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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison
Autoren: Kristine Weitzels
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eigentlich wäre es auch genug gewesen, um damit
wegzulaufen. Aber auf die Idee kam ich irgendwie nicht. Außerdem wollte ich
auch unbedingt meine Lehre beenden und dazu fehlten mir nur noch knapp zwei
Monate. Stattdessen erzählte ich meiner Mutter von der Reise, die ich gewonnen
hatte und die ich unbedingt antreten wollte. Ich sagte meiner Mutter, dass sie
meinem Freund sagen müsse, dass er das Geld zur Tilgung seiner Schulden nur
unter einer Bedingung von ihr bekäme: Er müsste mich im September für eine
Woche zusammen mit meiner Kusine verreisen lassen! Damit mein Freund nicht
erfuhr, wie ich wirklich zu der Reise gekommen war, tischte ich ihm eine
Notlüge auf. Ich erklärte ihm, die Reise sei ein Geburtstagsgeschenk meiner Oma
für mich und meine Kusine, die tatsächlich zwei Wochen vor mir ebenfalls 19
Jahre alt geworden war. Meinem Freund blieb nichts anderes übrig, als sich
darauf einzulassen. Vorerst jedenfalls.
     
    ***
     
    Es war Ende August, Spanien rückte
näher und mein Freund wurde immer ungehaltener. Seit dem Besuch seines Vaters
war er nun abends jedoch immer pünktlich nach Hause gekommen. Jetzt hieß es,
ich hätte kein Verantwortungsbewusstsein. Immerhin sei er spielsüchtig und
brauche jemanden, der sich um ihn kümmere und der abends für ihn da sei, damit
er nicht rückfällig würde. Er drohte, selbst seinen heißgeliebten Fernseher zu
verspielen, sollte ich wirklich wegfahren. Als das nichts half, drohte er sogar
damit, sich umzubringen und sein Auto gegen einen Baum zu fahren. Ich blieb
unnachgiebig und zum ersten Mal bekam ich Oberwasser. Statt mich zu schlagen,
so wie er es früher getan hatte, wenn ihm etwas nicht in den Kram passte,
zerschlug er nun das Geschirr und trat die Wohnungstüren ein. Wenn er dann noch
genug getrunken hatte, schrie und tobte er, dass ich ja nur nach Spanien
wollte, um `rum zu huren und um andere Männer anzumachen — wie Recht er doch
hatte!  Aber aus Angst mich zu verlieren, behielt er soweit die Kontrolle, dass
er mich zumindest nicht mehr schlug.
     
    Dann kam der Tag der Abreise. Am
selben Tag war auch morgens mit der Post mein Abschlusszeugnis von der
Hotelfachschule gekommen. Damit endete offiziell meine Lehrzeit, was einen
Neuanfang ebenfalls einfacher machen würde. Das Hotel, in dem ich meine
Ausbildung gemacht hatte, wollte mich nun als Rezeptionistin übernehmen und dann
würde ich in Zukunft auch mehr Geld verdienen. Dies freute meinen Freund
natürlich, denn all mein Geld wanderte für gewöhnlich gleich in sein Portemonnaie!
Es war ein Freitag Mitte September 1983 und da mein Freund es sich auf der
Arbeit ebenfalls nicht mehr verscherzen durfte und nicht frei bekommen hatte,
war er auch nicht dabei, als ich in den Reisebus stieg. Meine Kusine erschien mit
zwei überdimensional großen Koffern, in die sie, laut Mutmaßung der beiden
Busfahrer, Wackersteine gepackt haben musste. Mein Gepäck bestand lediglich aus
einer kleinen Reisetasche. Plötzlich wurde mir bewusst, dass meine beste Jeans
immerhin schon zwei Jahre alt war. Im Gegensatz zu mir, war meine Kusine jedoch
auch Single. Sie lebte noch zu Hause, hatte kaum Unkosten und gab den
überwiegenden Teil ihres Gehaltes in der Boutique aus, in der sie auch als
Verkäuferin arbeitete. Außerdem sah sie einfach umwerfend aus. Nicht zu groß
und ihre superlangen, dunkelbraunen Locken und der dunkle Teint gaben ihr etwas
Exotisches, auf das die Männer alle nur so abfuhren! Zwar hatte ich die
Reise gewonnen, aber wäre meine Kusine an dem besagten Abend nicht bereit
gewesen, mich in die Discothek mitzunehmen, immerhin hatte sie ein Auto im
Gegensatz zu mir, hätte ich die Reise nicht gewonnen. So erschien es mir nur
fair, sie einzuladen — obwohl ich sie eigentlich nie wirklich hatte leiden
können. Meine Kusine war verwöhnt und hochnäsig. Kurz entschlossen hatte sich
auch noch Sonja, die so genannte beste Freundin meiner Kusine, unserer Reise angeschlossen.
Sie hatte die Reise allerdings regulär in einem Reisebüro gebucht. Sonja war
fünf Jahre älter als wir und hatte einen relativ gut bezahlten Job als
Sekretärin bei der Bundeswehr, weshalb man sie auch Miss Moneypenny nannte. Nur
leider sah sie auch genauso unscheinbar aus wie diese Miss Moneypenny. Sie und
meine Kusine saßen im Bus nebeneinander und in Lloret de Mar angekommen teilten
sie sich im Hotel auch ein Zimmer. Ich hatte nichts dagegen, das Einzelzimmer
zu nehmen, welches eigentlich für Sonja gewesen wäre. Dadurch kam
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