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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren
Autoren: Þráinn Bertelsson
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Tages frei. Bist du mit dem Auto hier oder soll ich dich nach Hause fahren?«
    »Ich hab zu Hause nichts zu tun«, erwiderte sie. »Zu Hause ist niemand. Darf ich noch einen Moment hier sitzen bleiben und wieder zu mir kommen?«
    Und dann fing sie wieder an zu weinen.
    Mensch zu sein ist schwer, dachte Víkingur. Aber Frau zu sein ist noch schwerer. Das muss ich mal Gott weiß wo gelesen haben. Aber Frauen können wenigstens weinen.
    Am schlimmsten fand er, dass sie das Schluchzen unterdrückte und lautlos weinte. Er wollte sie in den Arm nehmen, aber das wäre unangebracht. Er war ein Mann. Sie war eine Frau. Und er war ihr Vorgesetzter.
    Er legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. Eine innigere Berührung wäre anstößig gewesen.
8
Human Resources und Management
    Dagný Axelsdóttir, Kriminalkommissarin in der R3-Gruppe, war Randver Andrésson, dem Assistenten des Hauptkommissars, in vielerlei Hinsicht zugetan, aber tief im Inneren glaubte sie, dass es sowohl ihr Können als auch ihre Produktivität einschränkte, sämtliche Entscheidungen von diesem bedächtigen Streber oder altmodischen Chauvi, je nachdem, wie man es sehen wollte, absegnen zu lassen.
    »Nur damit das klar ist«, sagte sie, »ich finde, wir sollten die Samthandschuhe ausziehen und diesen Idioten in die Mangel nehmen, bis er gesteht.«
    »Wir haben nun wirklich genügend Geständnisse von ihm«, sagte Randver. »Immerhin hat er schon dreimal gestanden.«
    »Ja, aber dann macht er jedes Mal einen Rückzieher, wenn wir anfangen, nach der Leiche zu suchen. Ich hab langsam den Eindruck, er legt zum Spaß ein Geständnis ab, wenn er mal wieder raus an die frische Luft möchte.«
    Sie sprachen über Sveinbjörn Ragnarsson, der am selben Morgen in Tränen ausgebrochen war, als ein Polizeitrupp auf seine Anweisungen hin begonnen hatte, nach der Leiche seiner Frau zu suchen. Noch am Tag zuvor hatte er unumwunden zugegeben, seine Frau erwürgt und ihre Leiche in einem halbzerfallenen Bunker am Öskjuhlíð versteckt zu haben. Er hatte behauptet, seine Frau sei bedauerlicherweise selbst schuld daran, da sie plötzlich schimpfend und prügelnd auf ihn losgegangen sei, er ihr Nase und Mund hatte zuhalten müssen und dabei ein bisschen zu fest und zu lange zugedrückt habe.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob wir die Wahrheit eher aus ihm herausbekommen werden, wenn wir ihn mit großem Trara verhören«, sagte Randver. »Eigentlich glaube ich, je weniger wir uns um ihn kümmern, desto mehr hat er das Bedürfnis, uns zu erzählen, was passiert ist.«
    »Das sehe ich anders«, erwiderte Dagný. »Es geht ja gar nicht darum, ein Riesentheater zu veranstalten, aber dieser Mann ist so verlogen, dass wir ihm klarmachen müssen, dass wir es ernst meinen, wenn wir ein echtes Geständnis von ihm wollen – falls wir überhaupt noch eins brauchen. Denn eigentlich haben wir schon so viele Beweise gegen ihn in der Hand, dass wir sein Geständnis gar nicht mehr benötigen; das Blut in der Wohnung, das Blut im Auto, das Blut auf seiner Kleidung. Das hast du ihm ja auch schon einige Male erklärt.«
    »Aber wir brauchen natürlich ein echtes Geständnis, und dazu wird er uns die Leiche zeigen müssen. Das Blut allein beweist gar nichts. Wir wissen noch nicht mal, ob es überhaupt von der Frau stammt«, sagte Randver. »Sie ist verschwunden, und auch wenn alle Umstände und gesunder Menschenverstand darauf hinweisen, dass Sveinbjörn sie getötet und ihre Leiche versteckt hat, reicht das vor Gericht nicht. Die haben andere Maßstäbe. Erstens müssen wir beweisen, dass die Frau wirklich tot ist, zweitens, dass sie ermordet wurde, und drittens, dass Sveinbjörn der Mörder ist. Falls die Leiche nicht auftaucht, ist es verdammt schwer zu beweisen, dass sie nicht eines natürlichen Todes gestorben ist. Mir ist nur ein Mordfall in Island bekannt, bei dem ein Urteil ausgesprochen wurde, obwohl man die Leiche nicht gefunden hat. Das war der Geirfinnur-Fall, und ich habe wirklich kein Interesse daran, dass sich bei einem meiner Fälle dieses Chaos wiederholt. Es ist alles eine Frage der Geduld.«
    Dagný schaute ihren Vorgesetzten an und dachte: Diese Trantüte wäre bei der Verkehrspolizei besser aufgehoben, da könnte er sich mit Rasern herumschlagen.
    Laut sagte sie: »Okay, und was machen wir jetzt?«
    »Bezüglich des Falls?«, fragte Randver.
    Dagný konnte sich nur mit Mühe und Not ein Seufzen verkneifen.
    »Ja, bezüglich des Falls, über den wir gerade sprachen.«
    »Wir
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