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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten
Autoren: Henning Mankell
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Schweden und den USA gestört würden? Vielleicht war das Schweigen, das sich über Håkan von Enkes Spionagetätigkeit ausbreitete, das, was alle Beteiligten sich wünschten?
    Es war Ende September gewesen, als er anfing zu schreiben, und jetzt hatte er mehr als acht Monate damit zugebracht. Er wollte nicht, dass das Geschehene mit dem Mantel des Schweigens zugedeckt und begraben würde. Der Gedanke empörte ihn.
    Während er schrieb, versah er wie gewohnt seinen Dienst. Zwei trostlose Ermittlungen wegen schwerer Körperverletzung hielten ihn den ganzen Herbst über auf Trab. Im April 2009 übernahm er die Ermittlung einer Serie von Brandstiftungen in der Umgebung von Ystad.
     
    Am meisten beunruhigten Wallander in dieser Zeit seine immer wieder auftretenden Gedächtnisausfälle. Am schlimmsten war es an einem der Weihnachtstage gewesen. Während der Nacht hatte es geschneit. Er hatte sich angezogen und war hinausgegangen, um die Zufahrt freizuschippen. Als er fertig war, wusste er plötzlich nicht mehr, wo er war. Nicht einmal Jussi erkannte er. Es dauerte geraume Zeit, bis ihm klar wurde, auf welchem Hof er stand. Er tat nicht, was er hätte tun sollen. Er ging nicht zum Arzt, weil er ganz einfach viel zu große Angst hatte.
    Er versuchte sich einzureden, dass er zu viel arbeitete, dass er ausgebrannt war. Manchmal gelang ihm das. Aber die Angst, dass dieses Vergessen schlimmer und schlimmer werden würde, verließ ihn nicht mehr. Er fürchtete, dement zu werden, an Alzheimer im Anfangsstadium zu leiden.
     
    Wallander lag noch im Bett. Es war Sonntagmorgen, er hatte frei. Am Nachmittag würde Linda ihn mit Klara besuchen. Vielleicht würde Hans mitkommen, wenn er es einrichten konnte.
    Um sechs Uhr stand er auf, ließ Jussi aus dem Zwinger und machte Frühstück. Den Rest des Vormittags widmete er seinen Papieren. Er ahnte an ebendiesem Morgen zum ersten Mal, dass es eine Art Lebensvermächtnis war, woran er schrieb. So hatte sein Leben sich gestaltet. Selbst wenn er noch zehn oder fünfzehn Jahre lebte, würde sich daran nicht viel ändern. Dagegen fragte er sich, während er eine Art hallende Leere in sich spürte, was er nach seiner Pensionierung als Polizist tun wollte. Er dachte an das Gespräch mit Nyberg, der bald in den Norden ziehen würde, in die tiefen Wälder.
    Es gab nur eine Antwort, und das war Klara. Ihre Gegenwart machte ihn immer froh. Sie würde da sein, auch für ihn.
    An diesem Morgen im Mai setzte er den Schlusspunkt. Weiter kam er nicht mehr und meinte, alles gesagt zu haben. Er hatte alle Papiere auf seinem Computer ins Reine geschrieben, und jetzt lag ein Ausdruck vor ihm auf dem Tisch. In mühsamer Arbeit, Wort für Wort, hatte er die Geschichte des Mannes rekonstruiert, der ihn getäuscht und dazu gebracht hatte, zu glauben, seine Frau sei eine Spionin. Wallander dachte, dass auch er selbst ein Teil des Berichts war, nicht nur der, der ihn niedergeschrieben hatte.
    Für einige der losen Enden hatte er keine Erklärung gefunden. So grübelte er viel über Louises Schuhe nach. Warum hatten sie auf Värmdö ordentlich ausgerichtet neben ihr gestanden? Wallander nahm am Ende an, dass sie an einem anderen Ort getötet worden war und ihre Schuhe dabei nicht angehabt hatte. Jemand hatte dann die Schuhe neben sie gestellt, ohne darüber nachzudenken, was er tat. Es gab auch keine Antwort auf die Frage, wo Louise sich in der Zeit,in der sie verschwunden war, aufgehalten hatte. Sie war gefangen gehalten worden, bevor jemand entschieden hatte, dass sie um Håkan von Enkes willen sterben musste.
    Auch die Frage der Steine blieb Wallander ein ungelöstes Rätsel. Da war der Stein, den er zu Hause bei Håkan von Enke gesehen hatte, der zweite, den er von Atkins bekommen hatte, und dann der Stein auf George Talboth’s Balkontisch. Er sagte sich, dass es sich um eine Art Souvenir handelte, in den schwedischen Schären von Personen aufgesammelt, die sich dort nicht hätten aufhalten dürfen. Aber warum der eine Stein später von Håkan von Enkes Schreibtisch verschwand, blieb ihm schleierhaft. Er konnte sich verschiedene Möglichkeiten denken, wagte es jedoch nicht, sich für eine von ihnen zu entscheiden.
    Einige Male hatte er mit Atkins telefoniert. Hatte ihn weinen hören, während er von seinem verlorenen Freund sprach. Seinen verlorenen Freunden, verbesserte er sich stets. Er vergaß Louise nicht. Atkins hatte gesagt, er wolle zur Beerdigung kommen. Als es aber Mitte August endlich so weit war,
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