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Waren Sie auch bei der Krönung?

Waren Sie auch bei der Krönung?

Titel: Waren Sie auch bei der Krönung?
Autoren: Paul Gallico
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halten, kann ich Ihnen nur raten, es selber mal mitzumachen.
    Und dann waren wir also gewissermaßen unter dem Daumen von Mrs. Grammorton im fernen Devonshire, und eigentlich war es gar nicht so schlimm, wenn wir uns auch jeden Tag zum Dinner umziehen mußten und einige der andern Gäste zum Sterben langweilig waren. Aber natürlich bestand für uns nicht die geringste Möglichkeit, zur Krönung nach London zu fahren, weil wir versprochen hatten, unser Taschengeld nicht zu überziehen, und weil wir wußten, daß dort alles schrecklich teuer ist, und eigentlich gar nicht vorhatten, uns England anzusehen; und es war auch gar nicht so schlimm, von unsern Jungen getrennt zu sein, weil das Gute an so einem. Jungen das ist, daß er, wenn er auch nur halbwegs anständig ist, bei der Stange bleibt. So hatten wir den Gedanken an die Krönung wirklich schon aufgegeben — das heißt, bis zu diesem Bridgespiel.
    Wissen Sie, wir spielten nach dem Abendessen immer Bridge mit den andern Gästen in Grammorton-House, und selbstverständlich spielen wir nie höher als Sixpence für das Hundert, und irgendwie kamen wir immer an einen Tisch mit Major Putrington und seiner Frau. Der Major war alt, dürr und überall voller Sehnen, dazu hatte er eine ganz entsetzliche Frau. Swing sagte, sie mache dauernd ein Gesicht, als wolle sie gerade ein Telegramm mit einer unangenehmen Mitteilung beantworten. Eines Abends, vielleicht eine Woche vor der Krönung, fragte uns nun der Major, ob wir den Einsatz nicht erhöhen wollten, und wir dankten und sagten, nein, zu Haus spielten wir nie um mehr als zehn Cent das Hundert; und das war die volle Wahrheit, weil Dad einmal, als ich für einen halben Cent den Punkt gespielt hatte, Wind davon bekam und sich anstellte wie ein Huhn, das Eier legen will.
    Mrs. Putrington schenkte uns ein sauersüßes Lächeln — Swing sagte später, ihr sei es gewesen, als habe sie in einen Granatapfel gebissen — und erklärte: «Wir hören hier immer, daß man in Amerika um sehr hohe Einsätze spielt.»
    «Wir tun das nicht», erwiderte Swing, «weil wir's uns nicht leisten können.»
    «Aha!» lachte der Major, genau so. «Aha, aha! Famos! Nicht leisten können. Aha! Ich muß schon sagen: famos! Hier ist es so verflixt stumpfsinnig gewesen. Dachte mir, Sie würden ein bißchen Leben hineinbringen wollen. Nicht leisten können! Oh, ihr Amerikaner! Aha! Wirklich famos!»
    Ich fing das Signal von Swing auf und lief hinauf in unser Zimmer. Sie kam einen Augenblick später nach und fragte: «Wieviel Geld hast du noch?»
    Ich erwiderte: «Acht Pfund. Aber damit muß ich bis Ende des Monats reichen.»
    «Gib's mir», sagte Swing. «Ich habe sieben. Das macht fünfzehn. Wir brauchen bloß zu Haus zu bleiben, wenn wir's verlieren. Unsere Pension hier ist bezahlt, wir können also essen und schlafen.»
    Ich sagte: «O Swing, was hast du vor?»
    Sie erwiderte: «Gegen die beiden Maden spielen. Sie haben herausgefunden, daß unsere Familien im Geld schwimmen, und möchten nun hier auf unsere Kosten leben. Sehr ehrenhafter Zeitvertreib, zwei Achtzehnjährige zu rupfen! Komm, wir gehen. Und um Himmels willen, Audrey, bloß keine Nerven!»
    «O Swing, ich habe Angst.»
    «Du hältst sie, und ich spiele», entgegnete Swing. «Außerdem spielen die Putringtons immer noch aus dem Buch, das wir schon vor drei Jahren weggeworfen haben. Ich bin wirklich froh, daß ich als Debütantin erzogen worden bin.»
    Als wir zurückkamen, sagte Swing liebenswürdig — sie hat sehr gute Manieren: «Es tut uns so leid, daß wir Sie warten ließen. Um welchen Einsatz möchten Sie spielen?»
    «Eh? Eh?» machte der Major. «Oh, das ist famos, muß ich schon sagen. Die Londoner Klubeinsätze. Ist Ihnen ein Pfund je hundert recht?»
    Ich wurde beinahe ohnmächtig, doch Swing erwiderte gelassen: «Ausgezeichnet. Wollen wir abheben, wer gibt?»
    Swing ist eine gerissene Bridgespielerin. Sie tut, als hätte sie überhaupt kein Interesse am Spiel oder dächte an etwas anderes oder schliefe halb. Sie ist ein großes dunkles Mädchen mit üppigem Haar und einem träumerischen Blick in den Augen; und wenn jemand reizt, fährt sie immer ganz erschrocken zusammen, doch in unserm Kreis in Chicago läßt sich davon niemand mehr begaunern. Aber, sehen Sie, die Putringtons hat sie begaunert.
    So bekamen wir also das Geld, um zur Krönung zu fahren. Mrs. Grammorton sorgt immer dafür, daß um Mitternacht alle aufhören zu spielen, weil
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