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Wanderer im Universum

Wanderer im Universum

Titel: Wanderer im Universum
Autoren: Fritz Leiber
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Merriam, USSF, starrte durch das Fenster seines unförmigen Helmes, das noch auf halbe Polarisation eingestellt war, um seine Augen vor dem grellen Sonnenlicht zu schützen. Er beobachtete den Rand der Sonnenscheibe, der jetzt durch die Erdatmosphäre verschwommen wirkte, als die Sonne langsam hinter der Erde verschwand.
    Die letzten orangeroten Strahlen erinnerten an die Wintersonne, die hinter den unbelaubten Bäumen in der Nähe des Farmhauses in Minnesota versank, in dem Don Merriam seine Kindheit verbracht hatte.
    Jetzt drehte er den Kopf nach rechts und betätigte einen Schalter mit der Zungenspitze, um die Polarisation zu verringern.
    Plötzlich waren wieder alle Sterne deutlich sichtbar – glänzende Lichtpunkte in der unendlichen Dunkelheit. Die Erde war von einem rötlichen Lichtschein umgeben, der nach etwa einem Vierteldurchmesser rasch abnahm und schließlich völlig verschwand. Don stellte gelangweilt fest, daß die Erde jetzt so schwarz wie nie zuvor wirkte, weil sie nicht mehr von dem reflektierten Licht des Mondes erhellt wurde, das ihre Kontinente sonst schwach erglühen ließ.
    Bisher hatte Don sich weit zurückgelehnt und nur auf einen Arm gestützt, um die Erde besser sehen zu können, die schon fast ihren Zenit erreicht hatte. Jetzt richtete er sich mit leichtem Schwung auf und sah sich um. Im Licht der Sterne und der von der Erde fast verdeckten Sonne hatte der dunkelgraue Staub zu seinen Füßen sich in eine bronzefarbene Mischung aus pulverisierter Lava und magnetischem Eisenoxyd verwandelt.
    Damals, als Cromwell noch über England herrschte, hatte Hevelius diesen Krater als den Großen Schwarzen See bezeichnet. Selbst bei vollem Sonnenschein hätte Don die Wälle des Kraters Plato nicht sehen können. Der eineinhalb Kilometer hohe Ringwall, der in allen Himmelsrichtungen etwa fünfzig Kilometer von Don entfernt war, lag hinter der stark gekrümmten Mondoberfläche verborgen.
    Der gleiche Krümmungsradius verdeckte auch den Unterteil des Schutzbaues, den die Astronauten ihre ›Hütte‹ nannten. Don freute sich jedesmal wieder über die fünf beleuchteten Bullaugen an der Grenze zwischen der dunklen Ebene und den Sternenfeldern. In ihrer Nähe ragten die drei kegelförmigen Raumschiffe des Stützpunktes vor den Sternen auf; mit ihren Spinnenbeinen wirkten sie aus dieser Entfernung wie vorsintflutliche Ungeheuer.
    »Wie sieht die völlige Dunkelheit aus?« fragte Johannsens Stimme aus Dons Kopfhörer.
    »Warm und gemütlich. Schöne Grüße von Susie«, antwortete Don.
    »Außentemperatur?«
    Don warf einen Blick auf die Anzeige des Thermometers in seinem Helm. »Sinkt weiter unter zweihundert Grad Kelvin«, meldete er dann. Die Temperatur lag also fast genau hundert Grad unter dem Nullpunkt der Fahrenheitskala, die in englischsprechenden Ländern noch immer gebräuchlich war.
    »Funktioniert dein SOS?« wollte Johannsen wissen.
    Don betätigte einen Schalter mit der Zunge und hörte ein melodisches Summen im Kopfhörer. »Laut und klar, mon capitaine «, sagte er dann schwungvoll.
    »Schon gehört«, antwortete Johannsen mürrisch. Don schaltete das SOS wieder aus.
    »Hast du die Behälter schon gesammelt?« erkundigte Johannsen sich dann. Er sprach von den winzigen Dosen, die regelmäßig ausgelegt und wieder eingesammelt wurden, um die Bewegungen des Mondstaubes und anderer Materialien zu kontrollieren, zu denen auch radioaktive Stoffe gehörten, die in unterschiedlichen Abständen von der Hütte ausgelegt worden waren.
    »Ich habe noch nicht geerntet«, antwortete Don.
    »Laß dir ruhig Zeit«, meinte Johannsen mit einem leichten Seufzer und unterbrach die Verbindung. Don und er wußten nur zu gut, daß das Auslegen und Einsammeln der Behälter nur als Entschuldigung dafür diente, einen Mann außerhalb der Hütte zu haben, wenn ein Mondbeben bevorstehen konnte. Das war immer der Fall, wenn Sonne und Erde aus der gleichen Richtung auf den Mond einwirkten, wie es jetzt der Fall war, oder wenn sie den Mond genau zwischen sich hatten, was in vierzehn Tagen eintreffen würde.
    Der Stützpunkt hatte bisher nur sehr schwache Erschütterungen registriert, bei denen die Nadel des Seismographen, der auf den massiven Felsen unter der Hütte ruhte, kaum ausgeschlagen hatte. Trotzdem achtete Gompert sorgfältig darauf, alle vierzehn Tage einen Mann für mehrere Stunden nach draußen zu schicken. Falls das Unerwartete doch einmal eintreten sollte und die Hütte schwer beschädigt wurde, hatte Gompert
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