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Vorsicht - Mensch!

Vorsicht - Mensch!

Titel: Vorsicht - Mensch!
Autoren: Gordon R. Dickson
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Schritte der Wachen machten leise schlurfende Geräusche.
    Eldridge stand still, seine Finger um die Gitterstäbe geklammert, und blickte hinaus.
    Er konnte es nicht glauben.
     
    Er konnte es nicht glauben, als die Tage zu Wochen, die Wochen zu Monaten wurden. Aber als die Jahreszeiten wechselten und ein neues Jahr begann, war die Wirklichkeit seiner Situation in ihn eingedrungen wie Wasser in einen treibenden Stamm. Denn draußen war die Zeit in ihrer sichtbaren und gleichmäßigen Bewegung zu beobachten; aber in seinem Gefängnis gab es keine Zeit.
    Immer brannte die Deckenbeleuchtung, unaufhörlich umkreisten ihn die Wächter. Zweimal täglich brachte ein langer Metallarm, der sich über den Graben reckte, die Mahlzeiten durch eine kleine Klappe im Gitter, die sich bei der Annäherung des Arms automatisch öffnete. Zweimal wöchentlich kam der Arzt, untersuchte ihn kurz – und ging wieder, wenn die Wachen abgelöst wurden.
    Eldridge fühlte die Unerträglichkeit seiner Situation, als ob eine Hand die Spannfeder in ihm mit jedem Tag ein wenig fester zöge. Er nahm die Gewohnheit an, fieberhaft im Käfig auf und ab zu laufen. Nachts lag er wach und starrte zu den Lampen auf, die in die Betondecke seines Käfigs eingelassen waren. Er stand auf, um wieder im Käfig hin und her zu tigern, bis ihn schwindelte.
    Der Arzt kam und untersuchte ihn. Er sprach mit Eldridge, doch Eldridge antwortete nicht. Schließlich kam ein Tag, an dem er es nicht mehr aushielt, zu schreien anfing und mit seinem Stuhl gegen die Gitterstäbe schlug. Die Wächter wurden unruhig und riefen den Arzt. Der Arzt kam und betrat mit zwei anderen den Käfig. Sie warfen ihn auf sein Feldbett und schnallten ihn dort fest, und dann taten sie etwas, das ihm einen plötzlichen Schmerz im Nacken verursachte, und er verlor das Bewußtsein.
    Als er seine Augen wieder öffnete, sah er das wollige Gesicht des Arztes auf sich herabblicken – er hatte gelernt, dieses Gesicht wiederzuerkennen, ähnlich wie ein Hirte im Laufe der Zeit einzelne Schafe in seiner Herde erkennt. Eldridge fühlte sich sehr schwach, aber ruhig.
    »Du hast dich sehr bemüht«, sagte der Arzt. »Aber du siehst, es klappte nicht. Dieser Ausweg ist dir versperrt.«
    Eldridge lächelte.
    »Laß das!« sagte der Arzt mit ungewohnter Schärfe. »Du kannst uns nicht täuschen. Wir wissen, daß du vollkommen vernünftig bist.«
    Eldridge fuhr fort zu lächeln.
    »Was soll das bedeuten?« verlangte der Arzt zu wissen.
    Eldridge blickte glücklich zu ihm auf.
    »Ich gehe nach Hause«, sagte er.
    »Tut mir leid«, erwiderte der Arzt. »Du überzeugst mich nicht.« Er wandte sich um und ging. Eldridge wälzte sich herum und versank zum ersten Mal seit Monaten in einen tiefen, ruhigen Schlaf.
     
    Trotzdem war der Arzt besorgt. Er ließ die Wachen verdoppeln, aber nichts geschah. Die Tage und die Wochen vergingen, wie zuvor. Eldridge schien sich erholt zu haben. Noch immer verbrachte er einen großen Teil seiner Zeit damit, in seinem Käfig auf und ab zu wandern oder am Gitter zu stehen und die Stäbe zu umklammern, als wolle er sie ausreißen – aber die wilde Heftigkeit und das verzweifelte Aufbegehren waren von ihm gewichen. Er hatte seine Schlafstatt unter die viereckige Klappe gerückt, die sich regelmäßig öffnete, um den mechanischen Arm mit seinen Mahlzeiten einzulassen, dort pflegte er nun zu liegen, das Gesicht an den Gitterstäben, und auf sein Essen zu warten. Der Arzt fühlte Unbehagen, und er sprach mit dem Kommandeur darüber.
    »Nun«, sagte der Kommandeur, »haben Sie irgendeinen Verdacht?«
    »Ich weiß es nicht«, bekannte der Arzt. »Vielleicht ist es nur, weil ich ihn häufiger sehe als jeder andere von uns. Möglicherweise bin ich überempfindlich geworden – aber er beunruhigt mich.«
    »Beunruhigt Sie?«
    »Ja. Ich frage mich, ob wir den richtigen Weg eingeschlagen haben.«
    »Wir haben den einzigen Weg genommen.« Der Kommandeur machte die kleine Geste und das Geräusch, die bei seiner Rasse einem Seufzen gleichkamen. »Wir brauchen Informationen. Was machen Sie, Doktor, wenn Sie auf ein Virus stoßen? Sie isolieren es zum Studium, bis Sie alles darüber wissen. Es ist zu riskant, seine Rasse aus der Nähe zu studieren, also isolierten wir ihn zu diesem Zweck. Das ist alles. Sie verlieren die Objektivität, Doktor. Möchten Sie gern einen kurzen Urlaub nehmen?«
    »Nein«, sagte der Arzt langsam. »Nein. Aber er beängstigt mich.«
     
    Doch die Zeit verstrich, und
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