Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waldesruh

Waldesruh

Titel: Waldesruh
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
würde Oma ganz bestimmt nicht wollen.«
    Janna nickte nachdenklich. »Nein, da hast du recht. Wahrscheinlich wäre sie sogar stolz auf uns.«
    »Bestimmt.« Marie schlang die Arme um ihren Oberkörper. »Emily, hilfst du uns heute Nacht?«
    Emily schaute erschrocken von einer zur anderen.
    »Du musst nicht, wenn du Angst hast«, sagte Janna.
    Emily schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. »Nein. Schon gut. Ich helfe euch. Versprochen ist versprochen.«
    »Bis zum Abend können wir sie aber nicht im Gemüsegarten liegen lassen«, meinte Marie und wandte sich um. »Ich hol die Schubkarre. Wir stellen sie hinter den Holzschuppen, da ist es schön kühl.«
    »Du bist so blass, bist du krank?«
    »Nein, mir geht’s gut.«
    »Habt ihr etwa geraucht?«
    Emily verdrehte die Augen. »Nein, Mama!«
    Frau Schütz grinste. »Du kannst es mir ruhig sagen. Als ich so alt war wie du, haben wir heimlich geraucht und meine Mutter hat es sofort gemerkt, weil ich leichenblass nach Hause gekommen bin. So wie du jetzt.«
    Emily entwand sich dem prüfenden Blick ihrer Mutter und stellte sich vor den Spiegel im Flur. Tatsächlich, sie hatte schon gesünder ausgesehen. Leichenblass...die Leiche...das Wäldchen...
    Rasch rubbelte sich Emily mit den Händen die Wangen rot, ehe sie wieder die Küche betrat und mit fester Stimme sagte: »Ich habe nicht geraucht. Rauchen ist dämlich. Die Zicken in unserer Klasse rauchen manchmal vor der Schule, aber Marie und ich finden das saublöd.«
    »Dann ist es ja gut«, antwortete Emilys Mutter, offenbar einigermaßen überzeugt.
    »Soll ich den Tisch decken?«
    »Gerne.«
    Emily holte Teller und Besteck aus dem Schrank. Dann faltete sie drei Servietten zu Schmetterlingen und legte sie auf die Teller.
    »Sehr hübsch, wo hast du denn das gelernt?«, wunderte sich ihre Mutter über die bis dato unbekannten Fähigkeiten ihrer Tochter.
    »Kann ich sonst noch was helfen?«, fragte Emily beflissen.
    Frau Schütz stemmte die Arme in die Hüften, sah ihre Tochter an und fragte: »Was willst du?«
    Es kostete Emily einiges an Überredungskunst, um die Erlaubnis zu bekommen, an einem ganz normalen Donnerstag bei Marie übernachten zu dürfen. Sie musste ihre Mutter sogar anlügen und behaupten, sie habe erst zur dritten Stunde Schule, also sei morgen früh noch genug Zeit, sich zu Hause umzuziehen und ihre Schulsachen zu holen. Ausgerechnet ihr Lieblingsfach würde sie schwänzen – den Kunstunterricht bei Frau Kramp.
    Schließlich, nach langem Hin und Her, hatte Emily ihre Mutter endlich so weit und mit gemischten Gefühlen machte sie sich zum zweiten Mal an diesem Tag auf den Weg zum Bahnwärterhäuschen.
    Auf keinen Fall sollte Moritz dabei sein, wenn seine Großmutter im Wald beerdigt wurde. Also konnten sie erst los, nachdem er eingeschlafen war. Er hatte nicht mehr nach seiner Oma gefragt und die Schwestern hatten sich gehütet, noch einmal davon anzufangen.
    Vor einer halben Stunde war die Sonne hinter dem Wäldchen im Westen versunken, der Himmel wurde zusehends blasser, in einer halben Stunde würde es dunkel sein. Aber Moritz, der mit dem untrüglichen Instinkt kleiner Kinder spürte, dass er von etwas ausgeschlossen werden sollte, wollte nicht einschlafen. Marie, Janna und sogar Emily hatten ihm nacheinander drei Märchen vorgelesen, aber immer wieder sprang er wie ein Schachtelteufel aus dem Bett, verlangte nach kalten und warmen Getränken, nach seinem Schlafbären und schließlich auch nach seiner Oma. Emily erlebte hautnah, dass kleine Kinder ganz schön nervig und anstrengend sein konnten, und auch Janna und Marie, die das eigentlich gewohnt sein mussten, wurden immer unruhiger und aufgekratzter, was wiederum Moritz zu spüren schien.
    »Und was ist, wenn der böse Mann kommt?«, quakte er putzmunter, als sich Marie eben aus dem Zimmer schleichen wollte, im Glauben, er wäre eingeschlafen.
    »Das kommt vom vielen Fernsehen«, stöhnte Marie entnervt. »Was machen wir bloß mit dem?«
    »Drogen«, sagte Janna.
    »Häh?«
    »Wir verpassen ihm ein Schlafmittel.«
    »Was denn für ein Schlafmittel?«
    »Ich schau mal, was sich so findet.« Janna machte sich daran, die Hausapotheke zu durchsuchen. Wilhelmine Holtkamp hatte tatsächlich eine Packung Schlafpillen besessen, allerdings war deren Haltbarkeitsdatum ungefähr um die Zeit der Mondlandung herum abgelaufen.
    »Meinst du, die wirken noch?«, überlegte Janna.
    »Ich möchte es nicht ausprobieren«, bekannte Marie. »Ich weiß nicht, wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher