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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren
Autoren: Þráinn Bertelsson
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man würde dich nicht erkennen, wenn du dir den Schädel rasierst, du Dreckschwein? Einstein who?«
    Der Fettwanst gab Eysteinn keine Gelegenheit, sich an dem Gespräch zu beteiligen. Er drückte ihm ein breites Klebeband über den Mund und begann dann, seine Hände auf dem Rücken zusammenzubinden. Als er zu den Füßen kam, versuchte Eysteinn, um sich zu treten, sodass der Fettwanst sich gezwungen sah, Eysteinn in die Rippen zu treten. Eysteinn hatte das Gefühl zu ersticken.
    Goldköpfchen, von dem Eysteinn wusste, dass er mit vollem Namen Ævar Gísli Guðbergsson hieß und als Drogendealer und Geldeintreiber tätig war, durchsuchte mit geübten Fingern seine Taschen. Als Erstes fand er die Pistole und zeigte sie seinem Kumpel.
    »Wow!«, rief der Fettwanst, von dem Eysteinn wusste, dass er mit vollem Namen Jóhann Brecher Baker hieß und vor nicht allzu langer Zeit auf Bewährung aus dem Knast entlassen worden war, nachdem er eine humane Strafe für einen winzigen Teil der eher inhumanen Körperverletzungen abgesessen hatte, derer man es gewagt hatte ihn zu bezichtigen. Er fügte hinzu: »Eine Smith & Wesson!«, und pfiff durch die Zähne.
    Der Fettwanst streckte die Hand nach der Waffe aus, aber Goldköpfchen schob sie in seinen Hosenbund und würdigte seinen Kumpel keines Blickes. Fachmännisch suchte er weiter. Er hatte Glück; die Waffe war gesichert.
    »Wow!«, sagte der Fettwanst wieder, als Goldköpfchen den weißen Umschlag mit einem feinen Pulver hochhob. »Was hat er denn da?«
    Goldköpfchen tippte mit der Fingerspitze in das Pulver, leckte sie dann ab und spürte eine angenehme Taubheit in der Zunge; den Geschmack kannte er nicht.
    »Irgendein K.-o.-Pulver«, sagte Goldköpfchen. »Am besten geben wir ihm eine ordentliche Portion, damit er auch wirklich keinen Ärger mehr macht.«
    Der Fettwanst erbot sich, Eysteinn eine Prise zu verabreichen, aber Goldköpfchen sah keinen Anlass, seinem Kumpel den Umschlag zu überlassen, und kümmerte sich selbst darum, das Pulver in Eysteinns Nasenlöcher zu schieben. Da sein Mund zugeklebt war, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als durch die Nase einzuatmen.
    Die ganze Prozedur dauerte nicht lange. Goldköpfchen reichte dem Fettwanst Eysteinns Autoschlüssel: »Du fährst mit seinem Wagen.«
    Dann öffneten sie den Kofferraum, warfen Eysteinn auf den Reservereifen und schlugen die Heckklappe zu.
    Das Letzte, was Eysteinn durch den Kopf ging, bevor er das Bewusstsein verlor, war, dass er sich nie besser gefühlt hatte. Der Fettwanst war enttäuscht, als er sah, dass es sich um einen Automatikwagen handelte. Er war der Meinung, Automatikschaltungen seien nur etwas für Weiber. Langsam rollte er vom Parkplatz und bog in östliche Richtung ab.
    Goldköpfchen fuhr hinterher. Er konnte es kaum erwarten, Eysteinns Laptop mit dem begehrten Lesestoff abzuliefern. Er konnte es kaum erwarten, den Inhalt des Rucksacks zu durchstöbern, den Jói Brecher und er untereinander aufteilen würden. Offenbar hatte Eysteinn eine Reise antreten wollen.
    Tja, kleine Änderung des Reiseziels, dachte Goldköpfchen. Surprise, surprise! Damit hast du wohl nicht gerechnet, mein Freund.
    Sie bogen von der Skúlagata Richtung Osten auf die Sæbraut und achteten penibel darauf, die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht zu überschreiten.
53
Zufall?
    Es gibt so viel mehr Zufälle, als allgemein angenommen wird. Sie sind so verbreitet, dass der Glaube der Menschen an eine allmächtige Hand, die die Geschicke der Welt lenkt, ins Unermessliche wachsen würde – wenn die Sache nicht so geschickt eingefädelt wäre, dass die meisten Zufälle geschehen, ohne dass sie von irgendjemandem bemerkt werden.
    Zum Beispiel hatte Víkingur keine Ahnung, dass er genau in dem Moment wieder zu Bewusstsein kam, als Eysteinn Brandsson seinen Atem aushauchte.
     
    Als Víkingur erwachte, glaubte er zunächst, er träume und befände sich mitten in einem Alptraum.
    Er hatte den Eindruck, in einem unbekannten Schlafzimmer zu sein. Vermutlich war es Morgen, denn das Licht, das durchs Fenster drang, ähnelte der meeresgrauen Morgendämmerung. Er lag voll bekleidet auf dem Fußboden. Neben ihm stand ein Bett, die Bettdecke hing auf den Boden. War er im Traum aus dem Bett gefallen und nun in dem Glauben, er wache auf, um ein neues Kapitel eines Alptraums zu erleben?
    Neben dem Kleiderschrank saß eine Frau mit ausgestreckten Beinen auf dem Fußboden. Er konnte sie nicht erkennen, das Haar hing ihr ins Gesicht. Sie
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