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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin
Autoren: Henning Mankell
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fanatische Botschaft war trotz der geminderten Bedeutung der Bruderschaft nicht untergegangen.
    1990 wurde Nelson Mandela von Robben Island freigelassen, wo er fast dreißig Jahre als politischer Gefangener inhaftiert gewesen war.
    Während die Welt jubelte, betrachteten viele Buren Nelson Mandelas Freilassung als eine unsichtbar ausgestellte und unterschriebene Kriegserklärung. Präsident de Klerk wurde zum gehaßten Verräter.
     
    In äußerster Heimlichkeit traf sich zu diesem Zeitpunkt eine Anzahl Männer, um die Zukunft der Buren in die Hand zu nehmen. Es waren schonungslose Männer. Aber sie waren der Meinung, ihren Auftrag von Gott erhalten zu haben. Sie würden sich niemals unterwerfen. Aber sie würden auch nicht handeln wie Sergeant George Stratton.
    Sie waren bereit, das Recht, das sie für heilig ansahen, mit allen verfügbaren Mitteln zu verteidigen.
    Heimlich trafen sie sich und faßten einen Beschluß. Sie würden einen Bürgerkrieg provozieren, der nur auf eine Weise enden konnte. In einem vernichtenden Blutbad.
     
    Im selben Jahr starb Henning Klopper, vierundneunzig Jahre alt. In der letzten Zeit seines Lebens hatte er immer wieder geträumt, mit Sergeant George Stratton zu verschmelzen. Jedesmal, wenn er im Traum die Mündung der Pistole gegen seine Stirn richtete, schreckte er schweißgebadet auf und saß zitternd im Dunkeln. Auch wenn er alt war und nicht mehr in allen Einzelheiten verfolgen konnte, was um ihn herum geschah, war ihm doch klar, daß in Südafrika eine neue Zeit angebrochen war. Eine Zeit, in der er sich niemals heimisch fühlen konnte. Er starrte an |23| die Decke und versuchte sich vorzustellen, wie die Zukunft aussehen würde. Aber er sah keinen Lichtblick und fühlte eine große Unruhe in sich wachsen. Wie in einem fernen Traum sah er sich mit Hans du Pleiss und Werner van der Merwe in dem kleinen Café in Kensington sitzen, und er konnte seine eigene Stimme hören, die über Verantwortung für die Zukunft der Buren sprach, ihre Verantwortung.
    Irgendwo, dachte er, sitzen auch heute junge Männer, junge Buren, an Caféhaustischen und reden darüber, wie die Zukunft erobert und verteidigt werden wird. Das auserwählte Volk wird sich niemals unterwerfen, sich aber auch niemals selbst aufgeben.
    Trotz der Unruhe, die ihn nachts in seinem Schlafzimmer bedrängte, starb Henning Klopper in der Gewißheit, daß seine Nachkommen niemals wie Sergeant George Stratton handeln würden, damals am Flußbett des Gongqo an einem Tag im April 1878.
    Das Volk der Buren würde sich niemals unterwerfen.

|25| Die Frau aus Ystad

1
    Die Immobilienmaklerin Louise Åkerblom verließ die Bankfiliale in Skurup am Freitag, dem 24.   April, kurz nach drei Uhr. Sie blieb einen Augenblick auf dem Bürgersteig stehen und sog frische Luft in die Lungen, während sie darüber nachdachte, was sie tun sollte. Am liebsten hätte sie den Arbeitstag jetzt schon abgebrochen und wäre direkt heim nach Ystad gefahren. Aber sie hatte am Vormittag den Anruf einer Witwe bekommen und versprochen, bei einem Haus vorbeizufahren, das die Frau verkaufen wollte. Sie überlegte, wieviel Zeit das in Anspruch nehmen würde. Eine Stunde vielleicht, entschied sie. Kaum mehr. Dann mußte sie Brot kaufen. Für gewöhnlich buk ihr Mann Robert Brot selbst, aber in dieser Woche hatte er es nicht geschafft. Sie überquerte den Marktplatz und hielt sich links, wo die Bäckerei lag. Eine Glocke bimmelte, als sie die Tür öffnete. Sie war die einzige Kundin im Geschäft, und die Frau hinter dem Ladentisch, Elsa Person, würde sich später daran erinnern, daß Louise Åkerblom gut gelaunt zu sein schien und davon gesprochen hatte, wie schön es sei, daß der Frühling endlich käme.
    Sie kaufte ein Roggenbrot und beschloß, die Familie zum Nachtisch mit Blätterteigtörtchen zu überraschen. Dann ging sie zur Bank zurück, wo sie auf dem rückwärtigen Parkplatz ihren Wagen abgestellt hatte. Unterwegs traf sie das junge Paar aus Malmö, dem sie gerade ein Haus verkauft hatte. Die beiden waren noch in der Bank geblieben, hatten den Abschluß perfekt gemacht, den Verkäufer bezahlt sowie die Kauf- und Kreditverträge unterzeichnet. Sie verstand die Freude der jungen Leute über das eigene Haus gut. Gleichzeitig aber machte sie sich Gedanken. Würden sie mit der Tilgung des Kredits und mit den Zinszahlungen |26| klarkommen? Es waren harte Zeiten, kaum ein Arbeitsplatz war mehr sicher. Was würde geschehen, wenn er seinen Job verlor? Sie
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