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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison
Autoren: Kristine Weitzels
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jedoch untervermietet. Die Wohnung lag mitten in der
Stadt, in einer Straße gelegen, die eigentlich eine Treppe war sodass auch
keine Autos oder Mofas dort fahren konnten, was erheblich zur Ruhe beitrug. Ich
verbrachte viel Zeit mit Ernie, der mich zum Kaffee zu sich nach Hause
eingeladen hatte. Für einen Propper war Ernie jedoch eigentlich viel zu
unattraktiv und er kleidete sich auch nicht entsprechend. Aber Ernie hatte
andere Qualitäten, auf die der Besitzer des „Hollywood“ anscheinend großen Wert
legte. Im Gegensatz zu den anderen Proppern sprach Ernie nämlich neben seiner
Muttersprache Niederländisch, auch noch fließend Deutsch, Englisch und
Französisch und sein Spanisch war ebenfalls sehr gut. So war Ernie denn auch
kein einfacher Propper, sondern Chef der Propaganda des „Hollywood“. Sein Job
war es auch, seine Kollegen zu kontrollieren. Diese mussten jeden Nachmittag
pünktlich um 16.00 Uhr an den Plätzen stehen, die ihnen zum proppen zugeteilt
worden waren. Je mehr Sprachen man als Propper sprach, umso besser. Aber noch
wichtiger als gute Sprachkenntnisse war eben ein gutes Aussehen! So konnten
alle Propper mindestens auf Deutsch, Holländisch, Italienisch, Französisch und
Englisch das sagen, was sie für die Arbeit brauchten, und natürlich um
Touristinnen anzubaggern. Wobei ersteres, letzteres schon fast voraussetzte. Jede
Discothek hatte zudem ihr eigenes Programm. Das „Hollywood“ warb damit, dass es
die exklusivste und deshalb auch die bevorzugte Discothek der Deutschen sei,
was wohl auch so stimmte. Das „Revolution“ warb zum Beispiel mit seiner
Lasershow und beschäftigte immer die heißesten und bestaussehendsten Propper. Das
„Moef-Ga-Ga“ warb ganz einfach damit, dass es der heißeste und angesagteste
Laden an der ganzen Costa Brava sei! Was wohl nicht so ganz der Wahrheit
entsprach, außer vielleicht, man war Holländer. Der heißeste Laden, heute würde
man wohl eher >der coolste Club< sagen, war mit Abstand das „St.Trop‘“.
Es war damals schon seiner Zeit weit voraus, hatte das beste Ambiente und dort drehte
man auch die beste Musik. Der Kampf um die Touristen war ein harter, so viel
wurde mir schnell klar. Wer die heißesten Propper beschäftigte, hatte nachts
auch die heißesten Touristinnen in seinem Laden — was wiederum die meisten
zahlenden Männer anlockte! Das „Revolution“ oder wie es allgemein genannt
wurde, das „Revo“, war die größte Discothek von allen und war wohl schon
alleine deshalb verpflichtet, besonders viele und vor allen Dingen auch
besonders gutaussehende Propper zu beschäftigen. Aber egal, welchen Propper man
damals fragte: Hand aufs Herz, in welche Discothek gehst du privat am
liebsten? Die Antworte war immer dieselbe: Ins „St.Trop‘“!
     
    Das Leben eines Proppers war
ebenfalls hart: Von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr, denn dann kamen die Touristen vom
Strand, und von 21.00 Uhr bis teilweise 3.00 Uhr morgens, stand er auf der
Straße und verteilte seine Flyer. Diese Flyer waren vorne mit Bildern der Discothek
bedruckt, für die er proppte und hinten meist mit einer Wegbeschreibung. Gegen 3.00
Uhr morgens kam ein Propper dann in seine Discothek, wo er zu mindestens
einige der Touristinnen, die größtenteils tatsächlich nur seinetwegen gekommen
waren, noch ein Weilchen unterhielt . Natürlich bedeutete dies in der
Regel, jede Menge Spaß für einen Propper. Durch seinen Job hatte er nämlich die
besten Voraussetzungen jede Nacht eine andere abzuschleppen. Zu mindestens wenn
er es wollte! Aber nicht selten endete dies für ihn auch mit einem
Spießrutenlauf, denn am Ende siegte immer nur ein Mädchen — na gut, manchmal
auch zwei, oder drei? Am nächsten Tag wiederholte sich alles, nur das
Mädchen war dann in der Regel eine andere. Und natürlich gab es auch einige
Propper, die so barmherzig waren, die Mädchen, die sie nicht am Ende der
Nacht mit nach Hause nehmen konnten, vorher noch schnell auf der Männertoilette
durchzuvögeln. (Obwohl man im „Hollywood“ dazu doch eher den Personalraum benutzte,
aber dies sollte ich selbst erst ein Jahr später herausfinden.)
     
    Aber es gab auch Propper, oder
allgemein Männer, die im Nachtleben und/oder Tourismus arbeiteten, die anders
waren. Und auch wenn diese Männer vielleicht ebenfalls nichts anbrennen ließen,
so befanden sie sich doch durchaus auf der Suche nach einer eher festen
Beziehung. Oder sie führten sogar eine feste Beziehung — obwohl dies eher die
Ausnahme war. Aber
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