rheinkieseln und sonst noch ein paar Kleinigkeiten; dann beschafften wir uns alle Zeitungen und lasen die Anweisungen; wir stellten fest, daß wir um halb sechs aufstehen mußten, da wir um halb sieben Uhr morgens in der Abbey sein sollten. Swing sagte, das sei lauter Unsinn, da die Zeremonie erst halb elf beginne; sie jedenfalls werde nicht vor neun Uhr hinfahren, das sei früh genug.
    Ich erwiderte, es stehe in der Zeitung, nach sieben Uhr werde niemand mehr durchgelassen, doch Swing erklärte, mit unsern Billetts würden wir nicht nur durchgelassen, sondern kämen direkt neben Queen Mary zu sitzen, und das war komisch, denn wie sich dann herausstellte, war es nicht Mary, dafür aber Elizabeth, neben die wir kamen; sie ist ein Lämmchen und zuckersüß, und ich wünschte, ich hätte ihr ein paar von unsern belegten Broten geben können, der Armen, sie sah so verhungert aus.
    Ach ja, die belegten Brote hätte ich beinahe vergessen. Wissen Sie, in den Zeitungen stand nämlich, daß die Gäste in der Abbey acht bis neun Stunden ohne Essen auskommen müßten, und Swing bringt es einfach nicht fertig, länger als drei Stunden ohne einen Bissen zu sein, deshalb strichen wir uns ein paar Brote zum Mitnehmen, und dann stellten wir fest, daß wir nichts hatten, wo wir sie hineinstecken konnten, weil wir keine Handtaschen und nichts mitnahmen. Und da sagte ich, wir könnten doch nicht in die Abbey hineingehen, das Frühstück in der Hand, und Swing erwiderte, es mache ihr nichts aus, das Frühstück zu tragen und eine Flasche Bier dazu, wenn es den andern nichts ausmache. Und dann sah ich, wie sie mein Kleid so merkwürdig anguckte, und das löste das Problem, wissen Sie, denn wenn es auch ein sehr einfaches Kleid war, so hatte es doch zwei Panniers aus weißem Seidensatin über den Hüften; die schnitten wir einfach auf, schoben an jeder Seite zwei belegte Brote hinein und nähten sie wieder zu. Das verunstaltete das Kleid wirklich gar nicht — im Gegenteil, es verschönerte es, machte es ein wenig altmodisch, wie eine Tournure.
    Am Morgen der Krönung wollte ich früh aufbrechen, doch Swing sagte, das sei albern, das habe nur in der Zeitung gestanden, um die Leute abzuschrecken, und wir würden immer noch viel zu früh hinkommen; wir standen also erst um acht auf, zogen unsere weißen Abendkleider an, und natürlich überhaupt kein Make-up, weil das bei Tage scheußlich ausgesehen hätte. Unsere Diademe waren wirklich blendend. Wir verließen das Haus um Viertel vor neun und fanden eine der komischen Taxen, die überall herumkreuzen — nur daß diese schon antik und ziemlich altersschwach war. Swing sagte, sie sei überzeugt, daß dieses Fahrzeug bereits zur Krönung der Königin Viktoria benutzt worden sei — wir gingen auf die Taxe zu und erklärten dem Chauifeur, er solle uns zur Westminster Abbey fahren.
    Er sah uns sehr merkwürdig an, und ich bin fest überzeugt, daß das nicht unsern Kleidern galt, weil die Leute in England Abendkleider zu den sonderbarsten Stunden tragen, und dann fragte er: «Soll ich Sie gleich zum Altar hinauffahren, Miss?»
    Wir sagten, nein, es genüge, wenn er uns zum Haupteingang bringe. Dann kletterte er von seinem Sitz herunter, kam herüber, öffnete uns den Schlag, sah uns wieder an, schüttelte den Kopf und stieg wieder auf seinen Platz. Er sagte, er wolle glücklich sein, wenn er der Abbey auf eine Meile nahe komme, dann startete er die einzige Lunge seines Motors, und wir fuhren ab.
    Wir schienen schon eine ganze Weile herumgefahren zu sein, als wir plötzlich in einer schmalen Straße auf ein Gedränge stießen und anhielten. Wir sagten dem Mann, er solle
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