Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes
Autoren: Gear & Gear
Vom Netzwerk:
den zweiten Splitter auf der anderen Seite zu entfernen.
    »He!« explodierte Singender Wolf. »Paß doch auf! Jedesmal, wenn ich mich hinsetze, sitze ich auf deinen …«
    »Ach, halt den Mund! ›Paß auf paß auf.‹ Sonst fällt dir wohl nichts ein. Jedesmal, wenn ein paar winzige Splitterchen zu Boden fallen, heulst du auf und schreist, ich würde überall Steinsplitter verstreuen! Wann hast du dir das letzte Mal einen Splitter in den …«
    »Wie wird die Spitze?« erkundigte sich Eisfeuer.
    Der der schreit machte ein einfältiges Gesicht. »Oh, na ja.«
    Er hob sie hoch. Sie war so lang wie die Hand eines Mannes. Der von roten Adern durchzogene karamelfarbene Hornstein fing die Sonnenstrahlen ein und leuchtete hell auf. Die parallel geschliffenen Seiten endeten in einer scharfen Spitze. Nach dem neuen Schliff hatte die Spitze eine konkave Form.
    »Es funktioniert«, sagte Der der schreit begeistert. »Sieh mal!« Er nahm Singender Wolf den Schaft aus der Hand und paßte die gerillte Spitze an. »Das wär's!«
    Eisfeuer und Singender Wolf beugten sich über den Speer und stießen bewundernde Rufe aus.
    »Also wißt ihr«, meinte Eisfeuer nachdenklich, »diese Spitze ist fast zu hübsch, um sie in ein Tier zu werfen.«
    Der der schreit glühte vor Stolz.
    Hinter ihnen erklangen die Stimmen der Frauen. Eisfeuer richtete sich kerzengerade auf. Sogar Singender Wolf obwohl ein erprobter Veteran legte den Kopf schief und machte einen besorgten Eindruck.
    Der laute Schrei eines Kindes erklang in der Stille.
    Sekunden später humpelte Gebrochener Zweig aus dem Zelt. Ihr runzliges Gesicht strahlte von einem Ohr zum andern. Grinsend zeigte sie ihre zahnlosen Kiefer.
    »Ein Junge«, gackerte sie. »Haheee! Der Träumer hat's gewußt!«
    Ein merkwürdiges Gefühl stieg in Eisfeuers Brust auf. »Ein Sohn für einen Sohn. Ja …« Unruhig knetete er die Hände in seinem Schoß. Er dachte an Wolfsträumer. In jener Nacht nach dem Kampf hatten sie ihn gesucht, aber keine einzige Spur von ihm gefunden, nicht einmal Fußabdrücke im Schnee.
    Tagelang hatten die Wölfe triumphierend geheult.
    »Und meine Frau? Wie geht es Tanzende Füchsin?«
    »Oh, gut. Sehr gut.«
    Humpelnd steuerte Gebrochener Zweig auf das ein paar Meter entfernt brennende Feuer zu. Sie streckte das Baby Sonnenvater entgegen und hob es anschließend vier Mal durch den reinigenden Rauch.
    »Hör gut zu, Junge«, befahl Gebrochener Zweig leise. »Ich erzähle dir die bedeutendste Geschichte unseres Volkes. Du mußt sie dir genau merken, damit du sie später deinen Söhnen und Töchtern und deren Söhnen und Töchtern erzählen kannst. Du bist der Mittelpunkt des Netzes, mein Kleiner. Dein Bruder Wolfsträumer hat das gesagt, und er war der größte Träumer unseres Volkes. Er hat gewußt. Er wußte…
    Siehst du?« Gebrochener Zweig zeigte hinaus auf das mit saftigem Gras bewachsene Tal, in dem das Wild graste. »Sieh hin:
    Erbaut ein Berg aus schmutziger Erde.
    Errichtet aus Schweiß und Leid.
    Erhebt sich hoch über den Fluß.
    Pflanzenesser! Pah! Kein Geist wohnt darin.
    Nicht wie in der blutgetränkten Leber.
    Vater aller Wässer fließt so reich …«
    Leise lachend fuchtelte Singender Wolf mit dem Finger vor Eisfeuers Gesicht. »Siehst du. Habe ich dir nicht gesagt, alles geht gut? Tanzende Füchsin ist viel zu zäh Autsch!«
    »Was ist denn jetzt schon wieder?« erkundigte sich Der der schreit erstaunt. Immer noch bewunderte er hingerissen seine neue Spitze.
    »Was ist das?« Singender Wolf streckte die Hand aus. Ein Splitter aus rotgeädertem gelbem Hornstein, den Der der schreit aus seiner Spitze herausgeschlagen hatte, steckte tief in seinem Handballen.
    Eisfeuer begann zu lachen, aber ein leises Wimmern aus dem Bündel auf Gebrochener Zweigs Armen lenkte ihn ab. Ein ganz sonderbares Gefühl übermannte ihn. Eine große Leere brannte in seiner Brust.
    Er schüttelte sich, aber das Gefühl blieb unverändert. Er verschränkte die Arme. Das ferne Tal zog seinen Blick magisch an. Üppiges grünes Gras wogte unter Windfraus zärtlichem Atemhauch. Ein Mammut hob den zottigen Kopf. Plötzlich zuckte das riesige Tier zusammen. Vielleicht hatte es ebenfalls den durch das Gras schleichenden silbrigen Schatten gesehen. Der buschige Schwanz fing das glitzernde Gold der Sonne auf. Die schwarze, samtige Schnauze zog witternd den Geruch der Moschusochsen und Karibus, Mäuse und Büffel ein.
    Im Geiste hörte Eisfeuer eine wunderschöne Stimme flüstern: »Das ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher