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Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)

Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)

Titel: Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)
Autoren: Horst Evers
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Leiche findet. Soll der sich gefälligst drum kümmern. Wer die Leiche findet, dem gehört sie auch.
    Die Freundin fragt, ob ich vom Brötchenholen schon wieder zurück sei.
    – Nee, war gar nicht draußen. Ging nicht. Das Treppenhaus ist gesperrt, sozusagen.
    Sie versteht nicht.
    – Wie gesperrt? Wie lange denn?
    – Schwer zu sagen. Vielleicht nur zehn Minuten, vielleicht eine Stunde, eventuell können wir aber auch den ganzen Vormittag nicht raus.
    Sie verdreht die Augen. Gehe zurück zur geschlossenen Tür, lausche ins Treppenhaus. Die Tür vom Nachbarn geht auf. Drehe mich zur Freundin, raune mit gedämpfter Stimme:
    – Gute Nachrichten, sieht so aus, als ob die Sperrung in ein paar Minuten schon wieder aufgehoben wird.
    Die Tür des Nachbarn fällt ins Schloss. Ich warte. Nichts passiert. Warte noch länger. Nichts passiert. Warte ganz lange. Nichts. Nichts. Nichts. Verdammt, dieser Blödmann hat keine Polizei gerufen. So ein verantwortungsloser Feigling! Sitzt jetzt wahrscheinlich in seiner Wohnung und wartet, bis zufällig ein anderer die Leiche findet. Was für ein Drecksack. Na warte!
    Rufe den Nachbarn an.
    – Hallo, hier ist Horst. Hey, ich weiß, dass du vorhin die Tür zum Treppenhaus auf- und dann wieder zugemacht hast.
    – Ja, und?
    – Hast du da nichts gesehen?
    – Nein.
    – Nein?
    – Nein. Äh, warum denn?
    – Du weißt genau, was du nicht gesehen hast. Ich sage mal: Falls – also nur falls – im Laufe des Tages hier im Treppenhaus zufällig eine Leiche gefunden wird und falls sich herausstellen sollte, dass diese Leiche da schon länger liegt, dann wird sich die Polizei sicherlich dafür interessieren, wer hier um 7 . 30 Uhr die Tür zum Treppenhaus auf- und wieder zugemacht hat. Ohne etwas zu unternehmen. Da könnten eine Menge unangenehmer Fragen auf dich zukommen.
    – Ach.
    – Ja, ach!
    – Ich habe aber gar nicht ins Treppenhaus geguckt.
    – Was?
    – Ich habe nur meine Wohnungstür geölt. Die hat so gequietscht. Da habe ich sie geölt. Von innen. Dann musste ich sie mal auf- und zumachen. Ohne dabei allerdings ins Treppenhaus zu gucken. Die Leiche, also wenn da eine Leiche im Treppenhaus liegen würde, wovon ich aber nichts weiß, da ich ja gar nicht ins Treppenhaus geguckt habe, habe ich also gar nicht gesehen.
    – Nicht einmal das leuchtende Rot der Jacke ist dir aufgefallen?
    – Da war kein Rot.
    – Ha, jetzt hast du dich verraten. Woher weißt du, dass die Leiche keine rote Jacke hatte, wenn du sie gar nicht gesehen hast?
    – Ich habe weder eine Leiche noch eine rote Jacke gesehen!
    – Wo hast du das nicht gesehen?
    – Na, im Treppenhaus.
    – Was hast du im Treppenhaus nicht gesehen?
    – Nichts. Ich habe überhaupt gar nichts im Treppenhaus gesehen.
    – Nichts hast du im Treppenhaus gesehen?
    – Nein.
    – Wie kannst du denn «nichts» im Treppenhaus gesehen haben, wenn du gar nicht ins Treppenhaus geguckt hast?
    – Was? Weil … weil … Sag mal, woher weißt du eigentlich von dieser Leiche, die wir ja wohl beide heute Morgen im Treppenhaus noch nicht gesehen haben?
    Verdammt. Ich hätte ihn fast gehabt. Entschließe mich enttäuscht zum Strategiewechsel.
    – Na gut, vergessen wir das. Wir haben beide heute Morgen nichts gesehen. Was machen wir jetzt?
    – Weiterwarten, bis ein anderer Nachbar die Leiche findet. Dann hat der den Ärger mit Polizei, Angehörigen und organisiertem Verbrechen.
    – Ach, das kann ewig dauern, bis hier wieder einer die Tür aufmacht. Außerdem, wer garantiert uns denn, dass der oder die nicht auch einfach in der Wohnung bleibt und abwartet, bis noch mal ein anderer die Leiche, die wir beide nicht gesehen haben, findet.
    – Stimmt. Das trau ich denen ohne weiteres zu. Sich so feige aus der Verantwortung zu stehlen. Es ist traurig, aber man muss den Menschen das echt zutrauen. Schlimm.
    – Wir könnten die Leiche, die wir beide nicht gesehen haben, ins Vorderhaus ziehen. Da kommt häufiger mal einer vorbei.
    – Zu gefährlich. Stell dir vor, wir werden erwischt.
    – Na ja, wir müssten halt nur dafür sorgen, dass wir die Leiche beim Transport nach wie vor nicht sehen.
    – Haha, sehr lustig.
    – ’tschuldigung, wollte nur die Situation mal ein wenig auflockern.
    – Man müsste der Maier einen Fahrradkurier oder den Blumenservice schicken. Dann würde der Bote die Leiche finden.
    – Und was, wenn die Maier die Haustür nicht aufmacht?
    – Stimmt, wirklich verzwickt, was können wir tun?
    Es klingelt. Ich lege auf und sehe
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